Wer gerichtlich zur Löschung irreführender Aussagen im Internet verurteilt wird, muss sich auch um die Cache-Inhalte seines Internetauftritts kümmern. Kommt der Unterlassungsschuldner der Verpflichtung nicht mit der gebotenen Sorgfalt nach, droht ihm ein Ordnungsgeld.
Mit der Reichweite der Löschungspflicht sowie der Frage, ob für die nicht erfolgte Beseitigung von Inhalten auf unterschiedlichen Websites mehrere Ordnungsgelder verhängt werden können, setzte sich das Oberlandesgericht München jüngst in einem Beschwerdeverfahren auseinander (OLG München, Beschluss vom 26.04.2023, Az. 29 W 1697/21).
Den Cache-Speicher nicht vergessen
Besteht eine gerichtlich angeordnete Pflicht zur Löschung bestimmter Inhalte im Internet, so genügt es nicht, diese von der Internetseite zu entfernen. Der Unterlassungsschuldner ist nach ständiger Rechtsprechung dazu verpflichtet, auch die Cache-Inhalte zu prüfen und gegebenenfalls zu löschen.
Bei dem Cache handelt es sich um einen reservierten Speicherplatz, der temporäre Daten lokal auf dem Gerät des Nutzers sammelt. Rufen Sie beispielsweise häufig dieselbe Website auf, wird diese dank des lokalen Zwischenspeichers schneller geladen. Dies hat zur Konsequenz, dass Inhalte, auch nachdem sie von einer Internetseite entfernt wurden, weiterhin über gängige Suchmaschinen aufrufbar sein können, sofern sie noch im Cache gespeichert sind.
Um eine vollständige Beseitigung zu gewährleisten, muss der zur Löschung Verpflichtete daher sicherstellen, dass sich die in Rede stehenden Inhalte nicht mehr in dem Zwischenspeicher befinden. Dabei hat er gegebenenfalls Dritte zur Löschung zu veranlassen. Das OLG München stellte klar, dass sich der Unterlassungsschuldner selbst über die Reichweite seiner Beseitigungspflicht informieren muss und sich nicht auf einen vermeidbaren Verbotsirrtum wegen technischer Unwissenheit berufen kann.
Ein Ordnungsgeld für jedes missachtete Verbot
Unterlässt es der Schuldner, die Inhalte (inklusive des Cache) vollständig zu löschen, kann gegen ihn auf Antrag des Gläubigers ein Ordnungsgeld verhängt werden, vgl. § 890 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung von Ordnungsmitteln haben die Gerichte das sogenannte außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot zu beachten, nachdem jede Zuwiderhandlung nur einmal geahndet werden darf.
Dieses auf den ersten Blick simple rechtsstaatliche Prinzip kann in der Praxis zu schwierigen rechtlichen Fragen führen – etwa wenn zu beurteilen ist, wie viele Zuwiderhandlungen überhaupt vorliegen. So können mehrere Verhaltensweisen, die auf einem einheitlichen Willen beruhen und in einem engen räumlich-zeitlichen Zusammenhang stehen, zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden, sodass sie im Ergebnis nur ein Verstoß vorliegt.
In dem zu entscheiden Verfahren wurde die Schuldnerin zur vollständigen Löschung mehrerer irreführender Werbeaussagen auf ihrer eigenen Website sowie auf ihrer Facebookseite verurteilt. Das zuständige Landgericht hatte mehrere Ordnungsgelder festgesetzt, nachdem die Schuldnerin die Bereinigung des Cache-Speichers nicht ordnungsgemäß vorgenommen hatte. Das OLG München schloss sich der rechtlichen Bewertung der unteren Instanz vollumfänglich an.
Demnach können die unterlassene Löschung der irreführenden Werbeaussagen auf der Website der Schuldnerin einerseits und auf ihrer Facebookseite andererseits zwar als natürliche Handlungseinheit zusammengefasst werden. Dies könne jedoch nur gelten, wenn sich alle Verhaltensweisen gegen dasselbe gerichtliche Verbot richten. Liegen, wie in dem zu entscheidenden Fall, mehrere Verstöße gegen unterschiedliche Verbotsaussprüche vor, so seien diese auch jeweils mit Ordnungsgeldern zu ahnden.