Rechtsanwalt als Urheber von AGB? Anforderungen an die Darlegungslast
Das AG Kassel hat in einem Urteil vom 5.2.2015 die Klage eines Rechtsanwalts, der behauptete, die AGB, die der Beklagte verwendete, während seiner früheren Tätigkeit erstellt zu haben, abgewiesen. Er habe seine Urhebereigenschaft nach Auffassung des Gerichts nicht schlüssig dargelegt (AG Kassel, Urteil v. 05.02.2015, 410 C 5684/13).
Der Anwalt sei zum Nachweis seiner behaupteten Urheberrechte gehalten gewesen, konkrete Angaben zu Beginn und Abschluss der Arbeiten, der Arbeitsweise und dem Auftraggeber für die Texte zu machen.
Zum Sachverhalt
Geklagt hatte ein ehemaliger Rechtsanwalt, dessen Sozietät sich in Insolvenz befindet. Der Kläger behauptet, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) entworfen zu haben, die der Beklagte für seinen Onlineshop verwendet.
Nach erfolgloser Abmahnung machte der Anwalt gegen den Betrieb urheberrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und die Bezahlung eines Lizenzschadens geltend. Wie der Rechtsanwalt die streitgegenständlichen AGB geschaffen hatte, führte er nicht aus.
Außergerichtlich zahlte der Beklagte an den Kläger, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, 800 Euro. Er war der Ansicht, der Kläger dürfe wegen des Insolvenzverfahrens die urheberrechtlichen Ansprüche gar nicht geltend machen. Auch sei die Schadenshöhe nicht hinreichend dargetan.
Urheberschaft muss schlüssig dargelegt werden
Das Amtsgericht wies die Klage des Rechtsanwaltes ab. Der Kläger habe seiner Darlegungslast nicht genüge getan, da er nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe, dass er Urheber sei und bei der Erstellung der gegenständlichen AGB eine eigene geistige Leistung erbracht habe.
Bei urheberschutzfähigen Texten eines Rechtsanwaltes im Rahmen seiner Berufsausübung sei davon auszugehen, dass diese durch einen konkreten Anlass, mithin durch ein konkret erteiltes Mandat, bedingt ist. Deshalb lasse sich jedenfalls die Entstehung des juristischen Textes näher konkretisieren nach Beginn und Abschluss der Arbeiten sowie im Hinblick auf den Auftraggeber für diesen Text.
Der Kläger habe lediglich erklärt, er habe seit dem Jahr 2006 für mehrere Mandanten immer wieder Allgemeine Geschäftsbedingungen entworfen und angepasst. Wann die hier gegenständliche Fassung als erstellt angesehen werden kann, habe der Kläger indessen nicht erklärt.
AGB sind nicht durchweg als individuelle geistige Schöpfung anzusehen
Dies sei jedoch notwendig gewesen, weil Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht durchweg als individuelle geistige Schöpfung eines einzelnen Juristen i.S.d. Urheberrechts angesehen werden können.
Das Gericht führt hierzu aus:
“Allgemeine Geschäftsbedingungen sind u.a. in ihrer Entstehung dadurch besonderer Art, weil sie sich auf vorveröffentlichte einschlägige Sammlungen in Formularbüchern oder vergleichbaren Publikationen zurückführen lassen oder aus konkreten veröffentlichten und damit jedenfalls der Fachwelt allgemein zugänglichen Aufsätzen und Rechtsprechungsentscheidungen entnommen sind. (…) Um die spezifische eigene schöpferische Leistung erfassen zu können, bedarf es mithin der detaillierten Darlegung, in welchem Umfang derartige Vorlagen eingesetzt wurden und in welchem Umfang alternativ eigene Neuformulierungen Eingang gefunden haben bzw. Zusammenstellung vorformulierter Teile der Texte vorgenommen wurde.“
Aktivlegitimation
Darüber hinaus habe der Kläger auch seine Aktivlegitimation nicht hinreichend dargetan. Durch das Insolvenzverfahren seien sämtliche Rechte auf den Insolvenzverwalter übergegangen. Dazu können auch die im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit entstandenen Urheberrechte zählen, da im Regelfalle die gesamte berufsspezifische Tätigkeit eines der Sozietätsmitglieder als für die Sozietät erbracht gelten. Dies folge unmittelbar aus § 706 BGB sowie aus der Pflicht eines Gesellschafters, nicht neben der Gesellschaft zu ihr in Konkurrenz zu treten. Sollte etwas anderes beabsichtigt gewesen sein, hätte dies einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Regelung bedurft, die der Kläger nicht vorgetragen habe. Der Kläger sei deshalb alleine nicht forderungsberechtigt, so das AG.
Schadenshöhe
Des Weiteren wies das Gericht darauf hin, dass die Klage auch hinsichtlich der Schadenshöhe unschlüssig geblieben ist. Der Kläger habe keinen nachvollziehbaren Vortrag dazu gehalten, wie Lizenzgebühren für Allgemeine Geschäftsbedingungen am Markt gebildet werden.
Fazit
Diese Entscheidung zeigt deutlich, dass AGB nicht durchweg als individuelle geistige Schöpfungen eines einzelnen Juristen anzusehen und daher nicht grundsätzlich vom Urheberrechtsschutz erfasst sind. Die Anforderungen des Amtsgerichts an die Darlegungslast zur Schaffung des AGB-Textes sind sehr streng. Es empfiehlt sich somit stets zu prüfen, ob die AGB in ihrer Gesamtdarstellung hinreichend individuell konzipiert und formuliert sind. Ist dies zu bejahen, dann verfügen die AGB schon über einen geringen Schutzumfang, der sie jedenfalls gegen (im Wortlaut und Aufbau) identische Übernahmen schützt. Einzelheiten zu diesem Thema finden sich hier: