Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung: LG Gießen hebt einstweilige Verfügung auf

dickehoseIm September 2014 hatten wir von einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Gießen berichtet (LG Gießen, Beschluss v. 12.8.2014, Az. 2 O 311/14), mit der das Gericht der Ansicht des Landgerichts Bochum beipflichtete, nach der in der neuen Widerrufsbelehrung 2014 auch eine Telefonnummer bereitgehalten werden muss.

Damals hatten wir unserer Mandantschaft geraten, die einstweilige Verfügung anzugreifen. Dies allerdings nicht nur, da die Entscheidung jedenfalls teilweise in der Sache falsch sein dürfte, sondern insbesondere, weil diese zahlreiche handwerkliche Fehler enthält, die spätestens vor dem Oberlandesgericht zu einer Aufhebung führen müssten. Aufgrund dieser Fehler hatten wir prognostiziert, dass daher sogar dann, wenn der Fall für unsere Mandantin voll gewonnen werden sollte, leider nicht feststehen würde, ob sich das betreffende Gericht zu der der Frage, ob die Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung obligatorisch ist, überhaupt äußern muss. Das Verfahren läuft zur Zeit noch.

kleines Stammkapital – großspuriger Auftritt

Kurze Zeit später erreichte unsere Kanzlei ein weiterer Beschluss des Landgerichts Gießen ähnlichen Inhalts (LG Gießen, Beschluss v. 15.9.2014, Az. 2 O 351/14), den der gleiche Wettbewerber, vertreten durch die gleiche Rechtsanwaltskanzlei (Fachgebiete: Strafrecht, Arbeitsrecht, Mietrecht, Tierrecht (!) und Wettbewerbsrecht) gegen einen weiteren Händler erwirkt hatte.

Es zeigte sich – wie das häufig bei Änderung der Rechtslage leider so ist – dass es sich bei der Antragstellerin nicht um einen ernsthaft um den lauteren Wettbewerb bemühten Händler handelte, sondern um eine frisch gegründete, mit 300 € ausgestattete Unternehmergesellschaft mit einem Geschäftsführer, mit dem unsere Mandantschaft bereits vor zwei Jahren per Abmahnung Bekanntschaft gemacht hatte. Da dieser nicht nur unserer Mandantschaft nicht unerhebliche Summen (aus – Sie erraten es vielleicht – einem letztendlich vor dem Oberlandesgericht verlorenen einstweiligen Verfügungsverfahren wegen angeblichen Wettbewerbsverstößen) schuldete, war dieser zunächst im Ausland abgetaucht. Aktuell tritt er als Geschäftsführer der genannten Unternehmergesellschaft in Erscheinung, die – wie es der Zufall will – ihren Unternehmenssitz an seiner ehemaligen Wohnanschrift hat. Die Abmahnungen werden dementsprechend nicht mehr durch ihn persönlich, sondern durch die Unternehmergesellschaft jedoch mit der gleichen Großspurigkeit ausgesprochen. Von Streitwerten über 10.000 € bis 25.000 € ist alles dabei.

Genau wie der erste Antrag zum Landgericht Gießen, war auch hier so fast alles schief gelaufen, was in einem einstweiligen Verfügungsverfahren schief laufen kann. Die einstweilige Verfügung hatte keine Ordnungsmittelandrohung und wurde darüber hinaus noch fehlerhaft vollzogen. Dementsprechend hat das Landgericht Gießen die einstweilige Verfügung auf unserem Widerspruch per Urteil vom 8.12.2014 nunmehr aufgehoben und den entsprechenden Antrag zurückgewiesen. Die Kosten von insgesamt über 3000 € muss die Unternehmergesellschaft nun auch tragen.

Außer Spesen nichts gewesen

Man darf gespannt sein, ob eine Zwangsvollstreckung beim dem Stammkapital von 300 € zum Erfolg, oder nicht vielmehr zur umgehenden Insolvenz des Unternehmens führen wird.

Leider hat sich auch in diesem Fall unsere Prophezeiung erfüllt, dass das Gericht zur interessanten Frage, ob die Widerrufsbelehrung tatsächlich eine Telefonnummer enthalten muss, aufgrund der zahlreich vorhandenen weiteren Gründe, die zur Aufhebung der Entscheidung führen mussten, nicht Stellung genommen hat. Sobald dies in der ersten, oben genannten Sache geschieht, werden wir hier darüber berichten. (la)

(Bild: © Marius Graf – Fotolia.com)

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