LG Köln zu Abmahnkosten bei PC-Spiel-Filesharing
Immer wieder sorgen hohe Abmahnkosten in Filesharing-Fällen für Rechtsstreit. Das Landgericht Köln hat sich nun mit Filesharing im Computerspielsektor beschäftigt und entschieden, dass ein Regelstreitwert von 15.000 Euro noch angemessen sein kann (LG Köln, Urteil v. 21.07.2022, Az. 14 O 152/19).
Die Klägerin nahm die Erben des zwischenzeitlich verstorbenen Beklagten in Anspruch. Es ging um zwei behauptete Urheberrechtsverstöße über einen Internetanschluss durch Filesharing das Computerspiel „T S 0“ geteilt zu haben.
Klägerin: 20.000 Euro Streitwert
Die Klägerin machte Aufwendungsersatz in Höhe von 984,60 Euro nach einem Gegenstandswert von 20.000 Euro und einen Schadenersatz in Höhe von zuletzt 4.950 Euro geltend. Den Schadenersatz berechnet die Klägerin mit dem 250-fachen des behaupteten Einzelpreises des Computerspiels am Tag der Rechtsverletzung.
Familienmitglieder stritten Urheberrechtverletzung ab
Es kam zu einem Versäumnisurteil gegen die Klägerin (AG Köln, Az. 137 C 254/18). Der Beklagte bestritt die Urheberrechtsverletzung. Er erklärte, dass sein Anschluss ein Familienanschluss sei und von ihm, seiner Ehefrau und seinen minderjährigen Kindern genutzt werde. Seinem Sohn sei das Spiel aus einem Trailer-Video bekannt, im Übrigen stritten alle Familienmitglieder die Tat ab.
Streit um Höhe des Preises des PC-Spiels
Die Beklagten behaupten auch, das Spiel sei zum Zeitpunkt der Zurverfügungstellung für nur 2,49 Euro als PC-Download erhältlich gewesen. Sie fanden den geltend gemachten Lizenzschadensersatz überzogen, weil das Spiel, seit 2011 auf dem Markt, bereits im Jahr 2014 zu Ramschpreisen an Verbraucher angeboten worden sei. Die Abmahnkosten dürften nur aus dem nach § 97a Abs. 3 Urhebergesetz (UrhG) reduzierten Gegenstandswert berechnet werden.
Unterbliebene Aufklärung kausal für Rechtsverletzung
Das LG Köln entschied, dass der Verstorbene seine Aufsichtspflicht gegenüber beiden Kindern verletzt habe. Er sei nach § 832 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Dem Beklagten sei nicht der Beweis gelungen, dass der Verstorbene seine als Täter in Betracht kommenden Kinder vorab über die Illegalität von Filesharing über Internettauschbörsen ausreichend belehrt hat. Welches der beiden Kinder konkret die Rechtsverletzung begangen habe, könne dabei offenbleiben. Denn mangels hinreichender Belehrung sei sowohl eine Rechtsverletzung des Sohnes als auch der Tochter als auch beider zusammen Anknüpfungspunkt der Haftung nach § 832 BGB. Die Kammer sah die unterbliebene Aufklärung als kausal für die Rechtsverletzung an.
Kein voller Kostenersatz da Privatperson
Das Gericht sprach der Klägerin nur 249 Euro Schadenersatz zu. Darüber hinaus habe sie Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 745,40 Euro gemäß § 97a Abs. 4 Satz 1 UrhG in der vom 9. Oktober 2013 bis zum 2. Dezember 2020 geltenden alten Fassung. Der bundesdeutsche Gesetzgeber habe in § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG für den Fall, dass der Abgemahnte eine natürliche, nicht gewerblich oder beruflich handelnde Person ist, das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Art. 14 Enforcement-Richtlinie umgekehrt. Nach dem Wortlaut des § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG a.F. komme bei einer solchen Person voller Kostenersatz nur in Betracht, wenn ansonsten das Ergebnis unbillig wäre.
200 Euro Schadenersatz pro Musiktitel
Der Kammer sei aus einer Reihe von Fällen bekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich beschränkte Lizenz zum Anbieten einer Musiksingle im Internet Lizenzgebühren im vierstelligen Euro-Bereich vereinbart würden. Deshalb setze die Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharing-Netzwerke im Internet für den Regelfall 200 pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz an.
Der abgemahnte Verstorbene habe zwar als natürliche Person gehandelt und weder gewerblich noch beruflich gehandelt. Die Beschränkung des Ersatzes der erforderlichen Aufwendungen auf Gebühren nach einem Gegenstandswert in Höhe von 1.000 Euro erweise sich jedoch jedenfalls nach § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG als unbillig, so das LG Köln in seinem Urteil.
15.000 Euro Streitwert bei Computerspiel-Filesharing
Bei der öffentlichen Zugänglichmachung eines aktuellen, durchschnittlich erfolgreichen Computerspieles auf einer Filesharing-Tauschbörse sei regelmäßig von einem Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch von nicht unter 15.000 Euro auszugehen (BGH, ZUM-RD 2017, 25 Rn. 48). In dem Fall vor dem LG Köln ging es jedoch laut Urteil um ein überaus populäres, kommerziell sehr erfolgreiches und mit hohem Marketingaufwand herausgebrachtes Computerspiel. Hier sei, befand das Gericht, bei einer Rechtsverletzung erst circa zweieinhalb Jahre nach Erscheinen des Spiels ein Gegenstandswert von 10.000 Euro angemessen.