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BGH: Reichweite urheberrechtlicher Auskunftsansprüche

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urheberrechtlicher Auskunftsanspruch
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Die Inhaber von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten können oder wollen die Wahrung ihrer Rechte regelmäßig nicht selbst in ihrer Gesamtheit überwachen. Zudem gestaltet es sich für Nutzungsinteressenten schwierig, den Inhaber der Nutzungsrechte an einem Werk zu ermitteln, um mit diesem einen Lizenzvertrag abzuschließen.

Der Bündelung solcher Rechte dienen Verwertungsgesellschaften, die im Interesse sowohl der Inhaber als auch der redlichen Werknutzer handeln. Sie sind privatrechtliche Vereinigungen und nehmen aufgrund von Berechtigungsverträgen Nutzungs- und Einwilligungsrechte sowie Vergütungsansprüche für Rechnung mehrerer Urheber oder Leistungsschutzberechtigter zur gemeinsamen Auswertung wahr.

Die Voraussetzungen für eine Verwertungsgesellschaft ergeben sich aus § 2 VGG. Es muss sich – kurz gefasst – um eine Organisation der kollektiven Rechtewahrnehmung handeln, deren Anteile von den Mitgliedern gehalten werden oder die von ihren Mitgliedern beherrscht ist oder die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist.

Der BGH hat sich in einer Entscheidung vom 28.07.2022 mit der Reichweite urheberrechtlicher Auskunftsansprüche von Verwertungsgesellschaften befasst. (BGH, Urteil v. 28.07.2022, Az. I ZR 141/20).

Verletzung von Urheberrechten an Zeitungsartikeln

Dem Urteil des BGH lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin nahm die Beklagte wegen der Verletzung von Urheberrechten in Verbindung mit der Herstellung von elektronischen Pressespiegeln für gewerbliche Kunden in Anspruch.

Die Klägerin verlegt die Zeitungen DIE WELT, WELT kompakt, WELT am Sonntag, BILD und BILD am Sonntag.

Sie ist Gesellschafterin der Presse Monitor GmbH (im Folgenden: PMG). Die PMG ist ein Verwertungsunternehmen der deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverlage. Sie führt eine eigene digitale Pressedatenbank und vermarktet Inhalte und Rechte von über 700 Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen. Mithilfe der PMG können Privatpersonen und Unternehmen elektronische Pressespiegel erstellen. Dabei können sie sich auch Dienstleister, sogenannter “Mittler”, bedienen.

Ein solcher Mittler ist die Beklagte, die Dienstleistungen aus dem Bereich Medienbeobachtung und Medienanalyse erbringt.  Sie hat mit der PMG im Jahr 2004 einen sogenannten „Rahmenvertrag“ geschlossen, der in § 3 Nr. 1 unter anderem vorsieht, dass die Beklagte ausschließlich im Rahmen und zum Zweck der vertraglichen Vereinbarungen, die ihre Kunden mit der PMG abgeschlossen haben, befugt ist, das Datenbankangebot der PMG zur Erstellung von Pressespiegeln für ihre Kunden, die auch Kunden der PMG sind (und sein müssen), zu nutzen.

Die Klägerin machte aus eigenem Recht sowie in Prozessstandschaft für mehrere Autoren die Verletzung von Urheberrechten an Zeitungsartikeln geltend. 

Unberechtigte Öffentliche Zugänglichmachung von Zeitungsartikeln

Sie sah eine Urheberrechtsverletzung in einer unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung der frei im Internet abrufbaren Artikel.  Zudem habe die Beklagte in das Vervielfältigungsrecht eingegriffen, indem sie generell einzelne Artikel und ganze Print-Ausgaben eingescannt habe (“Eigendigitalisierung”), ohne dazu berechtigt zu sein.  Ferner liege eine Vervielfältigung darin, dass die Beklagte die derart gescannten Dokumente unberechtigt in einer bei ihr geführten durchsuchbaren Datenbank gespeichert habe.

Die Klägerin hat die Beklagte in Bezug auf die Verletzungshandlungen auf Ersatz eines nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechneten Mindestschadens in Höhe von 60.900 € zuzüglich Zinsen, auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 7.121,90 € in Anspruch genommen und die Feststellung beantragt, dass die Beklagte zum Ersatz des Schadens sowie zur Herausgabe sämtlicher Bereicherungen verpflichtet ist.

LG Hamburg: Zahlung Mindestschadensersatz und Auskunftserteilung 

Das Landgericht Hamburg hat die Beklagte in Bezug auf die im Januar 2013 vorgenommenen Verletzungshandlungen verurteilt, einen Mindestschadensersatz an die Klägerin zu zahlen und der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen und geordneten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der von ihr vorgenommenen Nutzung im Einzelnen bezeichneter Artikel. (LG Hamburg, Urteil v. 22.06.2018, Az.308 O 343/16) 

Gegen das landgerichtliche Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin beantragt, die Beklagte in Bezug auf die Verletzungshandlungen im Januar 2013 zur Leistung eines höheren als des vom Landgericht ausgeurteilten Mindestschadensersatzes zu verurteilen. Außerdem hat die Klägerin beantragt, die Beklagte über die vom Landgericht ausgesprochene Grundauskunft hinaus zu einer weitergehenden Auskunftserteilung zu verpflichten.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin hat Anschlussrevision eingelegt, mit der sie unter anderem die Aufhebung des Berufungsurteils im Hinblick auf die Teilabweisung des Anspruchs aus Grundauskunft beantragte.  Die Revisionen der Parteien hatten teilweise Erfolg.

BGH: Kein allgemeiner Auskunftsanspruch

Der BGH entschied: Ein allgemeiner Auskunftsanspruch, der auf die Ausforschung der tatsächlichen Grundlagen und Beweismittel für etwaige Ansprüche gerichtet ist, bestehe nicht. 

Der auf spezialgesetzliche Anspruchsgrundlagen wie § 19 MarkenG oder § 101 UrhG gestützte Auskunftsanspruch sei ebenso wie der aus § 242 BGB hergeleitete Auskunftsanspruch seinem Inhalt nach vielmehr grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften über den konkreten Verletzungsfall, das heißt über die konkrete Verletzungshandlung einschließlich solcher Handlungen beschränkt, die ihr im Kern gleichartig sind.

Ein Anspruch auf Auskunftserteilung bestehe nicht auch über mögliche andere Verletzungsfälle. Denn dies laufe darauf hinaus, unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln der Ausforschung Tür und Tor zu öffnen, so der BGH in seiner Urteilsbegründung.

Der vom Bundesgerichtshof einer Verwertungsgesellschaft zugebilligte weitergehende Anspruch auf sogenannte Grundauskunft, der nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausnahmsweise auch dann bestehen kann, wenn der Kläger in entschuldbarer Weise nicht nur über den Umfang, sondern auch über das Bestehen seines Rechts im Ungewissen ist (BGH, Urteil v. 5. Juni 1985, Az. I ZR 53/83 ) liegt in den Besonderheiten begründet, die die Rechtsdurchsetzung durch Verwertungsgesellschaften kennzeichnen.

Eine entsprechende Anwendung zugunsten von Rechtsinhabern, die über eine große Anzahl an gleichartige Werke betreffenden Rechten verfügen, von denen nachweisbar mehrere Werke von dem Verletzer unerlaubt verwendet worden sind, komme aber nicht in Betracht. Eine Ausweitung dieser Grundsätze beinhalte die Gefahr, die allgemein gültigen Beweislastregeln ohne rechtfertigenden Grund maßgeblich zu schwächen,so der BGH

 Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Grundauskunft bestehe damit nicht. 

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