Einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs nach werden Akten, die unter dem Vorbehalt der Geheimhaltung eingereicht werden, nicht als Prozessakten gemäß § 299 ZPO qualifiziert. Als Konsequenz sind diese dann weder vom Recht der Gegenseite zur Einsicht umfasst, noch können diese als Entscheidungsgrundlage verwertet werden.
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Ausgangspunkt des Urteils war ein Rechtsstreit auf dem Gebiet des Patentrechts, welcher letztlich vor dem BGH landete. Um die streitige Erfindung auf dem Gebiet der Mobilfunksysteme zu schützen, hatte die Klägerseite bestimmte Unterlagen unter dem Vorbehalt eingereicht, diese geheim zu halten. Im Einzelnen wurde verlangt, dass die Beklagte sich mit einer Erklärung zur Verschwiegenheit vor der Übermittlung der Dokumente verpflichtet. Eine solche wurde aber nicht abgegeben, weswegen die als vertraulich gekennzeichneten Akten der Gegenseite seitens der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs nicht übergeben wurden. Diese beantragte daraufhin im Wege der Erinnerung gemäß § 573 ZPO eine Entscheidung des Gerichts.
Von Bitten und Bedingungen
Diese wurde jedoch vom BGH zurückgewiesen. Nach Ansicht der Richter hatte die Geschäftsstelle die Unterlagen zu Recht einbehalten (BGH, Beschluss v. 14.1.2020, Az. X ZR 33/19).
Zwar gelte grundsätzlich das Recht aller Parteien zur Akteneinsicht uneingeschränkt. Was aber im Einzelnen zu jenen Akten im Sinne des § 299 ZPO gehört, entscheide das Gericht. Im Regelfall seien dies sämtliche eingereichte Dokumente, allerdings mit Ausnahmen. Unterlagen, die unter dem Vorbehalt der Geheimhaltung an das Gericht übergeben und entsprechend nicht weitergegeben werden, fielen gerade nicht unter den § 299 ZPO. Als Begründung wurde hier der Grundsatz der Bedinungsfeindlichkeit von Prozesshandlungen angeführt. Dieser soll sicherstellen, dass ein Rechtsstreit nicht “in der Schwebe” verbleibt, also keine eindeutige Klarheit besteht ob Klage erhoben oder zurückgenomen wird. Auch ob Rechtsmitteleinlegung oder Beendigung des Rechtsstreits drohen, darf nicht ungewiss sein. Ob das Einreichen von Akten tatsächlich eine Prozesshandlung darstellt, könne zwar letztlich offen bleiben. Trotzdem ließe sich aus dem Grundsatz ableiten, dass auch beim Einreichen Klarheit, und damit Rechtssicherheit, bestehen muss. Wird die Weiterleitung der Dokumente an eine Bitte nach Verschwiegenheit geknüpft, und damit an eine Bedingung, sei dies aber nicht der Fall.
Fazit: ohne Einsichtnahme keine Entscheidungsgrundlage
Besteht hinsichtlich bestimmter Dokumente der Wunsch, diese geheim zu halten, ist die Schwärzung bestimmter Passagen die zu empfehlende Variante. Denn: Werden ungeschwärzte Akten eingereicht, können diese unter dem Vorbehalt der Geheimhaltung eingereicht werden. Dann werden die Unterlagen aber nicht mehr als Prozessakten gemäß § 299 ZPO eingestuft. Die Folge: Die Dokumente und die darin enthaltenen Informationen sind der Gegenseite zwar nicht zugänglich, können aber auch nicht mehr zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden.