Wir wollen uns vielmehr noch einmal der rechtlichen Zulässigkeit des “Prangers der Schande” widmen. In der diesbezüglichen juristischen Diskussion besteht Uneinigkeit. Sowohl der Kollege Christian Solmecke als auch die Kollegen Steinhöfel und Höbelt sind der Meinung, dass die Veröffentlichung der Kommentare mitsamt Fotos und Namen rechtswidrig war. Die Gegenmeinung habe ich in meinem Beitrag in der Legal Tribune ONLINE dargestellt. Auch mein Kollege Arno Lampmann vertritt die Ansicht, dass die Veröffentlichung die Betroffenen nicht in ihren Rechten verletzt und hat dazu Stellung genommen. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Kollege Golz aus der Kanzlei Härting.
Greifen die Voraussetzungen der Verdachtsberichterstattung?
Die Kollegen, die von einer rechtsverletzenden Berichterstattung der Bild-Zeitung ausgehen, verweisen auf den strengen Maßstab der sogenannten Verdachtsberichterstattung. Hiernach ist eine identifizierende Berichterstattung nur unter ganz eng abgesteckten Voraussetzungen zulässig, weil es zu keiner Vorverurteilung des Betroffenen kommen soll. Dieser Maßstab der Verdachtsberichterstattung kommt nach der hier vertretenen Meinung jedoch gar nicht zur Anwendung. Denn Inhalt einer Verdachtsberichterstattung sind immer solche Vorgänge, hinsichtlich derer bislang gerade nur ein Verdacht vorliegt. Es ist also auf die eigentliche Handlung abzustellen, die möglicherweise dann in der juristischen Bewertung eine Straftat oder zumindest eine schwerwiegende Verfehlung darstellt. Diese Handlungen sind in den Fällen der Verdachtsberichterstattung gerade noch nicht endgültig bewiesen.
Es besteht bei einer Verdachtsberichterstattung lediglich eine Vermutung hinsichtlich des tatsächlich zugrundeliegenden Sachverhalts, welche sich auf einen Mindestbestand an Beweistatsachen stützt. Eine diesbezügliche Berichterstattung zeichnet sich immer dadurch aus, dass der Äußernde selbst noch nicht von der Wahrheit seiner Aussage überzeugt ist, sondern gerade zu erkennen gibt, dass er lediglich einen Verdacht hegt. Es kommt damit ausschließlich darauf an, ob ein bestimmter Vorgang bereits erwiesen ist oder zumindest teilweise noch im Unklaren liegt.
Im Falle des Bild-Prangers greift der Maßstab der Verdachtsberichterstattung also bereits gar nicht, weil die der Berichterstattung zugrunde liegenden Handlungen unstreitig erfolgt sind. Die Facebook-Nutzer selbst haben ihre Kommentare öffentlich bei Facebook gepostet. Dass die Bild-Zeitung hieraus auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen schließt und die Staatsanwaltschaft auffordert, zu prüfen, ob durch die Kommentare tatsächlich Straftatbestände erfüllt sind, eröffnet nicht den Rahmen der Verdachtsberichterstattung. Die rechtliche Beurteilung eines feststehenden Vorgangs ist gerade keine Verdachtsberichterstattung, sondern nach den Vorgaben der Rechtsprechung eine Meinungsäußerung (BGH Urt. v. 22.09.2009 – VI ZR 19/08).
Abwägung der widerstreitenden Interessen
Weil somit die Vorgaben der Verdachtsberichterstattung nicht greifen, kommt es zur Abwägung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen auf der einen Seite und der Meinungsfreiheit und des Informationsinteresses der Öffentlichkeit auf der anderen Seite. Dabei sind immer sämtliche Umstände des Einzelfalls in der Abwägung zu berücksichtigen. Im Ergebnis dürfte vorliegend die Meinungsfreiheit und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit bei fast allen Kommentaren überwiegen. Das Persönlichkeitsrecht der an den Pranger Gestellten tritt in diesen Fällen dahinter zurück.
Und dies hat nichts damit zu tun, dass man den Abgebildeten aufgrund der von ihnen geäußerten Meinungen, die teilweise ebenfalls noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, ihr Persönlichkeitsrecht absprechen will. Niemandem dürfen seine Rechte zum Schutz der eigenen Persönlichkeit genommen werden, hierzu habe ich mich bereits einmal ausführlich an dieser Stelle geäußert. Dass die Berichterstattung dann im Ergebnis als zulässig einzustufen ist, liegt letztlich daran, dass die konkreten Umstände des Einzelfalls dazu führen, dass das intensiv berücksichtigte Persönlichkeitsrecht in der Abwägung jeweils unterliegt. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Veröffentlichung der Fotos als auch hinsichtlich der veröffentlichten Namen.
Erste Abwägung bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG: Bereich der Zeitgeschichte
In der zunächst an dieser Stelle vorzunehmenden Einzelfallabwägung sind verschiedene Kriterien zu berücksichtigen. Die Prüfung hinsichtlich der Bildnisveröffentlichung richtet sich dabei nach den Vorgaben des sogenannten abgestuften Schutzkonzepts des Bundesgerichthofs zu §§ 22, 23 KUG, wonach auf einer ersten Stufe zu prüfen ist, ob der Bereich der Zeitgeschichte tangiert ist.
In Bezug auf diesen Prüfungspunkt äußern viele Diskussionsteilnehmer ihr Unverständnis, warum ein Kommentar in einem sozialen Netzwerk wie Facebook in den Bereich der Zeitgeschichte fallen sollte. Hierzu muss man wissen, dass der BGH den diesbezüglichen Maßstab äußerst großzügig gestaltet. Zu prüfen ist danach, wie die Gesellschaft das mit der Veröffentlichung bezweckte Thema bewertet (vgl. BGH Urt. v. 29.10.2009 – I ZR 65/07; BGH Urt. v. 19.06.2007 – VI ZR 12/06). Es ist festzustellen, in welchem Ausmaß die Berichterstattung einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. Damit kommt es jeweils auf den Informationswert der Berichterstattung an (BGH Urt. v. 11.03.2009 – I ZR 8/07). Zwar obliegt es zunächst immer den Medien selbst, unter Berücksichtigung publizistischer Vorgaben zu entscheiden, welche Themen sie dem zeitgeschichtlichen Bereich zuordnen (vgl. BVerfG Beschl. v. 26.02.2008 – 1 BvR 1602/07), letztlich hat aber zutreffend immer ein Gericht zu entscheiden, wie die Abwägung der geschützten Rechtsgüter im Einzelfall ausfällt, d. h. die Bild-Zeitung darf nicht abschließend selbst die Entscheidung treffen, was in den Bereich der Zeitgeschichte fällt oder nicht (BGH Urt. v. 11.03.2009 – I ZR 8/07).
Nach den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung fallen bereits sämtliche Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse unter den Begriff der Zeitgeschichte (BGH Urt. v. 28.05.2013 – VI ZR 125/12). Als zeitgeschichtliches Ereignis gilt damit alles, was aus dem Bereich der alltäglichen Vorgänge herausragt, der Maßstab ist also äußerst großzügig (vgl. OLG Frankfurt a. M. GRUR 1991, 49f.). Dass die Kommentare bei Facebook in der aktuell scharf geführten Flüchtlingsdebatte in diesen weiten Bereich der Zeitgeschichte fallen, steht damit unter Berücksichtigung der Vorgaben der Rechtsprechung außer Frage.
