Testkauf durch Anwalt war unzulässige Falle
Eigentlich sind Rechtsanwälte ja ganz normale Leute und wenn einer etwas im Internet bestellt muss man nicht zwangsläufig damit rechnen, als Shop-Besitzer anschließend Ärger zu bekommen.
Ein findiger Anwalt, der bei einem Konkurrenten seines Mandanten testweise etwas gekauft hatte, musste jetzt vor Gericht eine Niederlage einstecken. Der BGH entschied, dass ein Rechtsanwalt, der sich bei einer Bestellung zunächst als Unternehmer ausgibt, auch dann nicht als Verbraucher gilt, wenn er später im Bestellformular unter “Firma” ein “Privat” eintippt und daher ein Kauf auch keine Vertragsstrafenansprüche auslöst. Der BGH definiert das Provozieren von Verstößen gegen eine Unterlassungsverpflichtung als konkret rechtsmissbräuchlich und Fallenstellerei.
Folgenschwere Unterlassungserklärung
Ein Unternehmer hatte nach Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und versprochen, in Zukunft Verbraucher über das Widerrufsrecht, Bruttopreise, Versandkosten und Informationen über das Zustandekommen des Vertrages wirksam und wie ihnen zustehend zu informieren.
Trickreicher Testkauf
Ein darüber informierter Anwalt initiierte darauf hin einen Testkauf. Der Shop hatte sein Zielpublikum mittlerweile auf ausschließlich Gewerbetreibende eingegrenzt und Verkäufe an Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ausgeschlossen. Der Käufer wurde neben dem Bestellbutton nach seiner Eigenschaft befragt und musste erklären, dass er gewerblich einkaufe, um fortfahren zu können. Der Anwalt löste die Bestellung aus, trug aber später im Feld “Firma” händisch “Privat” ein und wurde trotzdem bedient.
Statt 17.500 Euro gab es nichts
Der Mittbewerber machte daraufhin eine Vertragsstrafe in Höhe von 17.500 Euro geltend, um die durch alle Instanzen gestritten wurde, denn eine solche Strafe wäre berechtigt gewesen, wenn der Testkauf trotz Befragung wirklich durch einen Verbraucher erfolgt wäre. Der BGH konnte bei der Forderung nach einer Vertragsstrafe einen deutlichen Rechtsfehler feststellen: Der Anwalt sei kein Verbraucher, also sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Natürlich hätte der Shop die Bestellung aufgrund der widersprüchlichen Aussagen zum Käufer nicht ausliefern dürfen. Aber ein Testkauf, der nur dazu dient, eine Falle zu stellen, sei eben nicht zulässig und das Vorgehen rechtsmissbräuchlich.
Arno Lampmann, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner bei LHR – Kanzlei für Marken, Medien, Reputation: “Ehrlich währt am längsten – wer die Auszahlung von Vertragsstrafen provoziert, statt Fehlverhalten auf legalem Wege nachzuweisen, steht auf dünnem Eis. Die Kosten für das Verfahren dürften nicht unerheblich gewesen sein.”
BGH, Urteil vom 11.05.2017, Az. I ZR 60/16