Ein sportliches Aufbegehren gegen das Finanzamt

Anfahrtszeiten von Profisportlern sind Arbeitszeit

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Das Finanzgericht Düsseldorf gab der Klage einer Profi-Sportmannschaft gegen das Finanzamt statt. Dabei bestätigte es, dass auch Anfahrtszeiten als Arbeitszeit einzustufen sind, für die geleistete Sonderzuschläge steuerfrei bleiben.

Dabei hatte sich das Finanzamt darauf gestützt, dass die Anfahrtszeiten passive Zeiten seien, für die man auch keine Vergütungserwartung haben durfte. In diesem Fall hätte es gegen die Profispieler einen Anspruch auf Nachzahlung von Steuern gehabt.

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 3b EStG (Einkommensteuergesetz) sind solche Zuschläge steuerfrei, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags-, oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn bezahlt werden. Wie alle Sportmannschaften verpflichtete auch die Klägerin ihre Angestellten zu dienstlich veranlassten Reisen in Mannschaftsbussen. Zu klären war nur, ob die dadurch bedingten Anfahrtszeiten als „tatsächlich geleistete Arbeit“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes einzuordnen waren.

Das Finanzamt war nicht dieser Auffassung. Es forderte die Mannschaft zur Rückerstattung per Nachzahlung auf. Begründung war, dass passives Verhalten im Mannschaftsbus keine Arbeitszeit darstelle. Daraufhin klagte die Mannschaft erfolgreich.

Abgrenzung zur Reisezeit im Sinne des ArbZG

Sehr problematisch in arbeitszeitrechtlichem Hinblick sind solche Reisezeiten, in denen der Arbeitnehmer nicht aktiv arbeitsbezogen tätig wird, etwa E-Mails und Akten abarbeitet, sondern sich bloß auf dem Weg zum Betrieb befindet. In vielen Fällen, etwa bei der Benutzung öffentlicher Transportmittel, werden die Reisezeiten nicht als Arbeitszeit angesehen. Der Gedanke dahinter ist, dass eventuell damit einhergehende finanzielle Belastungen Bestandteil des allgemeinen Lebensrisikos sind. Kann der Arbeitnehmer grundsätzlich auf dem Weg jeder beliebigen Tätigkeit nachgehen, so ist die Zeit nicht als Arbeitszeit zu qualifizieren.

Das Finanzgericht betonte jedoch, dass die arbeitszeitrechtlichen Maßstäbe für die Beurteilung des konkreten Falls nicht taugten. Sinn und Zweck des ArbZG ist nach der Gesetzesbegründung selbst Sicherheit und Gesundheitsschutz in der Arbeitszeitgestaltung zu verbessern sowie die Einhaltung gesetzlicher Feiertage und Sonntage als Tage der seelischen Erholung zu gewährleisten.

Der steuerliche Aspekt sei aufgrund seiner unterschiedlichen Zweckrichtung davon unabhängig zu beurteilen.

Außerdem sind alle Leistungen des Arbeitnehmers vergütungspflichtig, die mit der Gegenleistung des Arbeitgebers im Synallagma stehen und in sozialer und persönlicher Weisungsgebundenheit erbracht werden. Wir teilen die Rechtsansicht des Finanzgerichts und sehen in der vertraglich festgelegten Verpflichtung der Mannschaft, regelmäßig zu Arbeitszwecken zu reisen eine durchaus vergütungspflichtige Tätigkeit, die im Rahmen der das Arbeitsrecht prägenden Weisungsgebundenheit erbracht wird.

Dienstreisen stehen immer wieder auch auf der Agenda der Erfurter Richter

Als Orientierungssatz gilt, dass es keine in Stein gemeißelten Maßstäbe für die Vergütung von Dienstreisen oder dienstlich veranlassten Reisezeiten gibt. Vielmehr hat das Bundesarbeitsgericht auf die Einzelfallumstände und die Verkehrssitte hingewiesen, soweit es um die Vergütungserwartung geht (vgl. nur BAG, Urteil. v. 03.09.1997, 5 AZR 428/96).

In einer neueren Entscheidung legte das Gericht fest, zu vergüten seien auch Tätigkeit, die nicht direkt und unmittelbar der Erbringung von Hauptleistungspflichten dienen, wie etwa die Fahrt eines LKW-Fahrers als bloßer Beifahrer (vgl. nur BAG, Urteil. v. 20.04.2011, Az. 5 AZR 200/10).

Nach diesen Maßstäben leuchtet es nicht ein, wieso der vorliegende Fall anders zu behandeln gewesen wäre, berücksichtigt man vor allem, dass die Anfahrtszeit hier sogar erforderlicher Zwischenschritt zur Verwirklichung der Arbeitsziele war und dass eine individuelle Anfahrt den Sportlern und Betreuern nicht erlaubt war. Auf wegweisende Urteile des Bundesarbeitsgerichts hat sich auch das Finanzgericht gestützt und dabei die These vertreten, die Anfahrtszeit der Profispieler sei zu vergüten gewesen. Ob sie dabei wirklich aktiv arbeitsbezogen tätig wurden oder nicht, sei unerheblich. Denn aus dem EStG geht nicht hervor, „tatsächlich geleistete Arbeit“ seien nur aktive und hauptleistungsbezogene Handlungen des Arbeitnehmers. Also stufte das Finanzgericht die Zuschläge für die Anfahrtszeiten als steuerfrei nach § 3b EStG.

Fazit

Festzuhalten gilt, dass der Begriff „tatsächlich geleistete Arbeit“ nach dem EstG nicht arbeitszeitrechtlich gefärbt ist. Maßgeblich ist allein die Weisungsgebundenheit, handelt es sich dabei auch nur um passives Verhalten.

Zwar ist es kein Axiom, dass vergütungspflichtige Zeiten immer „tatsächlich geleistete Arbeit“ nach dem EStG darstellen. Jedoch sei es auch nicht ersichtlich, warum eine grundsätzlich zu vergütende Zeitaufwendung aktiv arbeitsgestalterisch sein muss, um vom Geltungsbereich des § 3b EStG erfasst zu werden. Disponiert der Arbeitnehmer über seine zu vergütende Zeit an Ruhetagen oder zur Nachtzeit, sind die hierfür geernteten Zuschläge steuerfrei.

Das Finanzamt insistiert trotzdem und hat bereits Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt. Es bleibt abzuwarten, was das oberste Gericht in München zu sagen hat.

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