LG Bochum: Hinweise auf Sicherheitslücken dürfen nicht lediglich auf Produktseite des Herstellers erfolgen
Verschiedene Faktoren beeinflussen die Entscheidung eines Verbrauchers, ein Geschäft abzuschließen. Bedenken bezüglich sicherheitstechnischer Schwachstellen eines Produktes gehören zu den Informationen, die besonders relevant sind. Das LG Bochum hat entschieden (LG Bochum, Urteil vom 23.11.2023, Az. I-8 O 26/23), dass ein Hinweis auf eine festgestellte Sicherheitslücke nicht nur auf der Webseite des Produktherstellers erfolgen darf, wenn über diese gar keine Verkäufe getätigt werden und sah hierin ein Verstoß gegen Wettbewerbsrecht.
Die Beklagte ABUS muss demnach entsprechende Informationen auch über Webseiten oder in Ladengeschäften von Einzelhändlern zugänglich machen.
Sicherheitslücke als wesentliche Information
Das Gericht legte zunächst fest, ab wann eine Information als wesentlich im Sinne des § 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gelte. Hierunter fielen solche Informationen, deren Angabe vom Verbraucher erwartet werden könnten und die für seine geschäftliche Entscheidung ein erhebliches Gewicht hätten.
Die Beklagte, Herstellerin verschiedener Verriegelungssysteme, hatte auf ihrer Produktseite zu einem bestimmten Funk-Türschlossantrieb sowie der entsprechenden Funk-Fernbedienung einen Hinweis auf eine Warnung des BSI bezüglich des Funksystems, welches auch bei den betreffenden Produkten eingesetzt wurde, veröffentlicht. Demnach bestehe eine Sicherheitslücke, die es Dritten ermögliche, betroffene Schlösser zu ver- und entriegeln.
Das Bestehen solcher Sicherheitsrisiken, die sich ja gerade auf die Eignung zum Verwendungszweck bezögen, also das unbefugte Eindringen Dritter zu verhindern, bewertete das Gericht als wesentliche Information.
Ort der Verbraucherentscheidung maßgeblich
Weiterhin erläuterte das Landgericht, ob die wesentliche Information auch den Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern vorenthalten wurde. Dies sei der Fall, wenn der Verbraucher die Information nicht erhalte oder nicht so, dass er sie in seine Geschäftsentscheidung einbeziehen könne.
Aus der Tatsache, dass die Beklagte lediglich auf ihrer eigenen Produktseite auf die Sicherheitsrisiken hingewiesen hatte, auf der die Produkte jedoch gar nicht zum Verkauf angeboten werden, folgerte das Gericht, dass die Informationen den Verbrauchern nicht so zugänglich gemacht wurden, dass sie sie für ihre geschäftliche Entscheidung berücksichtigen konnten. Regelmäßig informiere sich der durchschnittliche Verbraucher nicht auf der Produktseite des jeweiligen Herstellers, sondern vergleiche verschiedene konkurrierende Produkte auf den Plattformen oder in Ladengeschäften von Einzelhändlern, sodass ihre Entscheidung etwa zum Kauf gerade in diesem Rahmen getroffen werde. Fehle der Hinweis an diesen Stellen, so liege ein Vorenthalten vor.
Unterlassungsanspruch kann auch zum Handeln verpflichten
Das Gericht verurteilte die Beklagte dazu, es zu unterlassen, auf die Schwachstelle ausschließlich auf ihrer Produktseite hinzuweisen. Für ABUS ergibt sich somit wiederum eine Pflicht zur Störungsbeseitigung in Form von Hinweisen auf Webseiten oder anderen geeigneten Stellen im Bereich des Einzelhandels.
Das Urteil des LG Bochum veranschaulicht, dass es nicht auf die bloße Veröffentlichung relevanter Informationen ankommt, sondern gerade auch darauf, an welcher Stelle diese erfolgt. Hierbei ist die konkrete Situation der Beeinflussung der Verbraucherentscheidung entscheidend. Bei unzureichenden Hinweisen riskieren Unternehmer, gegen Wettbewerbsrecht zu verstoßen. Hersteller und Händler sollten ihre Kommunikation gegenüber Verbrauchern und anderen Marktteilnehmern daher auf Rechtskonformität prüfen.