§ 23 Abs. 2 KUG: Rückausnahme und Korrektiv
Das Korrektiv zu diesem großzügigen Maßstab findet sich dann im abgestuften Schutzkonzept in § 23 KUG Abs. 2 KUG, wonach eine Berichterstattung trotz des eröffneten Bereichs der Zeitgeschichte unzulässig ist, wenn überwiegende berechtigte Interessen des Betroffenen einer Berichterstattung entgegenstehen. Auch in diesem Prüfungspunkt der Zulässigkeit des “Prangers der Schande” ist eine Gesamtabwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. BVerfG Beschl. v. 26.04.2001 – 1 BvR 758/97).
Zu prüfen ist an dieser Stelle die sogenannte Sphärentheorie (vgl. exemplarisch BGH Urt. v. 20.12.2011 – VI ZR 261/10). Hiernach ist festzustellen, in welcher Sphäre der Betroffene durch die Berichterstattung betroffen ist. Zu unterscheiden ist, ob der Eingriff in die Intim-, die Privat-, die Sozial oder sogar die Öffentlichkeitssphäre erfolgte.
Kein Eingriff in die Intim- und Privatsphäre
Die Intimsphäre wäre beispielsweise betroffen, wenn die Bild-Zeitung rechtswidrig an sehr sensible Informationen aus einer privaten Facebook-Nachricht, beispielweise über den Gesundheitszustand eines Betroffenen, gelangt wäre und diese veröffentlicht hätte. Die Intimsphäre ist unantastbar und ein diesbezüglicher Eingriff stellt immer eine Rechtsverletzung dar, darüber hinaus führt er auch zu Geldentschädigungsansprüchen des Betroffenen. Aber auch ein Eingriff in die Privatsphäre würde im vorliegenden Fall eine Rechtsverletzung der Betroffenen darstellen. Die Privatsphäre wäre beispielsweise betroffen, wenn die Bild-Zeitung widerrechtlich erlangte Kommentare veröffentlichen würde, die der Betroffene ausschließlich innerhalb seines eingeschränkten Freundeskreises bei Facebook getätigt hat.
Voraussetzung einer unzulässigen Berichterstattung im Bereich der Sozialsphäre
Im vorliegenden Fall wurden die Kommentare aber öffentlich gepostet, d. h. für jedermann sichtbar, wobei gerade die technische und tatsächliche Möglichkeit bestand, den Rezipientenkreis so einzuschränken, dass der Kommentar auch privat hätte erfolgen können. Dadurch, dass diese Möglichkeit von den Betroffenen nicht wahrgenommen wurde, haben sie sich eigenständig in die Sozialsphäre begeben. Und in dieser Sozialsphäre sind sie nach den Vorgaben der Rechtsprechung sehr viel weniger schutzwürdig, weil die Sozialsphäre gerade der Bereich ist, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Insbesondere die Kundgabe der politischen Meinung wird regelmäßig zumindest der Sozialsphäre zugeordnet (vgl. BGH Urt. v. 20.12.2011 – VI ZR 261/10).
Eine in die Sozialsphäre eingreifende Berichterstattung ist immer nur dann unzulässig, wenn dem Betroffenen schwerwiegende Auswirkungen drohen, gegenüber welchen das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurückzutreten hat (vgl. BGH Urt. v. 20.12.2011 – VI ZR 261/10). Dieser Punkt ist in Bezug auf die Veröffentlichung des Bild-Prangers der spannendste. Die von der Bild-Zeitung gerade gewollte Prangerwirkung könnte beispielsweise dazu führen, dass ein Betroffener seine Arbeitsstelle verliert. Ob ein Betroffener durch die Veröffentlichung sozial ausgegrenzt wird, hängt letztlich von seinem sozialen Umfeld ab und wird vorliegend in den meisten Fällen wohl leider zu verneinen sein.
