Online-Shops dürfen für bestimmte Zahlungsmöglichkeiten keine zusätzliche Gebühr erheben
Einem aktuellen Urteil des Landgerichts Berlin nach dürfen Online-Shops für bestimmte Bezahlungsvarianten keine separaten Gebühren erheben.
Im Einzelnen betrifft dies die Optionen “Visa Entropay”, “Prepaid Mastercard”, “Giropay” und die Sofortüberweisung.
Grundlage der Entscheidung ist eine neue, erst 2018 ins Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) aufgenommene Vorschrift über Entgelte für die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel.
“GiroPay-Day” und Sofortüberweisung-Überweisungsgebühren
Ausgangspunkt des Urteils aus Berlin war eine Klage des Bundesverband der Verbraucherzentrale gegen die Online-Reisevermittlung “Opodo”. Buchte ein Kunde mit Hilfe des Portals eine Reise, erhob dieses bei der Nutzung von “Visa Entropay” und “Prepaid Mastercard” einen niedrigeren Gesamtpreis als bei der Wahl eines anderen Zahlungsmittels.
So wurde bei einer testweise angelegten Buchung ein Flug zum Preis von 239,98 Euro angezeigt. Hierin enthalten war eine Vergünstigung von 42,80 Euro bei der Nutzung von “Prepaid Mastercard” beziehungsweise ein Rabatt von 44,22 Euro im Falle von “Visa Entropay”. Das Angebot erschien, wenn der Nutzer im Rahmen der gewählten Zahlungsart die -bereits voreingestellte- Option “günstigste” auswählte.
Wurde die Reise allerdings mit einer anderen Methode gebucht, im Einzelnen via “GiroPay” oder Sofortüberweisung, stieg der Preis um mehr als 40 Euro.
Von PSD ins BGB
Hierin sahen die Richter in Berlin einen Verstoß gegen § 270 a) BGB (LG Berlin, Urteil v. 21.3.2019, Az. 52 O 243/18). Diese Vorschrift wurde erst Anfang 2018 in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen, und dient der Umsetzung der europarechtlichen Zahlungsdiensterichtlinie auf nationaler Ebene.
Ziel dieser auch “Payment Service Directive” (PSD) genannten Richtlinie ist es, den europaweiten Wettbewerb und die Teilnahme an der Zahlungsbranche auch von Nichtbanken zu stärken. Durch die Vereinheitlichung des Verbraucherschutzes, sowie der Harmonisierung der Rechte und Pflichten von Anbietern und Nutzern, sollen in allen Mitgliedstaaten faire Wettbewerbsbedingungen bei der Zahlungsabwicklung im Netz geschaffen werden.
In § 270 a) BGB heißt es:
§ 270a: Vereinbarungen über Entgelte für die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel
Eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, ist unwirksam. Satz 1 gilt für die Nutzung von Zahlungskarten nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, wenn auf diese Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1) anwendbar ist.
Aufgrund der Neuheit der Vorschrift ist aktuell noch nicht abschließend geklärt, welche Bezahlmöglichkeiten im Einzelnen unter die Regelung fallen. Allerdings hat das Landgericht München bereits 2018 entschieden, dass die Option der Sofortüberweisung vom Anwendungsbereich des § 270 a) BGB erfasst ist (LG München, Urteil v. 13.12.2018, Az. 17 HK O 7439/18).
SEPA-Überweisung auch bei Nutzung eines Drittanbieters?
Das Berliner Landgericht hat den Kreis dieser Varianten nun erweitert, und wendet § 270 a) BGB auf alle vier (“Visa Entropay”, “Prepaid Mastercard”, “Giropay” und die Sofortüberweisung) der bei “Opodo” angebotenen Möglichkeiten des Geldtransfers an. Vereinbarungen, die hier eine Gebühr vorsehen, sind demnach unwirksam.
In ihrer Urteilsbegründung gab die Kammer an, dass dieses Ergebnis primär aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift gefällt wurde. Der Wortlaut des § 270 a) BGB sei entsprechend großzügig zu interpretieren, weswegen nicht nur die SEPA-Überweisung und die SEPA-Lastschrift, sondern alle von der SEPA-Verordnung erfassten Zahlungsdienstleistungen in den Anwendungsbereich fielen. Die SEPA-Verordnung (“Single Euro Payments Area”, zu deutsch “Einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum”) harmonisiert den Zahlungsverkehr im europäischen Wirtschaftsraum durch die Festlegung gleicher technischer Vorschriften und Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften.
Nach Ansicht der Richter fielen hierunter auch die Sofortüberweisung und “GiroPay”. Denn: Zahlungen auf diese Weise müssten nach der Richtlinie ebenso kostenfrei möglich sein wie eine gewöhnliche SEPA-Überweisung. Zwar werde in beiden Fällen ein dritter Dienstleister “zwischengeschaltet”, die Zahlung erfolge im Endeffekt aber durch eine SEPA-Überweisung. So wird der Nutzer bei “GiroPay” – wenn die Bank diesen Dienst anbietet – zu seiner Bank weitergeleitet, wo dann eine “herkömmliche” Transaktion abgeschlossen wird.
Fazit
Das Urteil zeigt: Die meisten Alternativen zur handelsüblichen SEPA-Überweisung seitens eines Drittanbieters dürften wohl im Rahmen einer weiten Auslegung des § 270 a) BGB in dessen Anwendungsbereich fallen. Wird im Zuge der Transaktion zu irgendeinem Zeitpunkt auf die Seite der Bank des Nutzers weitergeleitet, ist dies sogar garantiert der Fall. Dann nämlich handelt es dem Urteil nach im Endeffekt um eine reguläre SEPA-Überweisung.
Um auf Nummer sicher zu gehen sollte daher von der Erhebung einer Gebühr für eine alternative Zahlungsoption im Zweifel lieber abgesehen werden. Eine Ausnahme stellen allerdings solche Dienste dar, für die der Händler selbst erhöhte Geld- und Transaktionsgebühren verrichten muss. Derartige Angebote sollen der Gesetzesbegründung nach gerade nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen.