Zu jeder wirksamen juristischen Maßnahme gehört das Andeuten negativer Folgen für den Fall eines Zuwiderhandelns.
Unser Strafrecht ist so aufgebaut: Wenn A, dann B. Ohne einen gewissen Druck geht es nicht. Aus bloßer Einsicht in die Notwendigkeit oder in Anerkennung des allgemeinen Moralgesetzes handeln die wenigsten Menschen.
Abmahnung mit Vertragsstrafe
Abmahnungen enthalten daher regelmäßig nicht nur die Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, sondern versetzen diese mit einer Klausel, die zur Zahlung einer Vertragsstrafe in bezifferter Höhe verpflichtet, sollte gegen die Erklärung verstoßen werden. Im Prinzip ist das so Alltag.
Doch, Achtung: Nicht immer ist eine solche Klausel auch wirksam. Das OLG Frankfurt am Main (OLG Frankfurt, Urteil v. 23.7.2020, Az. 6 U 91/19) stellte jetzt fest, welche Bedingung erfüllt sein muss, damit auch tatsächlich eine Zahlungspflicht besteht und der Geschädigte bzw. Gläubiger den Schädiger resp. Schuldner zur Kasse bitten kann.
Schuldner unangemessen benachteiligt
Im dem verhandelten Fall (es ging um eine Markenrechtsverletzung) fehlte es nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB an der Wirksamkeit der Vertragsstrafen-Vereinbarung, weil der Schuldner mit dieser in jene „unangemessene Benachteiligung“ einwilligen musste, von der die zivilrechtliche Norm spricht. Die Benachteiligung bestand darin, dass der Schuldner mit Annahme der Vereinbarung auf den „Fortsetzungszusammenhang“ verzichtete, laut OLG Frankfurt am Main „die Zusammenfassung hierfür geeigneter Einzelhandlungen ohne Rücksicht auf einen verbindenden Gesamtvorsatz auch bei nur fahrlässiger Begehung“.
Dreifach gefordert, nichts bekommen
Dem Schuldner wurde damit die Möglichkeit genommen, Einzelhandlungen als eine Gesamthandlung anzusehen, die eine Gesamtvertragsstrafe auslöst. Der klagende Gläubiger wollte vor dem OLG Frankfurt am Main die Vertragsstrafe dreimal zugesprochen bekommen (und dann auch dreimal kassieren), weil der beklagte Schuldner in drei Fällen gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen habe.
Auch, wenn das der Fall sei, so die Richter, stünde dem Kläger nach Maßgabe eines geltend gemachten „Fortsetzungszusammenhangs“ nur eine Zahlung zu – und da er diese Geltendmachung in der Vereinbarung ausgeschlossen hatte, bekommt er am Ende gar nichts.
Augen auf bei der Formulierung von Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen!
Also: Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe hat man nur dann, wenn die betreffende Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung eine wirksame Vertragsstrafen-Klausel enthält. Zur Wirksamkeit gehört, dem Schuldner die Möglichkeit einzuräumen, einzelne Rechtsverletzungen als Teile eines Gesamtverhaltens anzusehen, so dass auch bei wiederholten Einzelhandlungen die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe nur einmal ausgelöst wird.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.