Ich verrate Ihnen nichts Neues: Olympische Spiele sind mehr als eine Sportveranstaltung. Das waren sie immer schon. In der Antike ein Fest für die Götter Griechenlands, das die Zeitrechnung bestimmte – eine Olympiade war der Zeitraum zwischen zwei Spielen –, verehrt Olympia heute den Götzen Mammon. Die Olympischen Spiele der Moderne sind von ökonomischen Interessen überlagert, spätestens, seit Peter Ueberroth 1984 in Los Angeles die ersten ausschließlich privat finanzierten Spiele zu einem gigantischen wirtschaftlichen Erfolg führte.
Der Rubel soll rollen
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) tut alles, damit der Rubel rollt. Fernseh- und Sponsorengelder stehen dabei im Fokus. Das IOC und auch der DOSB überlassen dabei nichts dem Zufall. So regelt die ehrwürdige Olympische Charta, die sonst von Völkerverständigung und dem Frieden in der Welt spricht, in Regel 40, Absatz 3 das Vermarktungsmonopol: „Kein Wettkampfteilnehmer, Trainer, Betreuer oder Funktionär darf seine Person, seinen Namen, sein Bild oder seine sportliche Leistung für Werbezwecke während der Olympischen Spiele einsetzen, außer dies wurde vom IOC genehmigt“.
Verhängnisvolles Klebeband
Die Vermarkungsmöglichkeiten der Olympioniken liegen damit in der Hand des IOC. In der Praxis führt das dazu, dass Athletinnen und Athleten bei ihren Wettkämpfen die Logos ihrer Ausrüster und persönlichen Sponsoren unkenntlich machen müssen, üblicherweise durch Überkleben mit handelsüblichem Klebeband. Das Monopolstreben des IOC treibt dabei bisweilen bizarre Blüten. So wurde die österreichische Skispringerin Sophie Sorschag bei den Winterspielen in Peking disqualifiziert, weil sie durch das Abkleben der Werbung auf ihrem Sprunganzug zwar brav der Regel 40.3 nachkam, zugleich aber gegen eine Regel ihrer Sportart verstieß – das Klebeband verringere die Luftdurchlässigkeit des Anzuges, was ihr einen Vorteil verschaffe, so die Skisprung-Jury.
Die olympischen Werbe-Regeln sind unfair…
Die Causa Sorschlag ist ein gutes Beispiel dafür, wie IOC-Interessen und die Fairness kollidieren, zumal die Athletin doppelt abgestraft wurde: einmal wirtschaftlich (Werbeverbot), einmal sportlich (Disqualifikation). Im Hinblick auf Regel 40.3 verlieren grundsätzlich alle Sportlerinnen und Sportler, weil und soweit sie sich bei Olympia in Sachen Werbung dem Monopolisten unterwerfen müssen und dabei finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Gerade für diejenigen, die sonst nicht so im Mittelpunkt des Medieninteresses stehen und nur alle vier Jahre die nötige „screen-time“ bekommen, ist das bitter.
…und wettbewerbswidrig
Dabei ist die einschlägige Charta-Norm nicht nur unfair, sondern auch rechtswidrig. Das Bundeskartellamt hat sich eingeschaltet und bereits vor drei Jahren gegen die Monopolisten DOSB und IOC geurteilt. Die Regel 40 stelle einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar und sei somit wettbewerbswidrig. Die Sportspitzenverbände verpflichteten sich daraufhin zur Änderung ihrer Regeln in Bezug auf die Möglichkeiten persönlicher Werbung bei Olympia – für deutsche Sportlerinnen und Sportler. Bleibt zu hoffen, dass es irgendwann für alle leichter wird, ihre Sponsoren bei den Spielen ins Spiel zu bringen. Damit auch für weniger bekannte Olympioniken in den Randsportarten Dabeisein am Ende nicht alles ist.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.