Weitere Abwägung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls
Zu Lasten der Bild-Zeitung ist an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass die Berichterstattung in gewohnt reißerischer Art und Weise und damit unsachlich erfolgt ist. Zu Lasten der Betroffenen ist hingegen zu bedenken, dass es sich nicht um eine rein unterhaltsame Berichterstattung handelt, sondern dass die Kommentare aktuell politisch höchst bedeutsame Vorgänge darstellen, die sowohl im historischen Kontext als auch in Bezug auf das allgemeine gesellschaftliche Interesse in Deutschland eine besondere Relevanz haben. Damit hat die Berichterstattung trotz ihrer Unsachlichkeit einen erheblichen Bezug zum demokratischen Prozess in Deutschland (BVerfG Beschl. v. 26.04.2001 – 1 BvR 758/97) und behandelt ein Thema, welches die Öffentlichkeit mit Rücksicht auf die für die Demokratie wichtige öffentliche Meinungsbildung wesentlich betrifft (vgl. BVerfG Beschl. v. 21.08.2006 – 1 BvR 2606/04).
Dass vorliegend keine schwerwiegenden Auswirkungen für die Betroffenen überwiegen dürften, liegt nach den Vorgaben der Rechtsprechung zudem an der Rolle und dem Verhalten der Betroffenen. Es ist vom Grundsatz auszugehen, dass es Sache des Betroffenen selbst ist, zu bestimmen, was seinen sozialen Geltungsanspruch in der Öffentlichkeit ausmachen soll. Anders ausgedrückt, haben die Betroffenen durch ihre nicht privaten Kommentare eigenständig dafür gesorgt, wie sie von ihrer Umwelt wahrgenommen werden.
Man spricht im Presserecht von der sogenannten Privatsphärenbegebung, d. h. die freiwillige Öffnung der Privatsphäre durch den Betroffenen. Wer sich in die Öffentlichkeit begibt, begibt sich damit nach den Vorgaben der Rechtsprechung regelmäßig seines Schutzes.
Dieses Ergebnis wird durch weitere abwägungsrelevante Kriterien gestützt. Auch die zuvor erfolgte intensive Berichterstattung anderer Medien über gleichgelagerte Kommentare bei Facebook spricht für das überwiegende Informationsinteresse der Öffentlichkeit (vgl. EGMR Urt. v. 07.02.21012 – 39954/08). Weiterhin handelt es sich bei den Kommentaren gerade nicht um wertneutrale Kommentare. In Abgrenzung zum anerkannten Opferschutz, der Betroffenen ein erhöhtes Maß an Schutz zuerkennt, muss derjenige, der durch sein Verhalten bewusst Anlass für eine kritische Berichterstattung gegeben hat, sich auch eine scharfe Kritik in einem übersteigerten Maß gefallen lassen. Diese Wertung entspricht in den Grundzügen auch dem sogenannten “Recht zum Gegenschlag”. Danach kann eine an sich persönlichkeitsrechtsverletzende Berichterstattung ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn sie sich als adäquate Reaktion auf ein bestimmtes Vorverhalten des Betroffenen darstellt (vgl. BVerfGE 24, 2789, 289).
All diese Kriterien führen in der Abwägung wohl letztlich zum Überwiegen der Informationsinteresses der Öffentlichkeit. Das gilt, wie eingangs festgestellt, sowohl für die Veröffentlichung der Fotos als auch in Bezug auf die Namensnennung. Sowohl das relevante allgemeine Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eigenen Bild als besonderes Persönlichkeitsrecht treten danach gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit sowie der Meinungsfreiheit zurück.
Abwägungsergebnis bei Annahme eines Eingriffs in die Öffentlichkeitssphäre
Geht man vorliegend aber sogar davon aus, dass die Öffentlichkeitssphäre betroffen ist, weil sich die Facebook-Nutzer mit ihren Kommentaren bei Facebook ganz gezielt der Öffentlichkeit zugewendet haben, um ihr Gedankengut zu verbreiten, wäre eine Persönlichkeitsrechtsverletzung sehr viel schneller zu verneinen. Ein in der Öffentlichkeitssphäre Betroffener verdient nach den Vorgaben der Rechtsprechung den schwächsten Schutz, das Persönlichkeitsrecht hat in diesen Fällen grundsätzlich zurückzutreten.
