Nach OLG Stuttgart jetzt auch OLG Köln: Adblocker sind zulässig
Im Streit um die Zulässigkeit des Internet-Werbeblockers “Adblock Plus” hat das OLG Köln klargestellt, dass es – ebenso wie das OLG Stuttgart – der Auffassung ist, dass das Geschäftsmodell der Adblocker rechtlich unbedenklich ist (OLG Köln, Urteil v. 24.6.2016, Az. 6 U 149/15).
Was sind Adblocker?
Adblocker dienen der Unterdrückung von Werbung auf Webseiten. Sie ermöglichen dem Anwender, Online-Werbung zu verstecken und Werbeelemente gar nicht erst aus dem Web herunterzuladen. Adblocker sind als Erweiterung für verschiedene Browser, wie zum Beispiel Mozilla Firefox, Mozilla Firefox Mobile, Google Chrome und Opera erhältlich.
Der Springer-Verlag hält Adblocker für unzulässig
Die Klägerin hält den Adblocker der Beklagten für eine unlautere Behinderung des Wettbewerbs. Sie ist der Ansicht, dass die Beklagte ihr Geschäftsmodell durch die Ausschaltung der Werbung gezielt und mit Schädigungsabsicht behindere. Durch den Werbeblocker würden der Inhalt der Website und die Werbung voneinander getrennt, was mit dem Abreißen von Plakatwerbung vergleichbar sei. Die Werbung sichere aber die Finanzierung des Medienangebotes, was den Nutzern bekannt sei und von diesen stillschweigend gebilligt werde. Da die Beklagte durch den Abschluss von Whitelisting-Verträgen Einkommen erziele, habe sie ein Interesse an der Aufrechterhaltung von Werbung.
Das OLG Köln bestätigt Zulässigkeit von Adblockern
Dieser Auffassung ist das OLG Köln in den entscheidenen Punkten nicht gefolgt. Der Senat hebt hervor, dass in der Bereitstellung eines Adblockers insbesondere keine gezielte Behinderung der geschäftlichen Aktivitäten der Klägerin liegt. Dies setze voraus dass, physische Einwirkungen auf Produkt oder Werbung erfolgen, eine bereits konkret adressierte Leistung den Adressaten unbemerkt oder ohne seinen Einfluss nicht mehr erreicht (Rufumleitung), oder dass Informationen ohne Zutun des Nutzers vorenthalten werden (Mehrfachanmeldung von Domains, Keyword-Buying).
Medien dürfen dem Nutzer die Art der Wahrnehmung der Inhalte nicht vorschreiben
Dies sei aber nicht der Fall, weil der Adblocker nicht in Datenströme eingreife, sondern nach den Vorgaben des Nutzers schlicht die Art und Weise verändere, wie Inhalte über den Browser dargestellt werden. Die Konstellation entspreche im Ergebnis daher den Erwägungen des BGH im Fall „Werbeblocker“:
“Nach den dort festgehaltenen Erwägungen berücksichtigt der Einsatz von Werbeblockern zwar das Interesse der Inhalteanbieter, mit Werbeinformationen möglichst viele Zuschauer zu erreichen, wovon die Höhe der Werbeeinnahmen abhängt (BGH GRUR 2004, 878, 879). Allerdings geht es dort wie hier nur um mittelbare Einwirkungen. Hierbei sind auch die Interessen des Nutzers an der Abwehr unerwünschter Informationen zu gewichten. Dieser Grundgedanke ist auch in § 7 UWG erkennbar. Solange eine Abwehrmaßnahme nicht vom Diensteanbieter aufgedrängt, sondern vom Nutzer selbst installiert oder zugelassen wird, fehlt es an der gezielten Behinderung.”
Medien haben kein Recht, dem Nutzer unerwünschte Werbung aufzudrängen
Auch die Pressefreiheit enthalte nicht die Befugnis, dem Nutzer unerwünschte Werbung oder sonstige Inhalte aufzudrängen:
“Die Annahme, dass es zwischen Nutzer und Presseverlegern ein stillschweigendes Einverständnis darüber gibt, dass kostenlose Inhalte nur werbefinanziert bereitgestellt werden, mag zwar faktisch eine Rolle bei der Vermarktung von Gratisinhalten durch Presseverleger spielen, sie vermittelt aber keine Pflicht des Nutzers, Werbung zu rezipieren. Für den Nutzer bleibt es dabei, dass auch seine negative Informationsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt ist und daher Werbung auch dann nicht rezipiert werden muss, wenn sie der Finanzierung wichtiger Informationsmedien dient. Sofern es technisch möglich ist, die Daten mit Werbeinhalten durch Maßnahmen im Empfangsbereich des Nutzers gar nicht erst entgegenzunehmen, darf der Nutzer sich solcher Mittel bedienen. Ein solches Mittel steht mit dem elektronischen Abruf von Daten unter Nutzung von Filterregeln bereit. Der Inhalteanbieter liefert gewissermaßen ein Verzeichnis von Angeboten, unter denen der Nutzer nach vorformulierten Regeln bestimmte Zulieferungen ablehnt. Eines substanzieller Eingriffs in die Daten selbst oder die technische Infrastruktur des Anbieters bedarf es dazu gerade nicht.”
Onlinemedien können Nutzer aussperren oder Bezahlmodelle anbieten
Das Oberlandesgericht Köln stützt seine Auffassung schließlich mit dem auch in unserem Verfahren vor dem OLG Stuttgart relevanten Argument, dass der Springer-Verlang durch die „Aussperrung“ von Nutzern mit Adblockern (zum Beispiel auf www.bild.de) selbst einen technischen Weg gefunden hat, den gleichzeitigen Empfang von redaktionellen Inhalten mit Werbeserverangeboten zu verkoppeln und dabei den reinen Inhaltebezug ohne Werbung zu verhindern. Darüber hinaus kommen auch Bezahlangebote in Betracht, die in Gestalt von BildPlus ebenfalls bereits realisiert werden.
OLG Köln lässt Revision zum BGH zu
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ist der Argumentation der Klägerin zwar teilweise gefolgt. Er hält die Software für unzulässig, wenn und soweit die Werbung nur nach vorgegebenen Kriterien und gegen Zahlung eines Entgelts nicht unterdrückt wird (“Whitelist”). Der Senat hat jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil es um ungeklärte Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung gehe. Die Klägerin kann das Urteil bis zur Rechtskraft nur gegen Sicherheitsleistung eines erheblichen Betrages vorläufig vollstrecken.
Da beide Parteien angekündigt haben, Revision einlegen zu wollen, wird der Rechtsstreit weitergehen. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass europäische Auslegungsfragen vom EuGH beantwortet werden müssen.