Bewertungen sind relevant, wenn es um Kaufentscheidungen geht. In umkämpften Märkten gibt es ein bizarres Bewertungsbusiness, das für die nötigen Sternchen und Punkte sorgt. Im Klartext: Die Anbieter geben Bewertungen in Auftrag oder sorgen selbst dafür, dass diese abgegeben werden.
Bewertung gegen Gutschein
So bat ein Bauträger seine Kundschaft per E-Mail um eine Bewertung auf Google und versprach dafür einen 50-Euro-Gutschein für wahlweise Online-Händler oder Baumärkte. Die Wettbewerbszentrale klagte gegen diese Art der „Bewertungsmotivation“ und bekam Recht. Das LG Hildesheim urteilte, dass bezahlte Bewertungen ohne entsprechenden Hinweis wettbewerbsrechtlich unlauter sind (LG Hildesheim, Beschluss vom 28.12.2021, Az.: 11 O 12/21).
Screeshot als Ergebenheitsbeweis?
Das Problem dabei: Der „Auftraggeber“ verlangte einen Screeshot der Google-Bewertung. Als Beleg, dass überhaupt eine Bewertung erfolgt ist – oder zur inhaltlichen Kontrolle der Bewertung bei Gefährdung der ausgelobten Belohnung? Als Kunde muss man wohl auch mit letzterem rechnen, so das LG Hildesheim, das feststellte, unter den gegebenen Bedingungen könnten die Kunden geneigt sein, „eher positive als negative Bewertungen über die Beklagte abgeben, um sicher in den Genuss des Gutscheins zu kommen“.
Zwei Probleme
In der Folge entstehen zwei rechtliche Probleme: Zum einen ist es nicht zulässig, eine derart zustande gekommene Bewertung für die werbende Selbstdarstellung im Internet zu nutzen, ohne auf die Bedingungen des Zustandekommens hinzuweisen, also auf die Bezahlung per Gutschein. Zum anderen ist bereits der Versand solcher „Motivations-E-Mails“ wettbewerbswidrig. Zumindest, wenn es nach dem LG Hildesheim geht; dessen Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.