Kryptowährung: Gewinne aus der Veräußerung müssen versteuert werden

„Bitcoin“ ist mittlerweile ein Begriff, den jeder im Zusammenhang mit Kryptowährungen schon einmal gehört hat. Sie gelten für Investoren als lukrative Alternative zu Anleihen und Aktien. Der Prozess ist dennoch ähnlich.

So ist auch beim Versteuern von Erlösen im Zusammenhang mit Kryptowährungen auf das ein oder andere zu achten. Denn, ja – Gewinne, die im Zusammenhang mit Kryptowährungen erzielt werden, können laut Einschätzung des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) als Einkünfte gewertet werden.

Handel mit Kryptowährungen

Der Kläger erklärte in seiner Einkommenssteuererklärung für 2017 Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen. Den Handel betrieb sein Sohn treuhänderisch für ihn, wobei der Kläger sich mit einer Geldzahlung am Portfolio des Sohnes beteiligt hat. Der Sohn handelte ebenso treuhänderisch für seine Mutter und in seinem eigenen Namen – Eltern und Sohn waren sich über die jeweiligen Beteiligungsquoten an dem Gesamtdepot einig. Zunächst kaufte der Sohn mit US-Dollar die Kryptowährung Bitcoin. Mit Teilen der Bitcoin-Bestände handelte er direkt, andere nutzte er zu Erwerb weiterer Kryptowährungen. Hierzu war er bei sechs internetbasierten Handelsplattformen angemeldet. Er erwarb und veräußerte Kryptowährungen innerhalb eines Jahres. Die Gewinne berücksichtigte der Beklagte als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein.

Sind Kryptowerte ein „anderes Wirtschaftsgut“?

Nach dem Gesetz sind steuerpflichtige „private Veräußerungsgeschäfte“ Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Während der Kläger der Auffassung ist, es liege kein „anderes Wirtschaftsgut“ und damit kein Veräußerungsgeschäft vor, ist das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.06.2021, Az. 5 K 1996/19) zu einer anderen Ansicht gelangt und wies die Klage ab.

Die Gewinne des Klägers seien sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Kryptowährungen seien immaterielle Wirtschaftsgüter und der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsgutes sei weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Die Richter stellen insoweit klar, der Begriff des Wirtschaftsguts umfasse sämtliche vermögenswerten Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt, die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind und der Erwerber des gesamten Betriebs in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde. Die selbständige Bewertung meint, dass ein Erwerber des gesamten Betriebes in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtpreises ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde. Aus diesen Gründen habe der Kläger in jedem fall beim Erwerb der Kryptowährungen einen vermögenswerten Vorteil erlangt, so das Gericht.

Erlangung eines vermögenswerten Vorteils

Der Kläger habe einen vermögenswerten Vorteil erlangt, denn im Blockchain (verteilte, öffentliche Datenbank, um Geldtransaktionen zu verwalten) der Kryptowährung werde dem Kläger verbindlich ein Anteil an der Währung zugerechnet. Natürlich stehe dem Inhaber des öffentlichen („public key“) und des privaten Schlüssels („private key“) der Anteil zu und sei mit der Chance auf Wertsteigerung sowie dem Einsatz als Zahlungsmittel verbunden. Außerdem sei die Kryptowährung einer gesonderten Bewertung zugänglich, wobei deren Wert anhand von Angebot und Nachfrage ermittelt werde. Und weiter steht fest, dass der Kläger aus Kurssteigerungen Gewinne erzielt habe. Das auch, weil Kryptowährungen übertragbar seien. Das zeige schon deren Handel an speziellen (Internet-)Börsen. Hinzukommt, dass die technischen Details der Kryptowährungen für die rechtliche Bewertung des Wirtschaftsguts nicht entscheidend seien, so die Richter. Daher erwiderte das Finanzamt auf die umfangreichen technischen Ausführungen des Steuerpflichtigen unter Verweis auf die im einstweiligen Rechtsschutz ergangene Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg, wonach es sich bei Bitcoin und andere Kryptowährungen um ein immaterielles Wirtschaftsgut handeln soll.

Mit der Aussage, dass es für die rechtliche Bewertung als Wirtschaftsgut nicht entscheidend auf die technischen Details ankomme, macht sich das Finanzgericht die Argumentation des Bundesministeriums für Finanzen aus der virtuellen Anhörung zum Entwurf des BMF-Schreibens „was so viel kostet, ist auch ein Wirtschaftsgut“ zu eigen.

Kein strukturelles Vollzugsdefizit

Außerdem berief der Steuerpflichtige sich auf ein strukturelles Vollzugsdefizit, weil die Besteuerung der Veräußerungsgewinne allein von der Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen abhänge. Es gebe weder Mitteilungspflichten der Transaktionsbeteiligten noch Dokumentations- oder Auskunftspflichten der Exchanges.

Auch ist das Finanzgericht Baden-Württemberg der Auffassung, dass ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht vorliege, auch wenn sich die meisten Handelsplattformen für Kryptowährungen im Ausland befänden. Dazu führen die Richter aus, bei Sachverhalten mit Auslandbezug sei die Finanzverwaltung grundsätzlich auf eine erhöhte Mitwirkung der Steuerpflichtigen angewiesen. Und auch wenn sich private Veräußerungsgeschäfte mit Kryptowährungen, die es im Streitjahr erst seit acht Jahren gebe, nur schwer aufdecken ließen, reiche dies für sich alleine noch nicht zur Begründung eines strukturellen Vollzugsdefizits aus. Der Gesetzgeber könne nicht auf jede (technische) Neuerung sofort regulatorisch reagieren.

Schlussendlich führe die Bindung der Verwaltung an den verfassungsrechtlich verankerten Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes selbst bei einem strukturellen Vollzugsdefizit dazu, § 23 Einkommenssteuergesetz (EStG) solange anzuwenden, bis das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe, dass die Norm nichtig sei.

Grundsätzliche Bedeutung für die Krypto-Besteuerung

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung dieser Fragen und der einer mangelnden höchstrichterlichen Entscheidung, wurde die Revision zugelassen. Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig.

Jedenfalls sollten Steuerpflichtige, die Einkünfte aus der Veräußerung von Kryptowerten erzielt haben, das weitere Verfahren im Blick behalten und eventuell die Einkommenssteuererklärung nochmal überarbeiten.

Exit mobile version