Überblick über die neue EU-Textilkennzeichnungsverordnung

Am 08.05.2012 hat die neue Verordnung über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen (TextilKennzVO (EU) Nr. 1007/2011) in Kraft getreten, welche die in diesem Bereich bisher geltenden Regelungen – insbesondere das deutsche TextilKennzG – endgültig abgelöst hat. Wie wir hier und hier bereits hingewiesen haben, sind die neuen Regelungen auch durch Onlinehändler unbedingt zu beachten.

Übergangsregelungen

Die TextilKennzVO sieht in Art. 26 vor, dass Textilerzeugnisse, die entsprechend den alten Rechtsnormen gekennzeichnet bzw. etikettiert und bis zum 08.05.2012 in Verkehr gebracht wurden, noch bis zum 09.11.2014 auf dem Markt bereitgestellt werden dürfen. Ob dies auch für den Onlinehandel gilt, ist der Verordnung nicht eindeutig zu entnehmen. Da diese Regelung aber von ihrem Sinn her die Unverhältnismäßigkeit einer etwaigen Umetikettierung bzw. einer erneuten Kennzeichnung der bereits ordnungsgemäß gekennzeichneten Erzeugnisse berücksichtigen soll, ist sie aus unserer Sicht nicht auf den virtuellen Bereich übertragbar, in dem die notwendigen Änderungen jederzeit und ohne großen Aufwand vorgenommen werden können. Für Onlinehändler wäre es damit ratsam, ab dem 08.05.2012 ihre Angaben ausschließlich nach den Kennzeichnungsregeln der neuen TextilKennzVO auszurichten, und zwar auch in Bezug auf solche Waren, die nach den alten Vorschriften gekennzeichnet bzw. etikettiert wurden und gemäß Art. 26 der Verordnung  ausnahmsweise noch weiter vertrieben werden dürfen.

Überblick über wichtigste Änderungen

Nachfolgend haben wir einen kurzen Überblick über die neue TextilKennzVO und die wichtigsten Änderungen zusammengestellt, die insbesondere aus der Sicht des Onlinehandels von Bedeutung sind:

– Die Regelungen der TextilKennzVO erfassen Textilerzeugnisse sowie Erzeugnisse, die nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Textilerzeugnissen gleichgestellt sind. Was genau unter den Begriff „Textilerzeugnisse“ fällt und wie weitere maßgebliche Begriffsbestimmungen („Textilfaser“, „Futter“, „Kennzeichnung“, „Etikettierung“ u.a.) zu definieren sind, ist Art. 3 zu entnehmen.

– Die TextilKennzVO gilt unter Beachtung der Einschränkung nach ErwG 12 nicht für maßgeschnittene Textilerzeugnisse, die von selbständigen Schneidern hergestellt wurden.

– Für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen dürfen nur die Textilbezeichnungen nach Anhang I der TextilKennzVO verwendet werden (Art. 5 Abs. 1). Die dort aufgeführten Bezeichnungen dürfen aber weder alleinstehend noch in Wortverbindungen oder als Eigenschaftswort für andere Fasern verwendet werden. Textilerzeugnisse, deren Zusammensetzung zum Zeitpunkt der Herstellung schwierig zu bestimmen ist, dürfen als „Erzeugnisse unbekannter Herkunft“ oder „diverse Faserarten“ bezeichnet werden (Art. 9 Abs. 4).

– Auf dem Etikett bez. der Kennzeichnung sind die Bezeichnung und der Gewichtsanteil aller im Textilerzeugnis enthaltenen Fasern in absteigender Reihenfolge anzugeben. Die Regelungen des deutschen TextilKennzG zur vereinfachten Kennzeichnung von Multifaser-Textilerzeugnisse („Mindestgehalt“)  hat damit zum 08.05.2012 endgültig ihre Geltung verloren. Für Fasern mit dekorativer oder antistatischer Wirkung gelten die Ausnahmeregelungen des Art. 10. Die Sammelbezeichnung „sonstige Fasern“ ist nur noch unter den Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 und 5 zulässig.

