Das Ehepaar Tony und Chelsea Northrup hat in den USA erfolgreich gegen die widerrechtliche Nutzung eines ihrer Bilder geklagt. Das Foto war zuvor von einer Handyfirma ohne Kenntnis der Kläger auf diversen Artikeln zu Werbezwecken abgedruckt worden. Der Hersteller musste daraufhin etwa 60.000 australische Dollar zahlen.
Wenn einem das eigene Antlitz entgegenlacht
Zum Hergang: Im Mai 2016 wurde das Ehepaar von einem Instagram-Nutzer auf ein bestimmtes Bild aufmerksam gemacht, welches dieser zufällig auf der Verpackung von Handy-Schutzhüllen für das Apple IPhone in einem australischen Geschäft entdeckt hatten. Der aufmerksame User erkannte auf dem Bild Chelsea Northrup. Die Fotografie zeigt das Gesicht der jungen Frau in Frontalaufnahme. Besagtes Werk war zuvor von den Northrups erstellt und bearbeitet worden. Genutzt wurde es als Cover für die Verpackung einer Trainingssoftware des Ehepaares für Fotografen.
Da bezüglich des Bildes nie eine Lizenz oder sonstige Einwilligung zur Nutzung seitens der Betroffenen abgegeben wurde, wandten diese sich schriftlich an den Hersteller der Handy-“Cases”. Hier stellten die Northrups gegenüber der australischen Firma klar, nie bezüglich einer Verwendung des Fotos kontaktiert worden zu sein. Die Betroffenen sahen sich in ihren Urheberrechten verletzt. Dementsprechend verlangten sie den Rückruf aller Handyschalen, die Löschung aller bestehenden Aufträge sowie Kompensation und Schadensersatz für die widerrechtliche Nutzung ihres geistigen Eigentums.
Von der Herkunft des Bildes keine Kenntnis
Das zeitlich verzögerte Antwortschreiben der Firma fiel ernüchternd aus. Über einen Anwalt ließ diese die Betroffenen wissen, dass keine Kenntnis hinsichtlich der Herkunft des Bildes bestanden habe. So sei man davon ausgegangen, dass es sich um eine frei nutzbare Fotografie gehandelt habe. Für das Layout der Verpackung sei ein externer Designer engagiert worden, den man nach Erhalt der Aufforderungen kontaktiert habe. Dieser teilte dem Hersteller mit, er habe das Foto von einer Webseite kopiert und anschließend in die Aufmachung der Verpackung eingefügt. Die Firma sicherte den Northrups zu, das Bild künftig nicht mehr zu nutzen und alle bedruckten Produkte aus dem Verkehr zu nehmen. Auf die Forderungen nach Kompensation und Schadensersatz ging der Anwalt jedoch nicht weiter ein. Vielmehr brachte er seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die Angelegenheit nun als erledigt betrachtet werden könne.
Einigung über 30.000 USD
Das Ehepaar verklagte den Hersteller daraufhin auf Schadensersatz und Ausgleich für die Nutzung des Bildes. Das Ergebnis: Beide Seiten einigten sich nach zähen Verhandlungen auf eine Zahlung der Firma in Höhe von 30.000 australischen Dollar. Selber einstecken konnten die Fotografen davon allerdings lediglich rund 7.500 Dollar. Der Rest entfiel auf Anwaltsgebühren und sonstige Kosten des Verfahrens. Insgesamt zahlte der Hersteller der Handyschutzhüllen etwa 60.000 Dollar. 20.000 Dollar gingen an die Anwälte, 10.000 Dollar an Vermittler , und die restlichen 30.000 an die Schöpfer des Fotos bzw. deren Anwälte.
Diese hohen Summen hätten bei einer einfacheren Einigung wohl vermieden werden können. Gemessen an den üblichen Vergütungen für Fotografen wäre es durchaus möglich gewesen, mit Hilfe eines fachkundigen Anwalts einen angemessenen Schadensersatzanspruch zu errechnen. Nach Angaben des Paares sei dies nicht der erste Fall eines “Bilderklaus”, meistens könne man sich aber außergerichtlich verständigen.
Die Bewertung des Falls aus Sicht des deutschen Rechts
Betrachtet man den Rechtsstreit aus Sicht des deutschen Urheberrechts, ergeben sich zunächst keine großen Unterschiede. Die Fotografie wäre auch hier unstreitig rechtlich geschützt. Demnach stünde dem Fotograf allein das Recht auf Verwertung zu. Da dem Unternehmen weder eine Lizenz oder sonst eine Erlaubnis zur Nutzung eingeräumt wurde, könnten die Northrups auch nach dem UrhG Unterlassung und Schadensersatz einfordern. Über den “Fotoklau” im Internet berichteten wir hier:
Die Höhe dieses Anspruches würde sich anhand der durch das Bild erzielten Einnahmen ermitteln lassen. Als Orientierung gilt hier die Vergütung, die die beiden Parteien vernünftigerweise bei Abschluss eines Lizenzvertrages wohl vereinbart hätten. Als Hilfestellung fungiert hier die sogenannte “MFM”-Tabelle. Wir berichteten:
- LG Köln: MFM-Tabelle zur Berechnung eines Schadensersatzes bei Bilderklau weiterhin anwendbar
- Schadensersatz für Fotos: Die Frage nach der Höhe
Derart hohe Anwaltsgebühren (die Kosten beliefen sich hier auf etwa 2/3 des von der Beklagten gezahlten Summe) wären nach deutscher Rechtslage wohl nicht angefallen. Insbesondere bei einem festgesetzten Stundenlohn und einer außergerichtlichen Einigung wären diese deutlich geringer ausgefallen.
Auch die Tatsache, dass der Hersteller einen Designer zur Gestaltung der Verpackung engagiert hatte, ändert nichts an der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Firma. Nach deutschem Urheberrecht kann auch auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wer fahrlässig handelt. Da sich die Firma erst nach Erhalt der Mahnung bei dem Designer nach der Herkunft des Bildes erkundigte, handelte diese sorgfaltswidrig. Bevor ein möglicherweise urheberrechtlich geschütztes Werk derart breit angelegt kommerziell genutzt wird, sollte sich über die Herkunft daher genauestens informiert werden.
Schließlich scheint der Hersteller der “Cases” den Weg zum Anwalt aus äußerst fraglichen Motiven heraus gewählt zu haben. Möglicherweise war dies mit der Hoffnung verbunden, ein anwaltliches Schreiben werde die Fotografen abschrecken und die Northrups so zur Beilegung der Angelegenheit bringen. Unter Umständen wurde hier auch versucht, das Paar von der juristischen Abgeschlossenheit des Falls zu überzeugen. Zweifellos ist ein solches Gegenhalten in einem derart eindeutig gelagerten (und dreisten) Sachverhalt keineswegs zu empfehlen, ein frühzeitiges Einlenken auf Seiten des Rechteinhabers freilich noch weniger.