Statt Ego-Shooter: Internationale Spieltage in Essen
Von Donnerstag bis Sonntag geht es in Essen analog zu: Die Messe „Spiel 2014“ findet statt. Zahlreiche Aussteller informieren auf einer Fläche von rund 44.000 m² umfassend über das gesamte nationale und internationale Spieleangebot. Verlage und Brettspiel-Erfinder aus aller Welt, mehr als 850 vorgestellte Neuheiten, laut Veranstalter die weltgrößte Spielmesse – und wir mitten drin.
Doch was machen wir als “digitale” Online- und Medienrechtsanwälte dort?
Wir konnten nicht nur selbst würfeln, ziehen und setzen. Vor allem konnten wir höchst interessante Kontakte knüpfen und viele informative und nachhaltige Gespräche führen.
Das wohl interessanteste Gespräch durften wir mit einer Vertreterin eines namhaften Verlages führen, welcher ein an die hierzulande wohl bekannteste ARD-Krimiserie angelehntes Brettspiel vorstellte. Wir erhielten vor allem detaillierte Informationen über die markenrechtlichen Aspekte dieses speziellen Spiels – denn schließlich unterliegt die Nutzung des bekannten Namens und des dazugehörigen Fadenkreuzes den strengen Anforderungen des Markengesetzes. Darüber hinaus erhielten wir einen umfassenden, spannenden Einblick in die Vorgehensweise eines Verlages, wenn dieser ein bestimmtes Spiel verlegen will. Es gibt nicht nur die Möglichkeit, dass ein Entwickler zu dem Verlag geht, sein Spiel vorstellt und der Verlag es entsprechend verlegt. Der Verlag sucht vielmehr teilweise ganz gezielt nach „Experten“, die sich in einem bestimmten Bereich besonders gut auskennen und beauftragt diese entsprechend. So beauftragte auch hier der namhafte Verlag den Fragenentwickler des ARD-Krimispiels.
Mit zahlreichen weiteren großen und kleinen Verlagen und einzelnen Entwicklern durften wir sprechen. So konnten wir hautnah den zwischen den zwei Lagern omnipräsenten Interessenkonflikt und die in der Spielebranche bestehenden weitergehende rechtlichen Schwierigkeiten erfahren.
Eine Spielidee schützen – gar nicht so einfach
Besondere Schwierigkeiten bereitet es insbesondere den Spieleentwicklern, dass nach §§ 1, 2 UrhG allein persönlich geistige Schöpfungen der Literatur, Wissenschaft und Kunst urheberrechtlich geschützt werden können. Dabei hat der Gesetzgeber zum Schutz der Freiheit der Gedanken Ideen als solche vom Schutz des Urheberrechts ausgeschlossen. Daraus ergibt sich zunächst einmal auch, dass Spielsysteme und Spielideen als solche nicht schutzfähig sind. Dies bestätigt auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Zahlenlotto” (BGH, GRUR 1962, 51ff.).
Einzig eine schriftlich niedergelegte Spielregel kann den Anforderungen genügen, die an ein Schriftwerk als Sprachwerk nach § 2 Nr. 1 UrhG zu stellen sind. So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass im Einzelfall eine Spielregel in ihrer konkreten sprachlichen Ausgestaltung durch einzelne Spielanleitungen urheberrechtlich geschützt sein kann. Ob mit einem solch möglichen urheberrechtlichen Schutz einer Spielregel als Sprachwerk ein inhaltlicher Schutz vergleichbar einem literarisch-künstlerischen Werk einhergeht, ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs immer im Einzelfall zu prüfen. Bei dieser Einzelfallabwägung ist der gedankliche Inhalt einer Spielregel dahingehend abzugrenzen, ob er sich entweder auf Handlungsanweisungen oder Mitteilungen rein tatsächlicher oder technisch-mathematischer Art beschränkt – dann handelt es sich um einen bloßen „Gebrauchstext”, welcher sich in der nicht schutzfähigen Spielidee als solcher erschöpft – oder einem auf künstlerisch-schöpferischer Phantasie beruhenden Werk entspricht.
Nach dieser Abgrenzung ist häufig kein urheberrechtlicher Schutz eines Spiels, beziehungsweise des Regelwerks möglich – schwierig natürlich für den Spieleentwickler und Aufgabe von uns Anwälten dennoch adäquate Schutzmöglichkeiten insbesondere im Rahmen anderer gesetzlicher Vorgaben, wie etwa dem Markenrecht zu finden.
Verlag und Spielentwickler – die widerstreitenden Interessen
Problematisch ist es weiterhin in der Branche, dass zwischen den Verlagen und den Spielentwicklern immer ein Spannungsverhältnis und ein Interessenkonflikt besteht: Der Verlag möchte möglichst viele Rechte beziehungsweise Lizenzen an einem von ihm verlegten Spiel erlangen – und der Spieleentwickler möchte selbige an „seinem“ Spiel behalten können.
Damit stellt auch die Gestaltung der entsprechenden Verträge zwischen den Verlagen und den Spielentwicklern eine spannende Hauptaufgabe der juristischen Beratung im Bereich der Brettspiele dar – insoweit ist es also nicht viel anders als in der digitalen Welt der Spiele.
Das digitale Zeitalter macht auch nicht vor den analogen Brettspielen halt
Es ist in der Welt der Brettspiele nicht nur rechtlich teilweise gar nicht so anders als in der digitalen Welt der Spiele. Aufgefallen ist uns vielmehr noch, dass es auch in der Welt der Brettspiele gar nicht mehr ausschließlich analog zugeht. Neben den zahlreichen Kinder-, Karten- und Strategiespielen, die ganz klassisch analog gespielt werden, gab es in diesem Jahr in Essen auch Spiele, die das Reale, Haptische mit dem Digitalen der Smartphones geschickt verbinden.
So entdeckten wir ein Spiel, bei dem das Smartphone über dem Spielbrett hängt und vollständig in den Spielverlauf integriert ist. Die Kamera des Smartphones zeichnet die Spielzüge auf, eine App reagiert darauf, greift in den Spielverlauf ein und stellt altersgerechte Quizfragen. Auch die Bedienungsanleitung wird von selbiger App erklärt.
Unser Fazit
Ein spannender Tag mit vielen Eindrücken und tollen Gesprächen. Vor allem dahingehend, was die rechtlichen Besonderheiten der Brettspielebranche angeht und was die rechtlichen Gemeinsamkeiten selbiger mit anderen Branchen sind. (he)
(Bild: © Osterland – Fotolia.com)