UWG-Novelle: Neue Regeln für Online-Händler beim Widerruf seit dem 28.5.2022

Widerruf Online-Händler

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Für Händler, die Waren, Dienstleistungen oder digitale Inhalte im Internet anbieten, gelten seit dem 28. Mai 2022 neue Widerrufsregeln. Wir fassen für Sie die wichtigsten Änderungen beim Widerruf zusammen, die für Online-Marktplätze gelten.

Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten

Der neue § 356 Absatz 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sieht neue Fälle vor, in denen das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen über die Bereitstellung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten. Hier erlischt das Widerrufsrecht bei einem Vertrag, der den Verbraucher nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Ist hingegen ein Kaufpreis zu zahlen, erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer mit Zustimmung des Verbrauchers vor Ablauf der Widerrufsfrist erfüllt, der Verbraucher seine Kenntnis davon bestätigt hat und der Unternehmer dem Verbraucher eine Bestätigung gemäß § 312 f BGB zur Verfügung gestellt hat.

Widerrufsrecht bei Dienstleistungen

Nach dem neuen § 356 Absatz 4 BGB erlischt das Widerrufsrecht bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen jetzt in vier neuen Fällen: Im ersten Fall erlischt das Widerrufsrecht bei einem Vertrag, der den Verbraucher nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn der Unternehmer die Dienstleistung – so der Gesetzeswortlaut – „vollständig erbracht“ hat.
Im zweiten Fall, wenn ein Preis zu zahlen ist, erlischt das Widerrufsrecht, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Der Verbraucher muss erstens vor Beginn der Erbringung der Dienstleistung ausdrücklich zugestimmt haben, dass der Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Zweitens muss er bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag seine Zustimmung dazu auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt haben. Drittens muss der Verbraucher seine Kenntnis davon bestätigt haben, dass sein Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer erlischt.

Reparaturarbeiten am Ort des Verbrauchers

Im vierten Fall erlischt das Widerrufsrecht bei einem Vertrag, bei dem der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um Reparaturarbeiten auszuführen, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung. Voraussetzung dafür ist, dass der Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Wird der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen, muss der Verbraucher auch hier seine Zustimmung dazu auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt haben.

Finanzdienstleistungen

Schließlich erlischt das Widerrufsrecht bei einem Vertrag über die Erbringung von Finanzdienstleistungen, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt.

Widerrufsbelehrung und -formular

Neu ist, dass in der Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer angegeben werden muss. Im (Muster)-Widerrufsformular ist für einen Shop bei Fernabsatzverträgen die Angabe einer Faxnummer nicht mehr zwingend notwendig.

Informationspflichten im Fernabsatz

Die Informationspflichten in Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) haben sich geändert. Die Pflicht, seine Telefonnummer und seine E-Mail-Adresse anzugeben, hat jetzt eine eigene Nummer innerhalb des dortigen Katalogs. Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EGBGB muss der Unternehmer jetzt „seine Telefonnummer, seine E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls andere von ihm zur Verfügung gestellte Online-Kommunikationsmittel, sofern diese gewährleisten, dass der Verbraucher seine Korrespondenz mit dem Unternehmer, einschließlich deren Datums und deren Uhrzeit, auf einem dauerhaften Datenträger speichern kann“, zur Verfügung stellen. Dies gilt für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen.

Neuer Geldbußentatbestand

Es wurde ein neuer Art. 246e EGBGB („Verbotene Verletzung von Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen“) eingefügt.
Nach Art. 246e § 1 Abs. 1 ist die Verletzung von Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen, bei der es sich um einen weitverbreiteten Verstoß gemäß Artikel 3 Nummer 3 oder einen weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension gemäß Artikel 3 Nummer 4 der EU-Verordnung 2017/2394 handelt, verboten.
Art. 246e § 1 Abs. 2 EGBGB listet Fälle auf, in denen eine Verletzung von Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen im Sinne von Absatz 1 vorliegt. Verbraucherinteressen verletzt ein Unternehmen zum Beispiel, wenn ein Widerruf nicht nach § 356 Abs. 1 Satz 2 BGB bestätigt wird. Ebenso, wenn nach einem wirksamen Widerruf Inhalte nach § 327p Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 357 Abs. 8 BGB nicht bereitstellt werden oder eine empfangene Leistung dem Verbraucher nicht zurückgewährt wird.

Anwendung von nationalem EU-Recht

Art. 246e § 1 Abs. 3 EGBGB sieht vor, dass eine Verletzung von Verbraucherinteressen auch vorliegt, wenn auf den Verbrauchervertrag das nationale Recht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union anwendbar ist, welches eine Vorschrift enthält, die der jeweiligen in Absatz 2 genannten Vorschrift entspricht.

Nach Art. 246e § 2 Abs. 1 EGBGB handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig Verbraucherinteressen nach § 1 Absatz 2 oder 3 verletzt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. Bei Unternehmen, die im Land des Verstoßes im letzten Jahr mehr als 1,25 Millionen Jahresumsatz erzielt haben, kann eine höhere Geldbuße verhängt werden.

Wer einen Online-Shop betreibt, muss nun unter Umständen seine Widerrufsbelehrung und sein Widerrufsformular an die neue Rechtslage anpassen und so gestalten, dass den neuen Widerrufsregeln und Informationspflichten Rechnung getragen ist. Ansonsten drohen nicht nur Abmahnungen, sondern auch Bußgelder.

Die Neuregelungen beim Verbraucherschutz zum 28. Mai 2022 betreffen vor allem neue Informationspflichten für Online-Händler. Die umfassenden Neuregelungen in diesem Bereich haben wir in dem Text Verbraucherschutz: Neue Informationspflichten für Online-Händler für Sie zusammengefasst.
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