Urteil: Sportwetten und Glücksspiel in Baden-Württemberg getrennt

Sportwetten und Glücksspiel

Foto von Kvnga auf Unsplash

Der baden-württembergische Verfassungsgerichtshof hat geurteilt, dass Sportwetten in einem Gebäude, in dem sich bereits eine Spielhalle befindet, unzulässig sind. Das glücksspielrechtliche Trennungsgebot sei mit der Landesverfassung vereinbar (VerfGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.08.2023, Az. 1 VB 88/19, 1 VB 95/19).

 

 

Einer der beiden Beschwerdeführer in dem Verfahren übernahm 2008 ein bereits seit 2004 bestehendes „Sportwettenbüro“ in Räumlichkeiten in Karlsruhe. Im selben Gebäude befand sich auch seit dem Jahr 2000 eine Spielhalle einer GmbH mit einer Spielhallenerlaubnis nach §§ 33i Gewerbeordnung. Ursprünglich befanden sich die Eingänge der beiden Betriebe in einem Abstand von 30 Metern, seit 2018 war die Wettvermittlungsstelle des Beschwerdeführers nur noch über einen Hintereingang im Hof zugänglich.

Untersagung des Betriebs einer Wettvermittlungsstelle

Die zuständige Behörde, das Regierungspräsidium Karlsruhe, untersagte dem Beschwerdeführer auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV das Vermitteln von Sportwetten. Da im selben Gebäude auch eine Spielhalle ansässig sei, verstoße dies gegen das Trennungsgebot aus § 21 § 21 Abs. 2 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) und § 20 Abs. 1 Nr. 5 lit. a des Landesglücksspielgesetzes (LGlüG).

Verfassungsbeschwerde gegen Glücksspiel-Staatsvertrag und Landesglücksspielgesetz

Gegen die Untersagungsverfügung ging der Beschwerdeführer zunächst erfolglos mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vor, der vom Verwaltungsgericht Karlsruhe (VG Karlsruhe) per Beschluss abgelehnt wurde. Auch eine gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde wies der VerfGH Baden-Württemberg 2017 zurück. Der Beschwerdeführer klagte auch gegen die Untersagungsverfügung. Die Klage wies das VG Karlsruhe ab. Einen Antrag auf Zulassung zur Berufung lehnte das VG Karlsruhe ebenfalls per Beschluss ab.

Der Beschwerdeführer erhob am Ende Verfassungsbeschwerde gegen die Untersagungsverfügung, gegen den Beschluss des VG Karlsruhe, der einstweiligen Rechtsschutz ablehnte, gegen das Urteil des VG Karlsruhe, gegen den Beschluss des VerfGH Baden-Württemberg sowie direkt gegen § 21 Abs. 2 GlüStV und § 20 Abs. 1 Nr. 5 lit. a LGlüG.

„gewisse Bevorzugung“ von Spielhallen und Spielbanken

Der VerfHG Baden-Württemberg urteilte: Der Gesetzgeber verfolge mit dem Trennungsgebot das Ziel einer räumlichen Entzerrung verschiedener Glücksspielarten. Aus Gründen der Suchtprävention soll ein Wechsel zwischen verschiedenen Glücksspielarten erschwert werden. Es liege „auf der Hand, dass Spieler nach Beendigung des Spielens in der einen Stätte von einem Wechsel in die andere Stätte abgehalten werden sollen und deshalb eine Vermischung oder Häufung verschiedener Glücksspielangebote an einem Ort verhindern werden soll“, so das Urteil. Der Gesetzgeber habe sich dabei für einen „gewisse Bevorzugung“ von Spielhallen und Spielbanken gegenüber Wettvermittlungsstellen entschieden. Mit dem Trennungsgebot gehe kein genereller, sondern lediglich ein begrenzter Vorrang von Spielhallen und Spielbanken einher.

Trennungsgebot soll räumlicher Entzerrung und Suchtprävention dienen

Das Trennungsgebot in § 21 Abs. 2 GlüStV sei auch nicht gleichheitswidrig. Zwar würden verschiedene Wettanbieter ungleich behandelt, da lediglich Näheverhältnisse erfasst werden, die innerhalb eines Gebäudes liegen und sonstige Näheverhältnisse nicht mit einbezogen werden. Diese Ungleichbehandlung verletzte jedoch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz, da auf die bestehende „typische Gefahrenlage“ durch unterschiedliche Wettangebote abgestellt werde.

Die Bevorzugung von Spielhallen und Spielbanken berücksichtige, dass bereits getätigte, langfristige bauliche Investitionen von Spielhallen- oder Spielbanken-betreibern schutzbedürftiger erscheinen als die typischerweise relativ überschaubaren Investitionen der Vermittler von Sportwetten. Hinzu komme, dass der Betrieb von Wettvermittlungsstellen bis vor Kurzem ohne glücksspielrechtliche Gestattung und somit auf eigenes Risiko erfolgt sei. Daher könne kein rechtlicher Vertrauenstatbestand in einen Weiterbetrieb einer Wettvermittlungsstelle in der bisherigen Form entstehen.

Das Urteil aus Baden-Württemberg dürfte Strahlkraft auch für andere Bundesländer haben, die in landesrechtlichen Regelungen ebenfalls ein glücksspielrechtliches Trennungsgebot vorsehen, wie etwa Nordrhein-Westfalen.

Exit mobile version