Unverändert blieb, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht, bei
„Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind“
Eine Anfertigung nach Kundenspezifikation liegt grundsätzlich vor, wenn die Angaben des Verbrauchers, nach denen die Ware angefertigt wird, die Sache so individualisieren, dass diese für den Unternehmer im Falle ihrer Rücknahme wirtschaftlich wertlos ist, weil er sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder allenfalls noch unter erhöhten Schwierigkeiten und mit erheblichem Preisnachlass absetzen kann.
Als unbestimmter Rechtsbegriff ist eine pauschale Bewertung, wann eine Kundenspezifikation im Sinne des § 312 g Abs. 2 Nr. 1 (§ 312 d Abs. 4 Nr. 1 a.F.), nicht möglich. Ob die Voraussetzungen für den Ausschluss des Widerrufsrechts vorliegen, ist im Einzelfall nach den jeweiligen Umständen zu prüfen.
In dem Fall, über den das Amtsgericht Siegburg mit Urteil vom 25.09.2014 – 115 C 10/14 entschieden hat, hatte die Kundin bei Bestellung der die Auswahl unter 50 verschiedenen Stoffbezügen. Außerdem war ihr die Entscheidung überlassen, ob die Lehne links oder rechtsseitig angebracht werde. Damit standen ihr 100 verschiedenen Kompositionsmöglichkeiten zur Verfügung, nach denen sie die Ware auswählen und von der Beklagten herstellen lassen konnte.
Angesichts dieser Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten war die Ware nach Auffassung des Gerichts so individualisiert und äußerlich gestaltet, dass die Voraussetzung einer Anfertigung der Ware nach „Kundenspezifikation” erfüllt sei.
Zwar sei der Ausschlusstatbestand einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine Rücknahme der Ware für den Unternehmer unzumutbar sein müsse. Jedoch sei auch diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt.
Das Gericht führte insoweit aus:
„Unzumutbarkeit im vorgenannten Sinne setzt zum einen voraus, dass die vom Kunden veranlasste Anfertigung der Ware nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden kann (BGH, Urteil vom 19. März 2003 -VIII ZR 295/01). […] Des Weiteren setzt eine Unzumutbarkeit der Rücknahme voraus, dass die Ware in diesem Fall für den Unternehmer wirtschaftlich wertlos ist, weil er sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten Gestalt anderweitig nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten oder Preisnachlässen absetzen kann (BGH, Urteil vom 19. März 2003 – VIII ZR 295/01). Auch diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. […] Der Ausschlusstatbestand des § 312 d Abs. 4 Ziff. 1 BGB ist auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Anfertigung nach Kundenspezifikation bzw. der persönliche Zuschnitt für den Käufer nicht erkennbar gewesen wäre. Denn die Beklagte weist die Kunden bereits auf ihrer Internetseite darauf hin, dass die Artikel speziell gefertigt würden.“
Der Unternehmer kann selbstverständlich nicht allein subjektiv durch etwaige Hinweise bestimmen, wann eine Kundenspezifikation im Sinne des § 312 g Abs. 2 S. 1 BGB vorliegt. Denn er darf die Ausübung des Widerrufsrechts nicht unnötig verhindern. Das ist etwa der Fall, wenn dem Verbraucher ganz unbedeutende Wahlmöglichkeiten oder leere Hinweise auf bestellergerechte Anfertigung („nach Ihren Wünschen handgefertigt“) gegeben werden, und ebenso wenig bei einer unnötigen Kennzeichnung von Waren mit dem Namen des Bestellers („Ihr ganz persönliches Exemplar“), die vom Vertragszweck nicht geboten wird.
Hat der Kunde jedoch echte Wahlmöglichkeiten, so sollte einerseits im Rahmen der Artikelbeschreibung auf die individuelle Anfertigung und andererseits im Rahmen der Widerrufsbelehrung auf den Ausschlussgrund ausdrücklich hingewiesen werden. (th)
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