Unlautere Telefonwerbung: DSGVO schließt UWG-Ansprüche nicht aus

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Erfolgt eine Werbung mit Telefonanrufen unaufgefordert, ist sie nach § 7 Abs. 1, 2 Nr. 2 UWG unzulässig. Dem Mitbewerber stehen in diesen Fällen zahlreiche wettbewerbsrechtliche Ansprüche zu.

Diese Ansprüche sind hierbei nicht durch die datenschutzrechtlichen Regelungen der DSGVO ausgeschlossen. Dies hat das OLG München in einer aktuellen Entscheidung erneut klargemacht (OLG München, Urteil v. 21.03.2019, Az. 6 U 3377/18). Darin setzte sich das OLG München mit dem Verhältnis des wettbewerbsrechtlichen Belästigungsverbots zum europäischen Datenschutzrecht auseinander.

 Zum Sachverhalt

Die Parteien des Rechtsstreits stritten über die Zulässigkeit von Telefonanrufen zu Werbezwecken. Es handelte sich jeweils um Energieversorgungsunternehmen, die in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen. Der Beklagten wurde vorgeworfen, mehrere Kunden angerufen zu haben, ohne dass diese zuvor eingewilligt hatten.

Nach erfolgloser Abmahnung machte die Klägerin gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Abmahnkostenerstattung und Schadensersatzfeststellung geltend. Durch das Endurteil des Landgerichts München (LG München I, Urteil v. 27.08.2018, Az. 4 HKO 12077/17) wurde dem Antrag der Klägerin stattgegeben.

Berufung der Beklagten

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Nach ihrer Auffassung gehen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen seit Inkrafttreten der DSGVO zum 25.05.2018 den UWG-Regelungen grundsätzlich vor. Da es sich bei der Regelung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG um eine Umsetzung des Art. 13 der Richtlinie 2002/58/EG (ePrivacy-Richtlinie) handele, solle sich die Anspruchsberechtigung bei der Durchsetzung von Rechten betreffend die Telefonwerbung nach Datenschutzrecht und damit – nach deren Inkrafttreten am 25.05.2018 – nach der DSGVO richten, welche keine Anspruchsberechtigung von Mitbewerbern vorsehe. Ein Rückgriff auf das Wettbewerbsrecht  (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG i.V.m. Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG) sei somit nicht möglich.

Unzumutbare Belästigung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG

Die Beklagte habe gegen das in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG geregelte Belästigungsverbot verstoßen, indem sie die Werbeanrufe getätigt habe, ohne zuvor die ausdrückliche Einwilligung der angerufenen Verbraucher einzuholen.

Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG 

Die Klägerin sei als Mitbewerberin der Beklagten für den von ihr geltend gemachten Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG anspruchsberechtigt.

Sperrwirkung der DSGVO gegenüber dem UWG?

Das OLG München hat in seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass wettbewerbsrechtliche Ansprüche vollkommen unabhängig von den datenschutzrechtlichen Regelungen existieren. Das Gericht teilt somit nicht die Auffassung der Beklagten, dass die DSGVO vorrangige Geltung gegenüber Art. 13 Abs. 3 der ePrivacy-Richtlinie beanspruche.

Das OLG verweist auf Art. 95 der DSGVO, welcher das Verhältnis zur ePrivacy-Richtlinie regelt, ohne die DSGVO als vorrangig anzusehen bzw. mit deren Inkrafttreten die ePrivacy-Richtlinie aufzuheben. Damit behalte Art. 13 Abs. 3 der ePrivacy-Richtlinie weiterhin seine Gültigkeit.

Ein Vorrang der DSGVO ist auch nicht dem Willen des Verordnungsgebers, wie er auch in den Erwägungsgründen zur DSGVO zum Ausdruck kommt, entnehmen. In Erwägungsgrund 173 zur DSGVO ist ausgeführt:

„diese Verordnung sollte auf alle Fragen des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten bei der Verarbeitung personenbezogener Daten Anwendung finden, die nicht den in der Richtlinie 2002/58/EG … bestimmten Pflichten, die dasselbe Ziel verfolgen, unterliegen, einschließlich der Pflichten des Verantwortlichen und der Rechte natürlicher Personen. Um das Verhältnis zwischen der vorliegenden Verordnung und der Richtlinie 2002/58/EG klarzustellen, sollte die Richtlinie entsprechend geändert werden. Sobald diese Verordnung angenommen worden ist, sollte die Richtlinie 2002/58/EG einer Überprüfung unterzogen werden, um insbesondere die Kohärenz mit dieser Verordnung zu gewährleisten.“

Somit steht die DSGVO einer Anspruchsberechtigung von Mitbewerbern nicht entgegen.

Aktivlegitimation bei DSGVO-Verstoß nach UWG

Die derzeit in Literatur und Rechtsprechung diskutierte Frage, ob Mitbewerber DSGVO-Verstöße wettbewerbsrechtlich verfolgen können, wird in der Entscheidung nicht beantwortet. Denn vorliegend handelt es sich um einen Verstoß gegen das Verbot der unerlaubten Telefonwerbung gemäß § 7 Abs. 2 Ziff. 2 UWG und somit um einen ganz anderen Streitgegenstand, als bei der Geltendmachung von Verstößen gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen der Art. 5 ff. DSGVO.

Wie wir in mehreren Beiträgen berichtet haben, besteht zur „Abmahnbarkeit“ von Verstößen gegen die DSGVO Uneinigkeit:

Ein höchstrichterliches Urteil hierzu steht noch aus.

Fazit

Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass das wettbewerbsrechtliche Belästigungsverbot nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG auch angesichts des Unionsrechts, insbesondere auch im Hinblick auf die DSGVO, nach diesem Urteil anwendbar bleibt. Bereits in Anbetracht des Ziels der ePrivacy-Richtlinie, ein hohes Datenschutzniveau sicherzustellen, an welchem die DSGVO nichts ändern wolle, liegt es nahe anzunehmen, die DSGVO wolle weitere Mechanismen, die der Durchsetzung der Normen der DSGVO dienen – wie wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche – nicht ausschließen.

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