Ein anderes Ergebnis würde sich aber womöglich dann ergeben, wenn Minderjährige von der Berichterstattung betroffen wären. Minderjährigen und insbesondere Kindern wird nach den Vorgaben der Rechtsprechung ein verstärkter Persönlichkeitsschutz zugesprochen, weil eine unbelastete Persönlichkeitsentwicklung gewährleistet werden soll (BVerfG Beschl. v. 25.01.2012 – 1 BvR 2499/09). Die Abwägung würde in diesen Fällen wohl grundsätzlich zugunsten des Persönlichkeitsrechts der Minderjährigen ausfallen.
Andere Bewertung bei rechtswidriger Informationserlangung und gefälschten Facebook-Profilen
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zudem auch immer dann vorläge, wenn die Umstände der Informationsgewinnung durch die Bild-Zeitung rechtswidrig gewesen wären. Dies wäre unzweifelhaft der Fall, wenn die Bild-Zeitung die Kommentare erst durch Täuschung oder Manipulation erlangt hätte.
Die ebenfalls in der Diskussion immer wieder auftretende Frage, was denn wäre, wenn es sich um ein gefälschtes Profil handeln würde, betrifft wiederum einen gesondert zu behandelnden Fall. Ein solcher Identitätsklau stellt bereits für sich eine Persönlichkeitsverletzung dar und kann sogar strafrechtliche Konsequenzen auslösen. Ob die Bild-Zeitung dann mit der Veröffentlichung eines solchen gefälschten Profils ebenfalls die Rechte des Betroffenen verletzt, hängt im Einzelfall davon ab, ob sie die journalistische Sorgfaltspflicht eingehalten hat. Wenn im Einzelfall nicht zu erkennen ist, dass es sich um ein gefälschtes Profil gehandelt hat, stellt die entsprechende Berichterstattung zwar die Verbreitung einer unwahren Tatsache, nämlich dass der Betroffene den Kommentar bei Facebook getätigt hat, dar. Diese grundsätzlich unzulässige Berichterstattung kann aber nach dem Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB analog ausnahmsweise gerechtfertigt sein (BVerfG Beschl. v. 25.06.2009 – 1 BvR 134/03).
Nach den Vorgaben der Rechtsprechung kann sich ein Journalist immer dann auf eine Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen, wenn er irrtümlich von der Richtigkeit seiner Berichterstattung ausging, bei der Recherche und Veröffentlichung zudem die gebotene journalistische Sorgfalt gewahrt hat und zuletzt wiederum das öffentliche Informationsinteresse überwogen hätte, wenn die Berichterstattung denn wahr gewesen wäre (BGH Urt. v. 30.01.1996 – VI ZR 386/94). Damit läge zumindest dann eine unzulässige Berichterstattung vor, wenn unschwer zu erkennen gewesen wäre, dass das Profil gefälscht war.
Keine Rechtsverletzung, aber berechtigte Kritik
Ohne rechtswidrige Informationserlangung und ohne das Vorliegen eines Identitätsklaus bleibt es nach umfassender Prüfung der Umstände des Einzelfalls und entsprechendem Abwägungsergebnis dabei, dass der “Pranger der Schande” der Bild-Zeitung nicht die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt.
Das heißt im Umkehrschluss aber noch lange nicht, dass die Berichterstattung der Bild-Zeitung gutzuheißen ist. Jeder kann sich über die Methoden der Bild-Zeitung seine eigene Meinung bilden. Sicher ist diesbezüglich nur, dass die Bild-Zeitung es auch zukünftig nicht unterlassen wird, in der brisanten Flüchtlings-Diskussion Öl ins Feuer zu gießen, anstatt dieses zu löschen. (ha)
(Bild: © Romolo Tavani – Fotolia.com)