Mehrfach haben wir bereits darüber berichtet. Über den vom Bundesjustizministerium gefeierten Abmahndeckel, der durch den neuen § 97a in das Urheberrechtsgesetz eingeführt werden soll. Danach sollten Abmahnkosten im Urheberrecht bei Bagatellfällen zunächst auf 50,00 € gedeckelt werden. Diesen Betrag erhöhte man später auf 100,00 €.
Wenn alles klappt, könnte das Gesetz, das kurioserweise „Gesetz zum Schutz geistigen Eigentums“ heißt und von dem behauptet wird, es stärke das geistige Eigentum, bereits Anfang Juli 2008 in Kraft treten.
Dann aber könnte es sich aber auch schon wieder in praktischer Hinsicht erledigt haben. Grund dafür ist ein BGH-Verfahren (I ZR 73/05), in dem am 5. Mai unter anderem über die Frage verhandelt werden wird, ob bereits ein einziges Angebot im Internet ein Handeln im geschäftlichen Verkehr darstellt, und somit zu einer Markenrechtsverletzung führen kann.
Obwohl der Fall auf den ersten Blick nichts mit dem Urheberrecht oder der Deckelung von Abmahngebühren zu tun hat, könnte er den § 97a UrhG völlig aus den Angeln heben.
Denn der Gesetzgeber verwendet den Begriff “geschäftlicher Verkehr” auch im 97a UrhG:
„(…)(2) Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro.”
Damit sollte erreicht werden, dass rein private Nutzungshandlungen von der Erstattungpflicht ausgenommen werden. Als Beispiel nennt das Bundesjustizministerium die 16-jährige Schülerin, die für Ihre Homepage einen Stadtplanausschnitt verwendet.
Die Vorinstanz des BGH, das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil v. 18.3.2005, Az. 6 U 12/01) hatte aber zum Begriff des geschäftlichen Verkehrs, von anderen Rechtsgebieten freilich unbeachtet, im Jahr 2005 schon die kühne These aufgestellt, dass rein private Tätigkeiten zwar vom geschäftlichen Verkehr ausgenommen seien, der Verkauf durch Private bei Hinzutreten bestimmter Umstände durchaus geschäftsmäßig sein könne. Hiervon sei im Interesse eines wirksamen Markenschutzes insbesondere dann auszugehen, wenn Ware außerhalb des Privatbereichs einer unbestimmten Vielzahl von Personen – nicht notwendig gegen Entgelt – angeboten wird.
Im letzten Satz liegt der Hase im Pfeffer. Denn im Internet werden Dinge immer einer unbestimmten Vielzahl von Personen „angeboten“.
Legte man diese Definition dem im neuen 97a UrhG verwendeten Begriff des „geschäftlichen Verkehrs“ zugrunde, liefe die Vorschrift wohl völlig leer. Denn die von der Politik angeprangerten bösen Abmahner fischen zu einem überwiegenden Teil natürlich im Netz.
Daher heißt es nun, die Entscheidung des BGH abzuwarten. Falls dort ein gleich strenger Maßstab an den geschäftlichen Verkehr angelegt würde, kann man den Abmahndeckel getrost vergessen.
Aber vielleicht wollen es auch alle Beteiligten so. Politiker werden schließlich auch von jemandem gewählt. Auf anderen Gesetzesbaustellen wird es ja auch nicht anders gemacht: Viel Reden, ein bisschen was fürs Herz, ein bisschen notdürftige Kosmetik, dann ist die Legislaturperiode auch schon wieder vorbei…