LG Bochum erlässt einstweilige Verfügung wegen Verstoßes gegen die Informationspflichten nach der ODR-Verordnung
Wie wir kürzlich berichtet haben, müssen die Online-Händler ab dem 09.01.2016 eine weitere Informationspflicht beachten und nach Art. 14 Abs. 1 der ODR-Verordnung (EU) Nr. 524/2013 die Verbraucher über die Möglichkeit der Durchführung des auf der EU-Ebene neu geschaffenen Streitbeilegungsverfahrens informieren (sog. „OS-Verfahren“).
Hierzu muss auf der Webseite ein Link zur insoweit vorgesehenen Plattform eingebettet werden. Dieser Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein. Zudem muss der Unternehmer seine E-Mail-Adressen angeben. Sofern im Einzelfall Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet werden, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 der ODR-Verordnung die Informationen über das OS-Verfahren auch in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen.
Gleichzeitig haben wir die naheliegende Frage aufgeworfen, ob die Einhaltung der neuen Informationspflicht mittels des Wettbewerbsrechts sichergestellt werden kann und – damit einhergehend – eine neue Grundlage für entsprechende Abmahnungen der Konkurrenz bieten wird.
LG Bochum erlässt einstweilige Verfügung…
Die Antwort auf diese Frage ließ sich nicht lange warten. Genau einen Monat hat es gedauert, bis das Landgericht Bochum offenbar die erste einstweilige Verfügung wegen Verstoßes gegen die besagte Informationspflicht erlassen hat (Beschluss v. 09.02.2016, Az. I-14 O 21/16). Weiterführende Einzelheiten zum dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt sind derzeit noch nicht bekannt.
… obwohl OS-Plattform noch nicht verfügbar war
Insbesondere ist unklar, ob das Gericht in seine Wertung den – unseres Erachtens gewichtigen – Aspekt hat mit einfließen lassen, dass die OS-Plattform, der Hinweis auf welche der in Anspruch genommene Online-Händler den Verbrauchern vorenthalten hat, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung und – soweit der Rechtsverstoß auch außergerichtlich geltend gemacht wurde – erst recht zum Zeitpunkt der Abmahnung noch gar nicht verfügbar war. Den Verbrauchern war es also schon rein faktisch nicht möglich, selbst beim Vorhandensein der geforderten Hinweise auf das betreffende Online-Streitbeilegungsverfahren zurückzugreifen.
Die rechtliche Bedeutung der bekannt gewordenen Entscheidung des Landgerichts Bochum kann damit derzeit noch richtig eingeschätzt werden. Hinterfragt werden muss der genaue Sachverhalt beziehungsweise Vortrag der Parteien und auch der Umstand, ob die einstweilige Verfügung auch nach einer sich möglicherweise anschließenden zweitinstanzlichen Überprüfung noch Bestand haben wird.
Das Risiko einer rechtlichen Inanspruchnahme – mit einem Medienberichten zufolge durchaus erheblichen Streitwert von 10.000,00 Euro – hat sich aber erst einmal bestätigt, so dass wir unseren Ratschlag nur wiederholen können, die Informationspflichten gemäß der ODR-Verordnung ernst zu nehmen und – soweit noch nicht geschehen – möglichst zeitnah umzusetzen.
UPDATE: Der Link muss “klickbar” sein – bereits zahlreiche Abmahnungen und gerichtliche Entscheidungen
Wie so häufig, führte auch diese gesetzliche Neuerung zu vermehrten Abmahnungen, da viele Händler es versäument hatten, ihre Angebote rechtzeitig umzustellen. Tatsächlich geht die Mehrzahl der bisher dazu angerufenen Gerichte – wohl zu Recht – davon aus, dass es sich bei der Versäumung der Bereitstellung des Links um einen “abmahnbaren” Wettbewerbsverstoß handelt:
- LG Bochum, Urteil v. 31.3.2016, Az. 14 O 21/16 (wir berichteten hier)
- LG Mainz, Beschluss v. 1.4.2016, Az. 11 HK O 18/16
- LG Dortmund, Beschluss v. 28.4.2016, Az. 13 O 35/16
- LG Hamburg, Beschluss v. 7.6.2016, Az. 315 O 189/16
- OLG München, Urteil v. 22.9.2016, Az. 29 U 2498/16
- LG Frankfurt, Beschluss v. 13.3.2017, Az. 3-10 O 34/17
- OLG Hamm, Hinweisbeschluss v. 3.8.2017, 4 U 50/17
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