Das Kölner Oberlandesgericht hat in einem aktuellen Urteil bestätigt, dass beim Vertrieb von Getränkeflaschen die gesonderte Ausweisung des Flaschenpfands neben dem Preis kein wettbewerbswidriges Verhalten darstellt.
Nach Ansicht der Klägerseite habe § 1 Abs. 4 der Preisangabenverordnung (PAngV), der eine getrennte Darstellung vorschreibt, keine Grundlage im europäischen Recht.
Pfand nur am Rand im Band?
Der Betreiber einer größeren Lebensmittelkette hatte im Vorfeld der Kölner Entscheidung für diverse Getränke geworben, unter anderem dem deutschen Bier “Radeberger Pilsener”. Im Rahmen dieser Anzeigen hatte das Unternehmen das Pfand für die Flaschen stets separat zum “restlichen” Preis der Waren ausgewiesen. So wurden auf der Titelseite eines Werbefaltbands “20 x 0,5-Liter-Flaschen-Kasten zu einem Preis von 10,49 € – zzgl. 3,10 Pfand” angeboten. Auch auf den folgenden Seiten wurden weitere Erfrischungsprodukte präsentiert, ebenfalls jeweils mit einer gesonderten Angabe hinsichtlich des Flaschenpfands. Darin sah die Verbraucherschutzbehörde einen Verstoß gegen geltendes Recht, und erhob Klage vor dem LG Köln. Argument war hier, der § 1 der PAngV sei nicht mehr anwendbar, da keine unionsrechtliche Basis für die Vorschrift existiere. So sähen weder die Preisangaben-Richtlinie 98/6/EG noch die UGP-Richtlinie 2005/29/EG eine getrenne Anzeige vor.
Wortlaut sperrt konforme Anwendung
Die Klage blieb allerdings sowohl vor dem Landgericht als auch dem Oberlandesgericht als Berufungsinstanz erfolglos (LG Köln, Urteil v. 03.04.2019, Az. 84 O 258/18; OLG Köln, 06.03.2020, Az. 6 U 89/19). Wettbewerbsrechtliche Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Marktverhaltensregel gemäß § 3 a) UWG, wie sie § 1 Abs. 4 PAngV darstellt, kämen nicht in Frage. Wer wie von der Vorschrift gefordert das Pfand separat ausweist, handele nicht unlauter. Im Gegenteil: Eine Angabe des Gesamtpreises wäre sogar unzulässig. Die Norm ist in diesem Zusammenhang auch eindeutig formuliert:
(4) Wird außer dem Entgelt für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit gefordert, so ist deren Höhe neben dem Preis für die Ware oder Leistung anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden.
Die Richter in Köln sahen sich in diesem Zusammenhang an einer richtlinienkonformen Auslegung gehindert. § 1 Abs. 4 PAngV sei nach wie vor geltendes deutsches Recht. Eine “Dehnung” der Vorschrift im Sinne des Unionsrechts stelle eine unzulässige Rechtsanwendung contra legem dar, so die Begründung. Contra legem bedeutet gegen den (wie hier dargestellt eindeutigen) Wortlaut des Gesetzes.
Schließlich verfolge § 1 Abs. 4 PAngV dem Gesetzeszweck nach ein umweltpolitisches Ziel, und sei daher dem vollharmonisierten Bereich der UGP-Richtlinie nicht zuzuordnen. Zu einer Aufhebung der Vorschrift, wie sie nach Art. 3 Abs. 5 der UGP-Rl möglich ist, sei der deutsche Gesetzgeber daher auch nicht verpflichtet gewesen.
Fazit
Die richtlinienkonforme Anwendung nationalen Rechts bereitet vielerorts gewisse Schwierigkeiten. Grundsätzlich ist es aber zulässig und geboten, nationale Gesetze zu diesem Zweck “unionsrechtsfreundlich” auszulegen. Im vorliegenden Fall ist aber sowohl der Wortlaut als auch der aufgezeigte Zweck der Norm derart eindeutig, dass den Kölner Richtern keine andere Möglichkeit blieb. Aus dem gleichen Grund kommt auch keine Vorlage zum europäischen Gerichtshof nicht in Betracht, da die Auslegung des EU-Rechts letztlich keine Bedeutung entfaltet. Allerding ist eine Änderung der Vorschrift durch den Gesetzgeber nach Maßgabe der Richtlinien möglich.