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LG München: Amazon darf Auszahlung von Händlerguthaben nach Accountsperrung nicht ohne Weiteres verweigern

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Foto von Kuncheek von Pexels

Einem aktuellen Urteil des Landgericht München zufolge darf der Online-Riese Amazon die Auszahlung von auf einem Händleraccount befindlichem Guthaben nach dessen Sperrung nicht ohne Weiteres verweigern.

Dies gilt auch dann, wenn der Account berechtigterweise gesperrt wurde.

Trotz Primetime der Pandemie und auf Amazon: Online-Marktplatz greift schnell zur Account-Sperre

Während dem durchschnittlichen Amazon-Nutzer die Plattform hauptsächlich zum Stöbern und Einkaufen dient, finden sich natürlich auch viele gewerbliche Händler hier ein, um umgekehrt ihre Ware verkaufen zu können. Gerade in Corona-Zeiten sind die Kaufleute vermehrt auf den Absatz via Internet angewiesen.

Allerdings geht Amazon im Falle von Vertragsverletzungen durch die Händler teils streng zu Werke. So auch im Falle eines Softwarehändlers, der primär Produkte von Microsoft unters Volk brachte. Bereits 2017 und 2018 war dessen Händleraccount vorübergehend gesperrt worden, bevor dieser 2019 vollständig eingefroren wurde. Als Grund nannte das virtuelle Kaufhaus das Anbieten von gefälschten Waren. Nachdem Amazon neben der Sperrung auch die Auszahlung von 22.000 Euro Verkaufsererlös von bereits durchgeführten Geschäften verweigerte, erhob der Betroffene Klage vor dem Münchner Landgericht.

Zurückbehalten mit Nichten, Guthaben ist zu entrichten!

Und das mit (zumindest teilweisem) Erfolg: Die Richter in Müchen kamen zu dem Ergebnis, dass die Sperrung zwar rechtens sei, nicht aber die Weigerung zur Auszahlung der 22.000 Euro. Diese mussten letztlich an den Händler entrichtet werden (LG München, Urteil v. 7.10.2020, Az. 17559/19). Seitens von Amazon war zur Rechtfertigung der Sperrung vorgetragen worden, dass Microsoft selbst Amazon darüber informiert hatte, dass über den Account gefälschte Software vertieben werde. So habe der Account auch eine Vielzahl entsprechend schlechter Bewertungen erhalten. Amazon sei rechtlich bereits aufgrund des Hinweises verpflichtet, den Account zu sperren. Dieser Argumentation schloss sich die Kammer hinsichtlich der Sperrung im Ergebnis an.

Davon klar zu trennen sei allerdings die verlangte Auszahlung der 22.000 Euro. Eine Ablehnung dieser könne – wenn überhaupt – mangels gesetzlicher Vorschriften, Gerichtsbeschlüssen oder sonstiger Anordnungen staatlicher Behörden allenfalls durch eine Verletzung der Nutzungsbedingungen von Amazon gerechtfertigt werden. Den AGB nach ist Amazon unter anderem in folgendenen Konstellationen zur Zurückbehaltung etwaiger Händlerguthaben im Falle der Accountsperrung berechtigt:

1.) Wenn der Händler Amazon einem finanziellen Risiko aussetzt;

2.) Der Händler die Bedingungen der Nutzungsvereinbarung verletzt hat;

3.) Amazon die Identität des Händlers nicht überprüfen kann;

4.) Eine Streitigkeit in Verbindung mit dem Händlerkonto oder einer damit in Verbindung stehenden Transaktion vorliegt;

5.) Dies zur Gewährleistung der Sicherheit der Systeme von Amazon notwendig ist. Eine Beschränkung ist auch unter diesen Voraussetzungen nur in in einer Höhe und Dauer dergestalt zulässig, als dass es für den Schutz von Amazon oder aber anderer Nutzer erforderlich erscheint.

Vorliegend sei aber, so die Richter, keine dieser Konstellationen gegeben, die eine Zurückbehaltung rechtfertigen könnte. Eine bloße Verletzung der AGB allein reiche nicht aus. So müsse ein billigenswerter Bedarf auf Seiten von Amazon an einer Zurückbehaltung bestehen. Das Geld stehe aber dem Grunde nach trotz der Umstände letztlich dem Händler zu.

Auch habe Amazon wegen der vermeintlichen Lizenzverletzungen des Händlers gegenüber Microsoft selbst keine finanziellen Risiken zu befürchten. So bestehe dem Softwarehersteller gegenüber keine Veranwortlichkeit, und damit auch keine Gefahr einer möglichen Haftung. Schließlich sei bei vernünftiger Betrachtung ein Zurückbehalten des Guthabens auch nicht zum Schutze anderer Nutzer auf Amazon geboten, da das Konto bereits 2019 final gesperrt worden war.

Fazit

Das Urteil aus München könnte durchaus weitreichende Folgen haben, und ist daher insbesondere aus Verkäufersicht zu begrüßen. Amazon ist – gerade in Pandemiezeiten – ohnehin durchaus ein zu rigoroser Umgang mit Händleraccounts vorzuwerfen. Wird den Werbenden neben der Sperrung auch noch die Auszahlung ihnen dem Grunde nach zustehenden Beträgen verwehrt, kann dies Konsequenzen bis hin zur Existenzbedrohung nach sich ziehen. Angesichts der Münchner Entscheidung könnte sich Amazon nun auch langfristig gezwungen sehen, seine Praxis der Zurückbehaltung von Guthaben grundlegend umzustellen.

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