Nicht mehr als ein Weg
Früher war die Welt noch übersichtlich. Pfand oder kein Pfand – das war die Frage, wenn sich das Leergut im Keller stapelte. Damit war zugleich entschieden, ob es sich um Einweg- oder Mehrwegverpackungen handelte.
Heute – nach Einführung der pfandpflichtigen Einwegverpackung – bringt man praktisch alles an Dosen und Flaschen zurück in den Laden. Doch nur die Mehrwegverpackungen werden wiederverwendet, die Einwegverpackungen anderweitig „verwertet“, d.h., das Verpackungsmaterial wird dem Recycling zugeführt. Ein Unterschied, von dem der Verbraucher bereits beim Kauf Kenntnis haben sollte. Wiederverwendet oder verwertet – das ist heute die Frage.
Verpackungsgesetz regelt die Kennzeichnungspflicht
Um sie beantworten zu können, hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2019 das Verpackungsgesetz erlassen, nach dem der „Letztvertreiber von mit Getränken befüllten Getränkeverpackungen“ verpflichtet ist, darauf hinzuweisen, ob es sich um EINWEG oder MEHRWEG-Getränkeverpackungen handelt (§ 32 VerpackG).
Tatsächlich muss das entsprechende Schriftzeichen laut Verpackungsgesetz in Großbuchstaben gehalten sein, also bei Einweggetränkeverpackungen „EINWEG“ (§ 32 Abs. 1 VerpackG), bei Mehrweggetränkeverpackungen „MEHRWEG“ (§ 32 Abs. 2 VerpackG). Zudem muss es „in Gestalt und Schriftgröße mindestens der Preisauszeichnung für das jeweilige Produkt entsprechen“ (§ 32 Abs. 4 VerpackG). Ganz klare Regel.
Freilich gibt es auch hier zahlreiche Ausnahmen, die Kennzeichnungspflicht der MEHRWEG-Getränkeverpackungen betreffend, wenn diese bestimmte Getränke (vgl. § 31 Abs. 4 Nr. 7 VerpackG) beinhalten oder das Füllvolumen über drei Liter beträgt, aber grundsätzlich hat der Letztvertreiber seine Flaschen mit Blick auf das Leben nach dem Trunk auszuweisen.
OLG Köln: Verstöße sind wettbewerbswidrig
Unterlässt er dies, so liegt nicht nur ein Verstoß gegen das Verpackungsgesetz vor, sondern auch ein wettbewerbswidriges Verhalten. Das hat das Oberlandesgericht Köln nun festgestellt (OLG Köln, Beschluss v. 9.4.2020, Az. 6 U292/19). Denn § 32 VerpackG ist nach Auffassung des OLG Köln eine Marktverhaltensregelung, weil sie der Aufklärung des Verbrauchers dient und dessen Kaufentscheidung mitprägt, schließlich ist die Vermeidung von Verpackungsmüll in weiten Kreises der Bevölkerung ein wichtiger Aspekt des persönlichen Konsums.
Der für den stationären Handel erlassene Beschluss ist auf den Internethandel übertragbar, so dass Online-Anbieter von Getränkeverpackungen den Käufer in geeigneter Form auf den Umstand aufmerksam machen müssen, ob es sich bei den Verpackungen um EINWEG oder MEHRWEG-Getränkeverpackungen handelt. Daran führt kein Weg vorbei.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.