Bezeichnung „Focus Kapseln“ für Nahrungsergänzungsmittel ist wettbewerbswidrige Heilmittelwerbung
Die Bezeichnung „Focus Kapseln“, als auch ihre Produktbeschreibung erwecke in Zusammenhang mit der konkreten Gestaltung der Internetseite den Eindruck, dass das Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich in der Lage ist, die geistigen Fähigkeiten zu verbessern und die Konzentration zu steigern. Dabei handelt es sich um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe, wie das Landgericht Berlin entschied (LG Berlin, Urteil vom 13.7.2023, Az. 52 O 408/22).
Klage des Bundesverbands für Verbraucherzentralen
Das Landgericht Berlin hatte in vorliegender Sache über eine Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände zu entscheiden. Der Verband ging gegen die Betreiberin einer Internetseite vor, die dort mit einer konzentrationssteigernden Wirkung der sogenannten „Focus Kapseln“ warb.
Laut dem Verband seien die beanstandeten Aussagen auf der Internetseite unzulässig, weil sie gegen Vorschriften der Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (HCVO) verstoßen und damit nach den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerbs (UWG) unlauter sind.
Verbot gesundheitsbezogener Angaben
Maßgeblich für die Unterscheidung, ob die Aussagen auf der Internetseite gegen die HCVO verstoßen ist, ob es sich bei der Bezeichnung um verbotene gesundheitsbezogene Angaben i.S.d. Art. 10 Abs. 1 HCVO handelt oder um einen Verweis auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffs oder Lebensmittels i.S.d. Art. 10 Abs. 3 HCVO. Gesundheitsbezogene Angaben sind Angaben, mit denen suggeriert wird, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit besteht.
Die Unterscheidung kann jedoch dahinstehen, wenn die Aussagen nach beiden Varianten verboten sind. Laut dem Landgericht Berlin stehen die Aussagen nämlich in keinem Fall mit den in Art. 10 HCVO enthaltenen Vorgaben in Einklang.
Begriff „Focus Kapseln“ ist bereits unzulässig
Das Landgerichts entschied, dass die von der Beklagten angesprochenen Verkehrskreise bereits die Worte „Focus Kapseln“ so verstehen, dass mit der Einnahme des Produkts tatsächlich Vorteile für die Gesundheit einhergehen.
Die angesprochenen Verkehrskreise gelangen nicht unmittelbar auf die Produktseite, sondern werden regelmäßig über die Eingangsseite zu dem Produkt navigiert. Dort werde in Zusammenhang mit der Gestaltung der Eingangsseite der Eindruck vermittelt, dass das Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich der Förderung der Konzentration dient.
Dies sei insbesondere durch die Darstellung der Worte „Focus Kapseln“ in Großbuchstaben und der Zufügung des Begriffs „Konzentration“ so zu beurteilen. Der Eindruck verstärke sich durch die Angabe bestimmter Inhaltsstoffe und dem Vertrieb unter der Dachmarke „Braineffect“. Beim Scrollen durch die Seite werden die Worte „Focus Kapseln“ wiederholt als Bezeichnung des Produkts aufgegriffen und in Verbindung mit einer stets sichtbaren Produktverpackung abgebildet. Diese Gestaltung suggeriere, dass das Nahrungsergänzungsmittel der Beklagten in nicht erläuterter Weise bei der Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit hilft.
Unzulässige Produktbeschreibung
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände rügte außerdem die Produktbeschreibung der Focus Kapseln. Speziell ging es um die folgenden zwei Aussagen der Beklagten:
„Ob im Homeoffice, bei deinem Herzensprojekt oder einem entscheidenden Moment im Familienalltag: überall ist Focus gefragt. Doch manchmal fällt es einfach schwer, sich zu konzentrieren. Deshalb haben wir FOCUS KAPSELN entwickelt. Dank ihrer innovativen Power-Formel ohne Koffein; dafür mit Vitamin B5, kannst Du jetzt jederzeit zur Höchstform auflaufen.“
„Um die geistige Leistung ohne Koffein aufrechtzuerhalten, bedarf es einer feinjustierten Zusammensetzung an Inhaltsstoffen. Deshalb beinhaltet unsere Formel Vitamin B5 und B12. Zudem haben wir eine Reihe pflanzlicher Inhaltsstoffe wie Ginkgo und Brahms zugesetzt.“
Mithilfe der beiden Aussagen wurden unter der Überschrift „Innovative Formel für mentale Power“ Angaben zum Produkt gemacht. In diesem Zusammenhang verstehen das die angesprochenen Verkehrskreise laut dem Landgericht Berlin so, dass das Produkt trotz des Fehlens von Koffein und dank des enthaltenen Vitamin B5 und B12 dabei hilft, die geistige Leistung aufrechtzuerhalten und sich zu konzentrieren.
Verstoß gegen Art. 10 HCVO
Sowohl bei einer Einordnung als gesundheitsbezogene Aussage i.S.d. Art. 10 Abs. 1 HCVO, als auch bei einer Einordnung als Verweis auf nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffs oder Lebensmittel i.S.d. Art. 10 Abs. 3 HCVO liegen die Voraussetzungen für eine zulässige Angabe nicht vor.
Folglich verstoßen die Aussagen auf der Internetseite der Beklagten gegen Art. 10 HCVO und sind somit unlauter.