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Ist das Kunst oder kann das weg?

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angewandte Kunst
Foto von Louis Hansel auf Unsplash

Kann ein Gebrauchsgegenstand wie ein Terrassen-Heizstrahler Schutz als Werk der angewandten Kunst genießen? Um diese Frage ging es in einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg, Urteil vom 30.03.2023, Az. 5 U 77/21).

Ein Online-Händler bot einen silbernen Heizstrahler mit viereckiger Grundform im Internet an und wurde von der Antragstellerin auf Unterlassung in Anspruch genommen. Eine ausländische Firma meldete die Gestaltung eines silbernen Heizstrahlers mit dreieckiger Grundform als Geschmacksmuster an. Ein ähnlicher Heizstrahler mit viereckiger Grundform wiederum wurde von einer Limited aus Taiwan als Geschmacksmuster eingetragen. Die Antragstellerin erreichte, dass dieses Geschmacksmuster für den viereckigen Heizstrahler für nichtig erklärt wird. Das Geschmacksmuster für den dreieckigen Heizstrahler wurde dann ebenfalls für nichtig erklärt. Die Antragstellerin berief sich auf eine Lizenzierung für den dreieckigen Heizstrahler.

Schutzfähigkeit gegeben?

Die Antragsgegnerin war der Meinung, dem streitgegenständlichen Heizstrahler mangele es an der erforderlichen Schutzfähigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Urhebergesetz (UrhG) als Werk der angewandten Künste. Das OLG Hamburg bejahte eine Verletzung. Die Antragsgegnerin habe das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht der Antragstellerin gemäß §§ 16, 17 Abs. 1 UrhG verletzt. Der angegriffene Heizstrahler übernehme wesentliche Gestaltungsmerkmale.

Angewandte Kunst genießt gleichen urheberrechtlichen Schutz wie bildende Kunst

Auch das verletzte Geschmacksmuster sei geprägt durch die geometrische Form einer Pyramide. Zwar verfüge diese über mehr Ecken als das Verfügungsmuster, doch werde ebenfalls die Funktion der Brennkammer und das Flammenspiel durch einen vertikalen Glaskolben durch ein Gitter hindurch sichtbar gemacht. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass das Verfügungsmuster eine erheblich andere Formgestaltung als bekannte Heizstrahlern aufweise. Es könne daher keinen ganz geringen Schutzumfang beanspruchen. Auch die Anzahl der Ecken sei kein Umstand, der zu einem anderen Gesamteindruck führe.

Das Landgericht, so das OLG Hamburg, habe zu Recht einen Anspruch auf Unterlassung wegen des Angebots und der Verbreitung des Heizstrahlers aus §§ 16, 17 i.V.m. § 97 Abs. 1 UrhG bejaht.

Persönliche geistige Schöpfung erforderlich

Der Senat des OLG Hamburg schloss sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an. Danach sind an den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder von Werken der Literatur und Musik. Egal ob Gebrauchsgegenstände oder teure Kunstwerke – es gelten also die gleichen Anforderungen an die Gestaltungshöhe.

Urheberrechtlicher Schutz: Persönliche künstlerische Leistung ist Voraussetzung

Es komme, heißt es im Urteil, darauf an, dass eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG vorliege. Diese müsse individuell geprägt sein und ihr ästhetischer Gehalt müsse einen solchen Grad erreichen, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden könne.

Bei Werken der angewandten Kunst begründe die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen Urheberrechtsschutz. Aber nur, soweit sie nicht dem Gebrauchszweck geschuldet sei, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruhe. Maßgeblich sei der Gesamteindruck, der sich aus dem Zusammenspiel aller wesentlichen Eigenschaften ergebe, urteilte das OLG Hamburg.

Rechtfertigt Gestaltungshöhe urheberrechtlichen Schutz?

Gebrauchsgegenständen müssten „durch den Gebrauchszweck bedingte Gestaltungsmerkmale“ aufweisen. Bei Gebrauchsgegenständen sei der Spielraum für eine künstlerische Gestaltung regelmäßig eingeschränkt. Deshalb stelle sich bei Gebrauchsgegenständen in besonderem Maß die Frage, ob sie über ihre durch die Funktion vorgegebene Form hinaus künstlerisch gestaltet sind und diese Gestaltung eine Gestaltungshöhe erreicht, die urheberrechtlichen Schutz rechtfertigt.

Ein heißes Urteil aus Hamburg, wo Heizpilze aus Umweltschutzgründen vom Senat verboten wurden? – Jedenfalls eines mit Strahlwirkung.

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