Nein heißt Nein
Kaum jemand schreibt heute noch Briefe.
Wenn etwas mit der Schneckenpost transportiert wurde und schließlich im Briefkasten landet, handelt es sich oft genug um Werbung.
Nicht jeder will das.
Werbewiderspruch in jedem Fall bindend
Sie hatte es ihrer Bank deutlich zu verstehen gegeben: Keine Werbung! Da das Kreditinstitut ihr dennoch Werbeschreiben per Post schickte, klagte die Kundin. Und bekam nun Recht. Das OLG Frankfurt a. M. entschied, dass Postwerbung, die trotz Werbewiderspruchs versandt wird, eine Wettbewerbsverletzung darstellt (OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 7.5.2020, Az.: 6 U 54/19).
Dabei habe das Unternehmen die Obliegenheit, sorgfältig zu prüfen, wem es solche Briefe schickt. Dass im Eifer des Marketing-Gefechts auch mal ein Schreiben zu viel rausgeht, kann passieren, darf aber nicht passieren. Denn das ist wettbewerbswidrig.
„Ausreißer“-Ausrede fällt aus
Die Bank hatte sich damit herauszureden versucht, dass es in Einzelfällen zum Versand von Werbebriefen an Kunden kommen könne, die dem Erhalt solcher Schreiben widersprochen haben. Das seien aber nicht vereinzelte „Ausreißer“.
Dem „Kann doch schon mal vorkommen“-Argument schloss sich das Gericht jedoch nicht an. Vielmehr bestehe bei personalisierter Briefwerbung eine gesteigerte Sorgfaltspflicht des Unternehmens, wirklich nur die Kundinnen und Kunden anzuschreiben, die dem zuvor nicht widersprochen haben. Eine Bagatellschwelle – darauf läuft die Argumentation der Bank hinaus – kenne die einschlägige Norm (§ 7 Abs. 1 UWG) nicht.
Zudem müsse die Bank dafür zeigen, dass sie alles getan habe, um dem Wunsch der Kundin zu entsprechen. Bereits die Vorinstanz (LG Frankfurt a. M., Urteil v. 28.2.2019, Az.: 2-03 O 337/18) habe das im Verhalten der Bank nicht erkennen können.
Datenabgleich mit Fehlerpotential
In der Tat deckte das bankinterne Verfahren einige Mängel auf. So stellte das OLG Frankfurt a. M. zur laxen Praxis der Bank fest: „Das händische Führen einer Werbewiderspruchsdatei und das anschließende Unterziehen eines an Millionen Kunden verschickten Werbeschreibens ‘mit verschiedenen Adressabgleichen’ in einem automatisierten Verfahren“ berge „ein erhebliches Fehlerpotential“. Denn: „Schon ein falsch geschriebener Buchstabe eines Adressaten in der Widerspruchsdatei dürfte einen zutreffenden Abgleich verhindern“.
Es geht ja doch!
Im Prozess des Mailings habe es keinerlei Kontrolle mehr gegeben, etwa das Vier-Augen-Prinzip oder auch ein automatisiertes Erfassungsverfahren, um Fehler bei der händischen Erfassung auszuschließen. Angesichts dessen kann man nachvollziehen, warum bereits das LG Frankfurt a. M. der Auffassung war, die Bank habe „keine ausreichenden Vorkehrungen“ getroffen, um „Ausreißer“ zu vermeiden.
Offenbar hat bereits dieses Urteil der Vorinstanz gefruchtet: Zwischenzeitlich hat die Bank den Bearbeitungsprozess auf ein automatisiertes Erfassungsverfahren umgestellt, was wiederum zeige, so das OLG Frankfurt a. M., dass es ja doch gehe, also „bessere Vorkehrungen zur Fehlervermeidung möglich und zumutbar“ seien.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.