Mit einer Abmahnung will man in der Regel die Unterlassung eines Verhaltens bewirken, weil man der Ansicht ist, dass dieses Verhalten gegen geltendes Recht verstößt.
Die abgemahnte Person oder Institution muss ihrerseits genau nachvollziehen können, aus welchen Gründen das gerügte Verhalten rechtswidrig sein soll.
Wird die Forderung auf einen falschen Streitgegenstand gestützt (hier Gesetz statt Vertrag), dann dringt die Abmahnung zwar im Ergebnis evtl. durch, es geht jedoch der Anspruch auf Begleichung der Abmahnkosten verloren.
Rüge richtig, Norm falsch
Einen solchen Fall gab es unlängst vor dem LG Berlin (LG Berlin, Urteil vom 1.9.2022, Az.: 52 O 117/22). Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte einen Energieanbieter wegen erhöhter Abschlagszahlungen abgemahnt. Gerügt wurde, dass die Erhöhung der Abschlagszahlungen gegen § 41 b Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verstießen. Der Energieanbieter reagierte nicht, es kam zur Unterlassungsklage. Das LG Berlin bejahte zwar die Wettbewerbswidrigkeit der Forderung erhöhter Abschlagszahlungen, aber nicht aufgrund von § 41 b EnWG, sondern wegen der AGB des Energieanbieters.
Unterlassungsklage erfolgreich, aber kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten
Das bedeutet: Im Ergebnis wurde der Unterlassungsklage der Verbraucherschützer stattgegeben. Da jedoch die Begründung in der Abmahnung fehlerhaft war (soweit auf das EnWG rekurriert wurde und nicht auf die AGB), entsprach die Abmahnung nicht den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG, in dem geregelt ist, dass die Benennung der „Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände“ (also insbesondere der rechtlichen Gründe für den Wettbewerbsverstoß) in der Abmahnung „klar und verständlich“ zu erfolgen hat. Und richtig müssen die Angaben auch noch sein. Folglich wurde die Klage auf Erstattung der Abmahnkosten abgewiesen.
Formalia genau prüfen
Bevor man also eine Abmahnung verschickt, sollte man nicht nur genau prüfen, ob sie in der Sache Erfolg haben wird, sondern auch, ob alle Formalia eingehalten wurden, die Voraussetzung für einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten sind. Die maßgebliche Checkliste findet man in § 13 Abs. 2 UWG.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.