Wein darf nicht „bekömmlich“ sein
Mit Urteil vom 6.9.2012, hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-544/10 – Deutsches Weintor eG gegen das Land Rheinland-Pfalz entschieden, dass eine Vermarktung von Wein mit der Bezeichnung „bekömmlich“ unzulässig ist.
Gesetzeslage
Zu diesem Ergebnis gelangten die europäischen Richter aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404, S. 9) in der zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 116/2010 der Kommission vom 9. Februar 2010 (ABl. L 37, S. 16) geänderten Fassung.
Diese Verordnung wurde zum Schutz der Verbraucher erlassen, damit diese nicht durch Angaben auf alkoholischen Getränken beeinflusst werden und zum Konsum dergleichen verleitet werden. Die Verordnung verbietet jede „gesundheitsbezogene Angabe“ in der Etikettierung und der Werbung, für Getränke die einen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent haben.
Hintergrund
Eine Winzergenossenschaft aus Rheinland-Pfalz vermarktet Weine, die sich u.a. durch einen geringen Säuregehalt auszeichnen. Auf Weinen dieser Winzergenossenschaft findet sich auf dem oberen Etikett der Hinweis „Edition Mild bekömmlich“. In dem Preisverzeichnis wird der entsprechende Wein als „Edition Mild – sanfte Säure/bekömmlich“ bezeichnet.
Diese Vermarktung wurde durch die zuständige Behörde des Landes Rheinland-Pfalz beanstandet. Denn: Das Prädikat „bekömmlich“ sei eine nach Unionsrecht unzulässige „gesundheitsbezogene Angabe“. Dies sahen die Vertreter der Winzergemeinschaft „Deutsches Weintor“ anders und erhoben eine auf Feststellung gerichtete Klage. Das Gericht sollte feststellen, dass die Klägerin die Bezeichnung „bekömmlich“ auf den Etiketten und der Werbung nutzen darf. Die Winzer sahen in der streitgegenständlichen Aussage „bekömmlich“ keine gesundheitsbezogene Angabe, sondern eine Bewerbung die sich auf das allgemeine Wohlbefinden beziehe. Die Klage ging durch mehrere Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht, das dem Europäischen Gericht die Sache vorlegte, um die Richtlinie genauer auszulegen und deren Vereinbarkeit mit den Grundrechten der Winzer zu prüfen.
Das Urteil des Gerichtshofs fiel zu Lasten der Winzer aus. Die Bezeichnung „bekömmlich“, auch in Verbindung mit den Hinweisen auf einen reduzierten Säuregehalt alle unter das Verbot einer unzulässigen „gesundheitsbezogenen Angabe“. Die Richter stellten insbesondere klar, dass jede Angabe im Zusammenhang mit alkoholhaltigen Getränken unmissverständliche und eindeutig sein muss. Der Verbraucher müsse durch die Angaben in die Lage versetzt werden, den Konsum unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Gefahren zu überdenken. Bei der Bezeichnung „bekömmlich“ werde nur auf die gute „Verdaulichkeit“ hingewiesen, über weitere Gefahren des Alkohols werde dabei aber nicht eingegangen. Schlimmer noch! der Verbraucher wird durch den Hinweis auf die gute Bekömmlichkeit geradezu verleitet den Wein zu konsumieren.
Fazit
Manchmal kommt man nicht umhin, die Sinnhaftigkeit der europäischen Richtlinien zu hinterfragen. Mag das Ziel – der Gesundheitsschutz der Verbraucher – auch ein hehres sein, bei der Auslegung der Normen vermisse ich einen Aspekt: Sollte nicht vom mündigen Verbraucher ausgegangen werden? Diesem kann durchaus zugemutet werden, das er bei der Weinverkostung versteht, dass auch ein „bekömmlicher“ Wein den gleichen Alkohol enthält, wie andere Weine.
Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis der EU-Gesetzgeber das öffentliche Zuprosten verbietet. “Prosit!” heißt bekanntlich immerhin “Es möge nützen!”. (cr)
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