Im Rahmen eines Schulreferates hatte eine Schülerin ein frei verfügbares Bild aus dem Internet genutzt. Das Referat samt Bild wurde auf der Internetpräsenz ihrer Schule veröffentlicht. Der Fotograf erhob daraufhin Klage, mit der sich letztlich der Bundesgerichtshof und der Europäische Gerichtshof auseinandersetzten.
Nachdem der Generalanwalt eine fragwürdige Empfehlung zum Fall ausgesprochen hatte, die Urhebern nicht gefallen konnte, stellte der EuGH nun klar, dass ein Foto nicht “vogelfrei” wird, nur weil es bereits an anderer Stelle im Internet abrufbar ist.
Der Europäische Gerichtshof hat das Urheberrecht im Internet nun doch nicht abgeschafft, wie es nach dem Vorschlag des Generalanwalts im Mai 2018 zu befürchten war.
Des Generalanwalts merkwürdige Thesen
Kernfrage der Entscheidung war, ob es sich bei dem Hochladen des Bildes um eine “öffentliche Wiedergabe” gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Urheberrechtsrichtlinie (Richtlinie 2001/29/EG) handelt (BGH, Beschluss v. 23.2.2017, Az. I ZR 267/15 und EuGH, Rechtssache C-161/17 – Renckhoff).
In seinem Schlussantrag betonte Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona, dass es keine erlaubnispflichtige, öffentliche Wiedergabe darstelle, ein Schulreferat auf der Schulhompage einzustellen, das ein frei im Netz zugängliches Foto aus einem Online-Reisemagazin enthält. Er stützte seine Einschätzung auf die folgenden bemerkenswerten Thesen
- Das Bild hatte bloß akzessorischen Charakter auf der Homepage der Schule als Bestandteil des Referats
- Das Bild war ohne Hinweis auf Nutzungsbeschränkungen auf dem Internetportal eines Reisemagazins veröffentlicht
- Der Schüler hatte keine Gewinnerzielungsabsicht
- Das Bild erreichte kein neues Publikum
Wir berichteten und spekulierten, dass der EuGH ab sofort eine Art eine europäische Variante Art der zum Beispiel im US-amerikanischen Copyright geltenden “Fair Use”-Doktrin einführen könnte:
Hochladen des Bilds ist “öffentliche Wiedergabe”
Dies hat der EuGH jedoch nicht getan, ist dem bemerkenswerten Vorschlag des Generalanwalts nicht gefolgt und hat klargestellt, dass
die Einstellung einer Fotografie, die mit Zustimmung des Urhebers auf einer Website frei zugänglich ist, auf eine andere Website einer neuen Zustimmung des Urhebers bedarf. Denn durch ein solches Einstellen wird die Fotografie einem neuen Publikum zugänglich gemacht.
Er führt weiter aus:
Im vorliegenden Fall ist es als „Zugänglichmachung“ und folglich als „Handlung der Wiedergabe“ einzustufen, wenn auf eine Website eine zuvor auf einer anderen Website veröffentlichte Fotografie eingestellt wird (vor diesem Einstellen war sie auf einen privaten Server kopiert worden). Denn durch ein solches Einstellen wird den Besuchern der Website, auf der die Einstellung erfolgt ist (vorliegend die Website der Schule), der Zugang zu der betreffenden Fotografie auf dieser Website ermöglicht.
Außerdem ist die Einstellung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf eine andere Website als die, auf der die ursprüngliche Wiedergabe mit der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers erfolgt ist, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens als Zugänglichmachung für ein neues Publikum einzustufen. Denn unter solchen Umständen besteht das Publikum, an das der Urheberrechtsinhaber gedacht hatte, als er der Wiedergabe seines Werks auf der Website zugestimmt hatte, auf der es ursprünglich veröffentlicht wurde, nur aus den Nutzern dieser Website und nicht (1) aus den Nutzern der Website, auf der das Werk später ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhaber eingestellt worden ist, oder (2) sonstigen Internetnutzern. Insoweit weist der Gerichtshof darauf hin, dass ein solches Einstellen von der Zugänglichmachung eines geschützten Werkes über einen anklickbaren Link, der auf eine andere Website verweist, auf der das Werk ursprünglich wiedergegeben worden ist, zu unterscheiden ist. Denn im Gegensatz zu Hyperlinks, die zum guten Funktionieren des Internets beitragen, trägt die Einstellung eines Werks auf eine Website ohne die Zustimmung des Urheberrechtsinhabers, nachdem es zuvor auf einer anderen Website mit dessen Zustimmung wiedergegeben worden war, nicht im gleichen Maße zu diesem Ziel bei.
Schließlich betont der Gerichtshof, dass es keine Rolle spielt, dass der Urheberrechtsinhaber – wie im vorliegenden Fall – die Möglichkeiten der Internetnutzer zur Nutzung der Fotografie nicht eingeschränkt hat.
Das Urheberrecht im Internet ist gerettet
Urheber können aufatmen. Wäre der EuGH dem Generalanwalt gefolgt und hätte er entschieden, dass es sich bei der streitgegenständlichen Handlung nicht um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Richtlinie handelt, dann wäre dem Urheber „nur“ die Verletzung des Vervielfältigungsrechts verblieben, was erhebliche Konsequenzen für die Annexansprüche, wie zum Beispiel den Schadensersatzanspruch gehabt hätte.
Dazu ist es nun – aus Sicht der Urheber Gottseidank – nicht gekommen. Auch in Zukunft gilt für Fotos im Internet: Hochladen verboten! Dabei ist es egal, ob das Foto vom Urheber irgendwie (zB durch ein Wasserzeichen oä)”geschützt wurde, vom Nutzer lediglich als”Beiwerk” genutzt wird oder ob es kommerziell verwendet wird.
Bloße Verlinkungen auf Lichtbilder sind hingegen nach wie vor zulässig.