LG Frankfurt: Vergabe von CC-Lizenz macht Werk nicht wertlos
Angebot: Werke mit einer Creative Commons-Lizenz zur Nutzung durch Dritte. Kosten: Keine. Daher entsteht auch bei rechtswidriger Nutzung kein Schaden. Das meinen jedenfalls viele. Aber ist dem wirklich so?
Natürlich nicht. In den Lizenzierungsbedingungen ist zum Beispiel häufig vereinbart, dass der Vertragspartner bei der „kostenlosen” Nutzung bestimmte Angaben machen muss. Erfüllt er diese Bedingungen nicht, kann er zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet sein. Dies hat das LG Frankfurt jüngst bestätigt.
Ein verlockendes Angebot
Das Unternehmen „Creative Commons“ stellt im Internet verschiedene Lizenzierungsmodelle für Urheber zur Verfügung. Unter anderem wird Dritten die kostenlose Nutzung von Werken bei Einhaltung von Bedingungen eingeräumt. Bedingungen für die kostenlose Nutzung können z.B. der Verweis auf die Lizenzbedingungen, Nennung des Urhebers und des Bildtitels sein.
Die Creative Commons-Lizenz steht jedoch unter der auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB. Wird gegen die Bedingungen verstoßen, so erlöschen die Nutzungsrechte. Folge einer solchen Rechtsverletzung kann zudem sein, dass derjenige, der gegen die Bedingungen der Creative Commons-Lizenz verstößt, gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zur Zahlung von Schadensersatz in Form der Lizenzanalogie verpflichtet ist.
Befreiung gegen Erfüllung der Bedingungen
In dem vom LG Frankfurt zu entscheidenden Fall, führte die Klägerin der negativen Feststellungsklage die vertraglich vereinbarten Angaben bei der Nutzung des streitgegenständlichen Werkes nicht an.
Die Höhe des nunmehr geltend gemachten Schadensersatzes des Beklagten kann im Wege der Lizenzanalogie grundsätzlich nach § 287 ZPO geschätzt werden. Maßstab hierfür ist, was als angemessene und übliche Lizenzgebühr vereinbart worden wäre.
Das LG Frankfurt stellt in seiner Entscheidung hierzu fest:
„Werden die Lizenz und der Name des Fotografen nicht genannt, so kann davon ausgegangen werden, dass ein vernünftiger Lizenzgeber bei vertraglicher Einräumung des Nutzungsrechts eine Lizenzzahlung gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer eine solche gewährt hätte und der Wert der Lizenz für die streitgegenständlichen Fotografien nicht mit € 0,- anzusetzen wäre. […] Jedoch ist der Umstand, dass der Fotograf ein Lichtbild unter eine Creative Commons-Lizenz gestellt hat, bei der Bemessung der Höhe des zu fordernden Schadensersatzbetrags zu berücksichtigen, […].“
Daraus folgt nach Ansicht des Gerichts, dass für den kostenpflichtigen Lizenzerwerb nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie lediglich dasjenige gefordert werden könne, was vernünftige Parteien für eine Befreiung von den Vorgaben der Creative Commons-Lizenzen vereinbart hätten. Nicht jedoch das, was für ein anderes Bild, das nicht auch kostenlos genutzt werden kann, anzusetzen gewesen wäre.
Interesse des Lizenzgebers und -nehmers
Das LG Frankfurt führt aus, dass zur Berechnung des Schadensersatzes auch das Interesse des Fotografen, dass das Lichtbild unter Einhaltung der Lizenzbedingungen und Nennung der Lizenz sowie seines Namen benutzt wird, zu berücksichtigen sei. So könne für den Urheber durchaus ein Interesse daran bestehen, neben dem kostenlosen Angebot seiner Werke insbesondere mit der Verpflichtung des Verwenders zur Urhebernennung und dessen werbliche Bedeutung, für die Befreiung von den Bedingungen der Creative Commons-Lizenz eine Vergütung zu fordern.
Auf der anderen Seite sehen die Lizenzbestimmungen der Creative Commons-Lizenz unter anderem vor, dass der Verwender stets den Urheber benennen, auf die Quelle der Fotografie hinweisen und auf die Lizenz hinweisen muss. Nach Einschätzung des Gerichts kann aus Sicht eines vernünftigen Lizenznehmers durchaus ein – vermögenswertes – Interesse daran bestehen, ein Werk auch ohne diese Vorgaben nutzen zu können (LG Frankfurt a.M., Urteil v. 16.08.2018, Az. 2-03 O 32/17).
Das OLG Köln entschied bereits ähnlich
Das LG Frankfurt liegt mit seiner Entscheidung auf der Linie eines Urteils des OLG Köln vom April dieses Jahres (OLG Köln, Urteil v. 13.04.2018, Az. 6 U 131/17).
Dies kam in seiner Entscheidung zur folgenden Überzeugung:
„Der Kläger kann nach der Berechnung nach der Lizenzanalogie dasjenige verlangen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessen Lizenzgebühr vereinbart hätten. Die Lizenzanalogie kommt u.a. selbst dann in Betracht, wenn Lizenzverträge in der Praxis nicht üblich sind, das verletzte Recht seiner Art nach aber Vermögenswert genutzt wird oder zumindest genutzt werden kann.“
Nachdem das OLG Köln in einer früheren Entscheidung aus dem Jahr 2014 noch anderer Ansicht gewesen war (OLG Köln, Urteil v. 31.10.2014, Az. 6 U 60/14) wies es nun darauf hin, dass der wirtschaftliche Wert einer entgeltlichen Lizenz in der Befreiung von den Bedingungen einer Creative Commons-Lizenz liegen könne.
Auch der BGH hat schon entschieden
Kurz nach dem Urteil des OLG Köln im Jahr 2014 entschied der Bundesgerichtshof einen ähnlich gelagerten Fall (BGH, Urteil v. 15.01.2015, Az. I ZR 148/13). Der BGH kam zu dem Schluss, dass ein Lizenzschadensersatzanspruch nicht grundsätzlich deswegen ausgeschlossen sei, weil der Urheber seine Lichtbilder auch unter bestimmten Bedingungen zur kostenlosen Nutzung anbietet. Könne der Fotograf darlegen, dass die Einhaltung der Bedingungen einen Vermögenswert für ihn hat, sei dieser Schaden zu ersetzen.
Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn bei Einhaltung der Bedingungen eine Verlinkung auf seine Webseite stattgefunden hätte, auf der die Lichtbilder kostenpflichtig angeboten werden. Dann liegt auch nicht fern, dass ihm aufgrund der fehlenden Verlinkung Folgeaufträge entgangen sind.
Kein Werk ist “umsonst”
Es bleibt dabei, dass Creative Commons-Lizenzen nur dann zu einer “kostenlosen” Nutzung von bereitgestellten Werken führen, wenn die Bedingungen auch gänzlich erfüllte werden.
Liegt dagegen ein Verstoß vor, macht sich der Lizenznehmer schadensersatzpflichtig. Die Schwierigkeit, den Schadensersatz bei kostenlos zur Verfügung gestellten Werken zu beziffern, bleibt natürlich. Besonders diejenigen, die ihre Werke gar nicht bis kaum kostenpflichtig zur Verfügung stellen, werden Schwierigkeiten haben, ihren Schaden zu beziffern.
Ein Unterlassungsanspruch und Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten stehen dagegen uneingeschränkt jedem Urheber zu, dessen Recht verletzt wurde – unabhängig davon, ob er seine Werke kostenlos oder kostenpflichtig bereitstellt.