OLG Hamburg: Traditionswerbung auch bei Inhaber- oder Firmenwechsel zulässig
Einem Beschluss des OLG Hamburg vom 19.02.2020 zufolge kann eine Werbung mit langjähriger Unternehmenstradition auch bei einem Wechsel des Inhabers, Rechtsnachfolgen, Änderung des Firmennamens oder Ähnlichem wettbewerbsrechtlich zulässig sein.
Maßgeblich ist die wirtschaftliche Kontinuität des Unternehmens.
Traditionswerbung bzw. Alterswerbung als irreführende Werbung?
Ein Unternehmen warb mit einer Tätigkeit im Bereich der Erbenermittlung „seit 1997“. Darin sah ein Konkurrent eine irreführende Werbung mit einer langjährigen Unternehmenstradition und begehrte daher den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Konkurrent erklärte, dass die Gründung der Gesellschaft erst im Jahre 2016 erfolgt sei und belegte dies durch eine Vorlage eines Handelsregisterauszugs. Dagegen trug die Gesellschaft für Erbenermittlung im Wege einer Schutzschrift einen Betriebsübergang von einer Vorgängergesellschaft auf ihre GmbH im Jahre 2016 vor.
OLG Hamburg: Wirtschaftliche Kontinuität eines Unternehmens entscheidend für zulässige Traditionswerbung
Das Landgericht Hamburg erließ den Beschluss allerdings nicht, sodass der Verfügungsantrag des Antragstellers sowohl erstinstanzlich vor dem Landgericht Hamburg (LG Hamburg, Beschluss v. 24.1.2020, Az. 327 O 10/20) als auch in der Berufungsinstanz vor dem OLG Hamburg scheiterte.
Dabei stellte das OLG Hamburg fest, dass es im Falle einer Werbung mit langjähriger Unternehmenstradition irrelevant sei, ob es einen Wechsel des Inhabers, Rechtsnachfolgen, Änderungen des Firmennamens oder der Rechtsform gegeben habe, solange die wirtschaftliche Kontinuität des Unternehmens bestehen bliebe. Wenn dies der Fall sei, werde trotz der Veränderungen keine Irreführung beim Verkehr über die beworbene Unternehmenstradition herbeigeführt (OLG Hamburg, Beschluss v. 19.2.2020, Az. 3 W 16/20).
Im vorliegenden Falle habe die Antragsgegnerin per Schutzschrift den Betriebsübergang von einer Vorgängergesellschaft auf ihre GmbH im Jahr 2016 vorgetragen. Die Antragstellerin habe glaubhaft zu machen, „dass die durch einen solchen Betriebsübergang begründete wirtschaftliche Kontinuität dennoch nicht besteht“, so das OLG Hamburg. Dabei sei der Vorlage des Handelsregisterauszugs und des Gesellschaftsvertrages der Antragsgegnerin nichts bezüglich der maßgeblichen Frage der wirtschaftlichen Kontinuität zu entnehmen, sondern diese belegten bloß deren Gründung im Jahr 2016.
Weiter führte das OLG Hamburg aus, dass auch das Wort „Wir“, das im Rahmen der Werbung verwendet worden sei, nichts daran ändere. Denn dies führe nicht dazu, „dass der Verkehr die Traditionswerbung allein auf die erst seit 2016 bestehende Gesellschaft mit beschränkter Haftung beziehe“, so die Berufungsinstanz. Damit werde lediglich der Eindruck des Bestehens der betrieblichen Kontinuität erweckt. Allerdings habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass eine solche betriebliche Kontinuität bestehe und es sei entgegen ihrer Auffassung fernliegend, dass der Verkehr wegen der streitgegenständlichen Werbeaussagen Überlegungen hinsichtlich der Rechtsform des werbenden Unternehmens anstelle, da diese weder unmittelbar noch mittelbar angesprochen werde.
Vorsicht beim Werben mit Unternehmenstraditionen!
Achtung bei Traditionswerbung bzw. Alterswerbung: Diese kann einem Unternehmen ein gewisses Maß an Wertschätzung und Zuverlässigkeit geben, das ein auf dem Markt neu eintretender Newcomer gerade (noch) nicht hat.
Daher kann eine Traditionswerbung bzw. Alterswerbung vom Verkehr als „Qualitätssignal“ angesehen werden, das positive Assoziationen hervorrufen und die Kaufentscheidung beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil v. 7.11.2020, Az. I ZR 276/99). In der Praxis ist Traditionswerbung bzw. Alterswerbung insgesamt mit Vorsicht zu genießen, da eine falsche Werbung mit Unternehmenstradition als wettbewerbswidrige Irreführung nach § 5 UWG abgemahnt werden kann.