Bio, öko, hautfreundlich – Wenn Desinfektionsmittel in die Irre führen

ökologisches Desinfektionsmittel irreführend

SKatzenberger – stock.adobe.com

In Zeiten einer infektionsbedingten Pandemie stehen Desinfektionsmittel hoch im Kurs. Der Charme eines solchen Produkts hat trotz erwiesener Nützlichkeit für Hygiene und Gesundheit seine Grenzen.

Zudem gleichen sich die Produkte verschiedener Anbieter in den Augen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Vermarktungsstrategen müssen also einen Mehrwert anbieten.

Da kommen Attribute wie „bio“, „ökologisch“ oder „hautfreundlich“ gerade recht.

Gesundheits- und Umweltbezug irreführend

Der Haken an der Sache: Es handelt sich bei Desinfektionsmitteln um irreführende Zuschreibungen, eine Werbung damit ist wettbewerbswidrig. Das hat das Landgericht Karlsruhe entschieden (LG Karlsruhe, Urteil v. 25.3.2021, Az.: 14 O 61/20 KfH). Die Richter urteilten, dass der in einer Desinfektionsmittelwerbung enthaltene Gesundheits- und Umweltbezug irreführend sei, d.h. es bestehe im besonders hohen Maße die Gefahr, dass bei Verbraucherinnen und Verbrauchern falsche Vorstellungen von der Beschaffenheit des Produkt hervorgerufen und sie dadurch in ihrer Kaufentscheidung beeinflusst werden.

Neutral ist nicht freundlich

Eine Drogeriemarktkette bot ein Desinfektionsmittel an, auf dessen Etikett es hieß: „ökologisches Universal-Breitband-Desinfektionsmittel“, „hautfreundlich“ und „Bio“. Eben gerade letzteres Attribut – in heutiger Zeit eine schier unerlässliche Produkteigenschaft – führe zu der irrigen Annahme, das Mittel sei nicht nur für die Haut unschädlich, führe also in der Regel nicht zu unerwünschten Nebenwirkungen, sondern pflegend, gewissermaßen: gesund. Das sei aber de facto nicht der Fall; „hautneutral“ hätte die Sache auf den Punkt gebracht, so die Richter, „hautfreundlich“ sei zu viel des Guten.

„Ökologisch“ bei Desinfektionsmitteln widersinnig

Noch abwegiger sei die Zuschreibung „ökologisch“. Die Verbraucherin bzw. der Verbraucher erwarte unter einem solchen Label zum einen ein natürliches, keine chemischen Substanzen enthaltendes Produkt, das zum anderen umweltfreundlich abbaubar ist. Beides sei aber nicht gegeben, letzteres widerspreche, so die Richter, unmittelbar dem Sinn und Zweck eines Desinfektionsmittels, nämlich: Mikroorganismen abzutöten. Damit ist die Werbebotschaft nicht nur irreführend und wettbewerbswidrig, sondern wird zum peinlichen Eigentor.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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