Schönheitschirurgie und Wettbewerbsrecht: OLG erklärt Verbot für Vorher-Nachher-Bilder
In seinem Urteil vom 17. Februar 2022 (Az. 15 U 24/21) hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf über die Zulässigkeit von Vorher-Nachher-Bildern als Werbemittel für schönheitschirurgischen Eingriffe zu entscheiden.
Vorher-Nachher-Bilder waren unzulässig
Ein niedergelassener Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie warb auf seinem Instagram Account für seine Leistungen im Bereich Schönheitschirurgie. Dafür bewarb er eine Po-Vergrößerung ohne Operation, indem er zwei Bilder mit einem Vorher-Nachher-Vergleich veröffentlichte.
Dagegen richtete sich ein Wirtschaftsverband, dessen Ziel die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs im Interesse der Allgemeinheit sowie der Wirtschaft und Freiberufler ist.
Dieser klagte auf Unterlassung der Werbung im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens.
Erstinstanzlich erließ das Landgericht Düsseldorf (Urteil v. 11.12.2020, Az. 38 O 184/20) die Unterlassungsverfügung. Dagegen legte die Verfügungsbeklagte Berufung vor dem OLG Düsseldorf ein. Diese blieb erfolglos.
Rechtliche Grundlage der Unterlassung
Nach den Ausführungen des OLGs besteht ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG, § 3 Abs. 1 UWG, § 3 a UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG.
Damit ein Anspruch auf Unterlassung gegeben ist, muss eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegen. Dies ist gem. § 3a UWG der Fall, wenn ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung gegeben ist.
Nach der Vorinstanz und dem OLG ist § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) eine Marktverhaltensregelung. Diese Norm statuiert ein Verbot von Werbung für operativ plastisch-chirurgische Eingriffe in Form von Vorher-Nachher Bildern. Das bedeutet: Wird ein operativer Eingriff wie beispielsweise eine Nasen-OP mit Vergleichsbildern vor und nach dem Eingriff beworben, so ist dies unzulässig und ist somit zu unterlassen.
Vorliegen eines operativen Eingriffs?
Streitgegenständlich war in beiden Instanzen insbesondere die Frage, wie der Begriff „operativ plastisch-chirurgischer Eingriff“ zu verstehen ist.
Denn bei einer Po-Vergrößerung handelt es sich im Gegensatz zu einem Brazilian Butt Lift (BBL) nicht um eine Operation unter Vollnarkose. Ein BBL erfolgt in Form einer mehrstündigen Operation unter Narkose und es wird zunächst Eigenkörperfett abgesaugt und dann nach einer Aufbereitung in das Gesäß injiziert.
Bei einer Po-Vergrößerung hingegen werden im Rahmen eines ambulanten Eingriffes mit lokaler Betäubung in das Gesäß körperfremde Füllstoffe mit Hilfe von Spritzen injiziert. Aus diesem Grund argumentierte die Verfügungsbeklagte, dass mangels Operation im konventionellen Sinne kein operativer Eingriff i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG vorliege. Auslegung des Begriffs „operativ plastisch- chirurgischer Eingriff“ durch das Gericht
Allein streitig war die Frage, ob bei einer Po-Vergrößerung ein „operativer“ Eingriff vorliegt. Dies ermittelte das OLG im Rahmen der Auslegung des Begriffes.
Nach dem Wortlaut und dem Zweck der Norm sei ein operativ plastisch-chirurgischer Eingriff als instrumenteller Eingriff in den lebenden menschlichen Organismus zu verstehen, mit dem Form- und Gestaltveränderung an den Organen oder der Körperoberfläche eines Menschen vorgenommen werden. Die Eröffnung der Haut oder Körperoberfläche, z. B. mittels eines Skalpells oder Messers und in einem bestimmten Umfang, sei hierfür nicht zwingend erforderlich.
Bei einer Po Vergrößerung injiziere ein Arzt unter lokaler Betäubung mit einem Instrument (einer Spritze) körperfremde Füllstoffe in jede Gesäßhälfte, also in den Körper und unter die Haut. Dies führe zu einer Volumenvergrößerung des Gesäßes, welche über einen länger andauernden Zeitraum (mindestens drei bis fünf Jahre) im Körper verbleibt. Damit liegt nach Auffassung des OLGs ein operativer plastisch-chirurgischer Eingriff vor.
Hintergrund des Werbeverbots
Für diese Auslegung spricht dem Gericht nach auch der Sinn und Zweck des Werbeverbots.
Einer vergleichenden Darstellung hafte die Gefahr an, dass der durchschnittliche Werbeadressat die Auffassung gewinne, es würde stets das bildlich dargestellte Ergebnis erzielt. Dies ist jedoch nicht möglich, da im Rahmen der Behandlung nur die Leistung an sich, aber nicht der Erfolg geschuldet wird. Darum solle für einen mit gesundheitlichen Risiken versehenen Eingriff ohne medizinische Notwendigkeit kein Anreiz durch Vorher-Nachher-Bilder geschaffen werden.
Das zentrale Anliegen des Gesetzes ist demnach der Schutz vor erheblichen Gesundheitsgefährdungen und Risiken, die mit einem operativen plastisch-chirurgischen Eingriff grundsätzlich einhergehen können. Dass dieser Schutz daran gekoppelt sein soll, dass bzw. ob bei den Eingriffen die Körperoberfläche eröffnet wird, sei nicht ersichtlich.
Eine Po-Vergrößerung sei ein medizinisch nicht notwendiger Eingriff, der, wie jeder operative Eingriff mit Risiken verbunden ist, die zu erheblichen Gesundheitsschäden führen können.
Fazit
Mit diesem Urteil zeigt das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass es ein weites Verständnis der operativen Eingriffe vertritt. Somit fallen nicht nur die „klassischen“ Operationen unter Vollnarkose unter das Verbot der Vorher-Nachher-Bilder, sondern auch Unterspritzungen mit lediglich lokaler Betäubung. Somit wird das Werbeverbot weit ausgelegt.
Für Ärztinnen u nd Ärzte im Bereich der ästhetischen Behandlungen bedeutet dies, dass das Teilen von Vorher-Nachher-Bildern eine Werbung darstellt. Werden diese Bilder nicht entfernt, so ist mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen und Unterlassungsansprüchen zu rechnen.