OLG Frankfurt: Zur Zulässigkeit vergleichender Werbung mit Testergebnissen
Das OLG Frankfurt hat sich mit der Zulässigkeit vergleichender Werbung mit Testergebnissen befasst, wenn sich die Bewertungsmaßstäbe ändern (OLG Frankfurt, Beschluss v. 22.4.2021, 6 W 26/21).
In dem Verfahren stritten zwei Online-Anbieter von Matratzen. Die Antragstellerin stellt die „Bodyguard“-Matratze her, die 2015 von der Stiftung Warentest getestet und mit der Note 1,8 bewertet wurde. Die Stiftung Warentest kam zu dem Ergebnis, dass die Matratze „die beste je getestete Matratze“ sei. Im Februar 2021 veröffentliche die Stiftung Warentest einen neuen Test, in dem Schaumstoffmatratzen bewertet wurden, darunter auch die „Emma One“-Matratze der Antragstellerin. Die „Bodyguard“-Matratze erhielt hier die Testnote „befriedigend“. Im Gegensatz zu den vorherigen Tests wurden bei Duo-Matratzen erstmals beide Seiten bewertet, wenn es keine Hauptliegeseite gab.
Bezeichnung der Wettbewerbermatratze als „Mittelmaß“
Die Antragsgegnerin warb im März 2021 in der Printausgabe einer Zeitung mit einer Werbeanzeige, in der es hieß, dass die „Emma One Matratze…bei Stiftung Warentest als Testsieger Matratze ausgezeichnet“ worden sei und die „Bodyguard Matratze, die seit 2015 immer Mal getestet wird, neuerdings nur noch Mittelmaß“ sei. „Wieso also mit dem Mittelmaß zufrieden geben?“, hieß es weiter. Außerdem veröffentlichte die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite Werbung mit ähnlichem Inhalt, wo es außerdem hieß „Hast Du genug vom Mittelmaß?“. Darüber hinaus startete sie eine Rabattaktion, in der allen Kunden, die eine „Bodyguard“-Matratze zurückschicken, beim Kauf einer „Emma One“-Matratze Rabatt erhalten.
Rabattaktion gegen Konkurrenzprodukt
Die Antragstellerin beantragte, dass der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr für die Matratze „Emma One“ mit Slogans bzw. Texten zu werben wie „Jetzt ist es raus: Emma One Matratze besser als Bodyguard von A. Der neue Test im Heft 03/2021 bestätigt das“ oder „Nach dem aktuellen Test der Stiftung Warentest ist die Bodyguard Matratze von A, die seit 2015 getestet worden ist…, nur noch Mittelmaß. Sie kam lediglich noch auf die Note „befriedigend (2,6)“. Außerdem wollte die Antragstellerin der Gegnerin untersagen, mit einer Rückgabe- bzw. Rabattaktion zu werben mit der Aussage „Und alle X-Kunden, die auf einer Testsieger-Matratze schlafen wollen, bekommen ebenfalls 10 % Rabatt mit dem Code ‚KlasseStattMasse‘“.
Das Landgericht wies den Antrag der Antragstellerin hinsichtlich der Aussage, die „Emma One“-Matratze sei „besser als Bodyguard“, zurück. Bei der Aussage, dass die „Bodyguard“-Matratze „nur noch Mittelmaß“ sei, änderte das OLG Frankfurt allerdings die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt ab und entschied, dass die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen sei. Dies gelte auch für die Werbung, in der die „Bodyguard“-Matratze „befriedigend“ genannt wurde.
Keine Irreführung trotz geänderter Bewertungskriterien
Eine Irreführung des Verkehrs über die Ergebnisse von Warentests im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 sei „nicht zu erkennen“, entschied das OLG Frankfurt. Die „Emma One“-Matratze der Antragsgegnerin sei nicht besser getestet als die „Bodyguard“-Matratze der Antragstellerin. Auch dass die Antragsgegnerin die Behauptung „besser“ aufstellte, obwohl die Bewertungskriterien der Test nicht vergleichbar seien und ein gänzlich anderes Testverfahren vorliege, stelle keine Irreführung dar.
Zulässige vergleichende Werbung
Die Aussage der Antragsgegnerin, urteilte das OLG, stelle auch keine unzulässige vergleichende Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei die vergleichende Werbung nicht schon deshalb unzulässig, weil es sich bei der Formulierung „besser als …“ um eine Meinungsäußerung der Antragsgegnerin handele. Ein Vergleich müsse Tatsachenbehauptungen zum Inhalt haben, allerdings könnten auch Werturteile einen nachprüfbaren Tatsachenkern haben. So verhalte es sich im konkreten Fall.
Objektiver Vergleich, keine Herabsetzung
Es fehle auch nicht, wie von der Antragstellerin gerügt, an einem objektiven Vergleich im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, da Testnoten aus nicht vergleichbaren Tests miteinander verglichen würden. Dem Vergleich fehle nicht deshalb die Objektivität, weil Noten der Stiftung Warentest aus verschiedenen Tests mit grundlegend verschiedenen Bewertungssystemen verglichen würden. „Es obliegt allein der Stiftung Warentest, wie sie Tests organisiert und durchgeführt, welche Punkte sie in diese Tests einbezieht und insbesondere auch nach welchen Kriterien sie diese Produkte testet“, entschied der Senat. Im Übrigen liege auch keine Herabsetzung nach § 4 Nr. 1 UWG vor.
Irreführung durch Verschweigen geänderter Bewertungskriterien
Hinsichtlich der Aussage, dass nach dem aktuellen Test der Stiftung Warentest die „Bodyguard“-Matratze „nur noch Mittelmaß“ sei, stehe der Antragstellerin jedoch ein Unterlassungsanspruch aus den §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 UWG zu, so das OLG Frankfurt. Die Antragsgegnerin suggeriere hier nämlich eine Abwertung der Matratze im Vergleich zum früheren Ergebnis. Wegen der expliziten Bezugnahme auf Tests seit 2015 könne der angesprochene Verkehr dies nur so verstehen, dass die selbe Matratze mit den gleichen Bewertungskriterien getestet wurde, was in Bezug auf die Bewertungskriterien jedoch nicht der Fall sei. Dies dem Verkehr nicht mitzuteilen, führe zu einer Irreführung.
Vergleichende Werbung ist in Deutschland erst seit dem 14. Juli 2000 erlaubt. Entsprechend beschränkt ist auch die Zahl der Urteile hierzu. Dass ein Fall, der Testergebnisse der allseits bekannten Stiftung Warentest betrifft, vor Gericht landet, ist ebenso wenig alltäglich. Insbesondere da das Gericht eine Vielzahl unterschiedlicher Aussagen und Formulierungen unter die Lupe genommen hat, ist das Urteil hilfreich bei der Beurteilung der Zulässigkeit vergleichender Werbeaussagen.