Ein Kölner Taxi-Unternehmen klagte vor dem LG Köln gegen das US-amerikanische Unternehmen Uber (LG Köln, Beschluss v. 23.10.2019, Az. 81 O 74/19) und bekam durch die einstweilige Verfügung des LG Recht: Uber darf seine Fahrtenvermittlungsapp UberX in Deutschland nicht mehr einsetzen. Sie verstoße gegen das Personenbeförderungsgesetz.
Dennoch kann man in Köln immer noch die App benutzen. Das hat einen merkwürdigen Grund.
Die Wettbewerbsfähigkeit der Taxen ist wegen UberX in Gefahr
Dreh- und Angelpunkt des Streits war § 49 Abs. 4 PBefG. Darin werden eine Abgrenzung zwischen Mietwagen und Taxen vorgenommen und anschließend die Voraussetzungen normiert, unter denen erstere Beförderungsaufträge ausführen dürfen. Konkret heißt es: „Mit Mietwagen dürfen nur Beförderungsaufträge ausgeführt werden, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind. Nach Ausführung des Beförderungsauftrags hat der Mietwagen unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren, es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten.“ Das LG Köln erklärte den Umstand, dass Uber-Fahrer Aufträge auch unabhängig von Weisungen aus dem Betriebssitz annehmen können, für rechtswidrig. Denn das PBefG sieht gerade vor, dass die selbstständige Annahme von Aufträgen nur Taxen vorbehalten ist.
Über die Applikation UberX kann man freie Fahrzeuge herbeirufen, die kostengünstiger sind als Taxen. Ließe man dieses System uneingeschränkt zu, so verlören Taxen ihre Wettbewerbsfähigkeit. Denn das Entgelt für die Personenbeförderung bestimmen bei ihnen festgelegte Taxitarife. Als Korrektiv zu diesen Einschränkungen genießen sie auch als einzige das Vorrecht, Passagiere jederzeit einsteigen zu lassen. Dass Uber-Chauffeure ohne Rückkehr zum Betriebssitz Kundenaufträge entgegennehmen können, sei demnach wettbewerbsverzerrend. Das klagende Taxiunternehmen gehört der Organisation Taxi-Ruf an, die über 1.000 Taxis in Köln vermittelt.
Seit Jahren stehen die Taxibranche und Uber auf Kriegsfuß: ein kurzer Überblick über die Gerichtsstreitigkeiten
Seit dem Urteil des EuGH vom 20.12.2017 (EuGH, Urteil v. 20.12.2017, Az: C‑434/15) steht fest, dass Uber eine Verkehrsdienstleistung und keine freie Dienstleistung darstellt, weshalb es vom Anwendungsbereich des Art. 56 AEUV auszunehmen ist. So können die Mitgliedstaaten selbst die Uber-Tätigkeiten regulieren.
Im Jahr 2014 erklärte der BGH das Geschäftsmodell Uber Black wegen unlauteren Wettbewerbs aufgrund eines Verstoßes gegen das Personenbeförderungsgesetzes für unzulässig (BGH, Urteil. v. 13.12.2018, Az. I ZR 3/16). Es ging um eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung zwischen einem privaten Berliner Taxi-Unternehmen und Uber vor dem LG Berlin (LG Berlin, Urteil v. 9.02.2015, Az. 101 O 125/14) sowie dem Kammergericht (KG Berlin, Urteil v. 11.12.2015, Az. 5 U 31/15). Unlängst hat die genossenschaftliche Taxi Deutschland Servicegesellschaft ebenfalls vor dem Landgericht Frankfurt am Main geklagt und beruft sich auf Verstöße gegen das Personenbeförderungsgesetz.
Konkret moniert der Taxi-Verband, dass Uber sich nur offiziell als reine Vermittlungsplattform darstelle, in Wirklichkeit aber selbst Fahrtpreise festlege und am Beförderungsentgelt zumindest teilhabe. Das würde allerdings Uber als Beförderungsunternehmen qualifizieren, wofür es auch eine Lizenz bräuchte. Das berichtete unter anderem die FAZ. Die Taxi-Genossenschaft hatte bereits 2016 das Verbot von UberPOP erwirkt, worüber Privatleute mit ihrem eigenen Auto entgeltlich Fahrten anbieten konnten (OLG Frankfurt, Urteil v. 09.06.2016, Az: 6 U 73/15). Auch andere europäische Länder haben UberPop angefochten: mittlerweile ist die Anwendung eingestellt worden.
Mit UberX übernahm das Unternehmen einen neuen Anlauf auf dem deutschen Markt, um seinen anfänglichen großen Erfolg nach den erlittenen juristischen Schlappen zu restituieren.
UberX ist verboten, die Applikation kann man immer noch nutzen
Diese einstweilige Verfügung erließ das Landgericht Köln im Juli 2019. Man kann aber über die entsprechende App nach wie vor Mietwagenchauffeure finden. Der Grund für die Nichtwirkung der gerichtlichen Verfügung ist ein formeller: fehlende Zustellung. Der erste Zustellungsversuch an die Europazentrale des Unternehmens in Amsterdam scheiterte, weil das Dokument nicht ins Niederländische übersetzt worden war. Uber vertritt die Auffassung, dass die Annahme des Dokuments deshalb verweigert werden durfte.
Art. 8 der europäischen Verordnung über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (Zustellung von Schriftstücken) sieht nämlich ein Annahmeverweigerungsrecht des Empfängers vor, wenn das Dokument in einer Sprache abgefasst ist, die er nicht versteht, oder die nicht dessen Amtssprache ist. Ob eine solche Weigerung für ein Unternehmen, das sich europaweit und auch in Deutschland betätigt statthaft ist, ist zweifelhaft. Dagegen spricht eine Entscheidung des OLG München aus dem Oktober 2019, das für Facebook angenommen hat, dass man dort Deutsch “verstehe”.
Jedenfalls beteuert der aktuelle Uber Chef Dara Khosrowshahi, dass sein Unternehmen sich an alle Gesetze halten will. Deshalb lässt sich noch hoffen, dass spätestens eine Übersetzung das Recht wieder zur Geltung bringen wird.