AdWords-Sperre: Schlappe für Google vor OLG Hamburg

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Wird in einem kartellrechtlichen Eilverfahren eine auf Befriedigung des Beseitigungsanspruchs gerichtete Verfügung begehrt, setzt der Verfügungsgrund keine existenzielle Notlage des antragstellenden Unternehmens voraus. Das hat das OLG Hamburg entschieden (OLG Hamburg, Urteil vom 31.08.2023, Az. 15 U 18/23 Kart). Der wettbewerbsrechtliche Fall dreht sich um die Anwendung der Nutzungsbedingungen von Google Adwords.

Es ist nach Ansicht des 15. Zivilsenats des Hanseatischen OLG vielmehr ausreichend, dass der Antragsteller so dringend auf die Erfüllung des Anspruchs angewiesen ist, dass ihm ein Verweis auf späteren Schadensersatz nicht zumutbar ist und der aus der Nichterfüllung drohende Schaden außer Verhältnis zu demjenigen Schaden steht, der dem Antragsgegner im Falle einer sofortigen Erfüllung droht.

Interessenabwägung im Einzelfall

Dabei sind alle in Rede stehenden Interessen miteinander abzuwägen unter Einbeziehung der Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags. Je nach Einzelfall können auch erhebliche Umsatzverluste und damit entfallende Wachstumschancen einen Verfügungsgrund begründen. In einem solchen Fall ist es nicht notwendig, dass der Anspruchsinhaber Gewinnausfälle vorträgt. Das Hanseatische OLG verweist hier in seinem Urteil darauf, dass das Oberlandesgerichts Düsseldorf dies im Fall eines Internet-Start-Ups bejahte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.12.2001, Az. U (Kart) 34/01).

Der Verfügungsgrund in einem einstweiligen Verfügungsverfahren entfällt auch nicht deswegen, weil der Antragsteller nicht innerhalb einer gewissen Frist ein entsprechendes Hauptsacheverfahren anhängig macht, urteilte das Hanseatische OLG entgegen dem Tenor zweier weiterer Urteile des OLG Düsseldorf (Urteil vom 14.11.2018, Az. VI-U (Kart) 7/18, Urteil vom 07.09.2020, Az. VI-U (Kart) 4/20).

Wettbewerbsrechtliches Verfahren um Kontosperrung nach Werbung für e-Vignetten

In dem Verfahren ging es um die Nutzungsbedingungen von Google Adwords, wonach Google die Teilnahme des Kunden an den Programmen jederzeit aussetzen konnte, z. B. im Falle von Zahlungsproblemen – das LHR Magazin berichtete. Google Adwords hatte einem Kunden unter Berufung auf eine Adwords-Richtlinie das Konto gesperrt, weil der Kunde Werbung im Zusammenhang mit der Vermittlung ausländischer digitaler Straßenmautvignetten, sogenannter e-Vignetten, gemacht hatte.

Hanseatisches OLG: Unbillige Behinderung durch Google Adwords

Das Hanseatische OLG bejahte hier eine unbillige Behinderung und ungerechtfertigte Ungleichbehandlung durch Google Adwords im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Das Unternehmen habe seine Richtlinie, die Werbung für die Unterstützung bei der Beantragung oder Bezahlung hoheitlicher Dienstleistungen untersagt, wenn diese Dienstleistungen auch direkt bei einer staatlichen oder staatlich beauftragten Stelle erhältlich sind, „nicht diskriminierungsfrei“ umgesetzt.

Der Senat entschied ferner, dass eine unbillige Behinderung im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 GWB auch in einem vertikalen Wettbewerbsverhältnis anzunehmen sein kann und dass im konkreten Fall ein solches vorliegt.

Rangverhältnis notwendig bei mehreren Anspruchsgrundlagen

Der Senat des OLG Hamburg sieht in seinem Urteil zwei unterschiedliche Streitgegenstände, wenn eine Beseitigung und eine Unterlassung einer Behinderung zum Marktzutritt einerseits auf einen vertraglichen Schadensersatzanspruch nach § 249 Bürgerliches Gesetzbuch und andererseits auf die kartellrechtliche Anspruchsgrundlage des § 33 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 GWB gestützt wird. Der Anspruchsteller müsse in einem solchen Fall ein Rangverhältnis vorgeben, um dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 Zivilprozessordnung zu genügen, so das Urteil. Allerdings kann es sich kostenrechtlich dennoch um denselben Gegenstand im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 Gerichtskostengesetz handeln.

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