– Nur Textilerzeugnisse, die ausschließlich aus einer Faser bestehen, dürfen den Zusatz „100 %“, „rein“ oder „ganz“ auf dem Etikett bzw. der Kennzeichnung tragen (Art. 7 Abs. 1). Bestimmte Toleranzwerte im Hinblick auf sog. Fremdfasern sind den Art. 7 Abs. 2, Art.  8 Abs. 3 zu entnehmen.

– Laut Art. 12 der TextilKennzVO sind in Textilerzeugnissen nunmehr nichttextile Teile tierischen Ursprungs unter Verwendung des Hinweises „Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ zwingend anzugeben. Es wird explizit hervorgehoben, dass die entsprechende Etikettierung oder Kennzeichnung nicht irreführend sein darf und so zu erfolgen hat, dass sie vom Verbraucher ohne Schwierigkeiten verstanden  werden kann.

– Markenzeichen und Firmenbezeichnungen, die mit der Bezeichnung der Textilfaserzusammensetzung leicht verwechselt werden können, müssen hiervon räumlich getrennt dargestellt werden (Art. 16 Abs. 2).

– Textile Bestandteile von Schuhwaren müssen nicht mehr zwingend gekennzeichnet werden. Textilerzeugnisse aus Filz müssen hingegen nach der TextilKennzVO gekennzeichnet werden. Bei Matratzen und Campingartikeln reicht nunmehr bereits eine ordnungsgemäße Kennzeichnung deren Bezüge (Art. 2 Abs. 2).

– Für bestimmte Textilerzeugnisse (Miederware, Strickerei-Textilerzeugnisse u.a.) sind die in Anhang IV aufgeführten Besonderheiten zu beachten.  Bei „Schwurwolle“, „Seide“, „Halblein“ und „Meterware“ sind Art. 8, Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3, Art. 9 Abs. 3 und Art. 17 Abs. 4, 5 i.V.m. ErwG 12 entsprechend zu beachten.

– In Fällen des Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 2 sowie nach Art. 17 Abs. 3, 5 i.V.m. Anlage VI kann für die dort angegebenen Textilerzeugnisse eine sog. globale Etikettierung (Verwendung eines einzigen Etiketts für mehrere Textilerzeugnisse oder -komponenten) ausreichen.

– Für die Textilerzeugnisse gemäß Anhang V sind keine Etikettierungs- bzw. Kennzeichnungspflichten vorgeschrieben (Art. 17 Abs. 2).

Pflicht zur Etikettierung bzw. Kennzeichnung

Die Etikettierung und Kennzeichnung von Textilerzeugnissen muss entsprechend den vorbenannten Anforderungen dauerhaft, leicht lesbar und deutlich erkennbar sowie in einem Schriftbild angebracht sein, das in Bezug auf Schriftgröße, Stil und Schriftart einheitlich ist.

Diese Informationen müssen für Verbraucher bereits vor dem Kauf deutlich sichtbar sein. Für den Onlinehandel heißt es, dass die vorbenannten Angaben derart platziert werden müssen, dass sie den Verbrauchern vor der Einleitung der Bestellung durch die Betätigung des Bestell-Buttons zur Kenntnis gebracht werden. Dies hat am besten durch die gebotene Darstellung direkt neben dem betreffenden Angebot zu erfolgen.

Die Pflichtinformationen müssen in der Amtssprache des Mitgliedstaats abgefasst werden, in dessen Hoheitsgebiet die Ware dem Verbraucher bereitgestellt wird bzw. das entsprechende Onlineangebot bestimmungsgemäß abgerufen werden soll. Die Verwendung von Abkürzungen ist grundsätzlich unzulässig (Art. 14 Abs. 3 Unterabs. 2).

Wichtig ist es in jedem Fall zu beachten, dass die dargestellten Pflichten nicht nur Herstellern, sondern ausdrücklich auch Händlern auferlegt sind (Art. 15). Auch diese haben sicherzustellen, dass Textilerzeugnisse, die auf dem Markt bereitgestellt werden, die Etikettierung bzw. Kennzeichnung tragen, die die Vorgaben der TextilKennzVO erfüllt.

Die angeführte Übersicht soll dabei eine erste Orientierungshilfe bieten. Wie so oft müssen aber in jedem Einzelfall die konkret gegeben Umstände und Besonderheiten berücksichtigt und in die Beurteilung mit einbezogen werden.  Bei Fragen beraten wir Sie gerne. (pu)

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