Irreführend: Google-Werbung mit nicht vorhandenem Firmenstandort
Es ist irreführend, mit einer Google-Adwords-Anzeige mit einem Firmenstandort zu werben, der gar nicht existiert. Das hat das OLG Hamburg in einem Google betreffenden Fall entschieden (OLG Hamburg, Beschluss v. 3.2.2021, Az. 3 U 168/19).
Schuldnerberatung überall?
Die Antragsgegnerin in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bewarb ihre Dienstleistungen im Internet mit einer Google-Adwords-Anzeige, welche die Angabe „Schuldnerberatung Köln“ enthielt, obwohl der Rechtsanwalt dort keine Geschäftsräume unterhielt.
Die Gegenpartei ist ein ebenfalls im Bereich der Schuldnerberatung tätiger Rechtsanwalt. Dieser nahm die Antragsgegnerin aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch. Er erwirkte zudem eine Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg, welche dem Antragsgegner untersagte, im geschäftlichen Verkehr auf dem Gebiet der Schuldnerberatung anwaltliche Dienstleistungen im Internet mit dem Begriff „Schuldnerberatung“ in Verbindung mit dem Namen von Orten zu bewerben, in welchen die Antragsgegnerin weder eine Kanzlei noch eine Zweigstelle unterhält.
Schuldnerberatung: Gesteigerte Aufmerksamkeit
Das OLG entschied, die in Rede stehende Schuldnerberatungsdienstleistung sei für den Ratsuchenden regelmäßig von erheblicher Bedeutung, da sie einen zentralen Bereich der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensführung betreffe. Entsprechend würden sich Ratsuchende entsprechenden Werbeangaben in der Regel mit gesteigerter Aufmerksamkeit zuwenden.
OLG-Richter als potentielle Schuldner
Die beanstandete Werbemaßnahme der Antragsgegnerin wende sich an Personen, die eine Schuldnerberatung in Anspruch nehmen wollten oder zumindest dafür in Betracht kämen, mithin an den allgemeinen Verkehr. Zu diesem gehörten auch die Mitglieder des OLG-Senats, so dass dieser selbst beurteilen könne, wie die streitgegenständliche Werbung von dem angesprochenen Verkehrskreis verstanden werde.
Der Senat ging ähnlich wie das Landgericht davon aus, dass der maßgebliche Verkehrskreis bei der Angabe „Schuldnerberatung Köln“ annehme, dass die Antragsgegnerin auch einen Standort in dem Ort unterhalte und dort auch eine Beratung erfolgen könne. Die Angabe „Schuldnerberatung Köln“ deute nach allgemeinem Sprachgebrauch auf eine in Köln ansässige Schuldnerberatung hin, so der Beschluss.
Irreführung zu geschäftlicher Handlung
Unterhalte jemand, der so wirbt, entgegen der Erwartung des angesprochenen Verkehrs in Köln weder einen Sitz noch eine Zweigstelle und finde die beworbene Schuldnerberatung nicht vor Ort in Köln statt, werde der Verkehr in die Irre geführt. Diese Irreführung sei auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Ort des Sitzes ist wesentliches Unternehmensmerkmal
Die Formulierung „Schuldnerberatung Köln“ sei eine Angabe, die sich in erster Linie auf ein wesentliches Merkmal der angebotenen Leistung beziehe, da sie die räumliche Verfügbarkeit und die Ausführung der Schuldnerberatung betreffe. Gleichzeitig beschreibe die Angabe ein wesentliches Merkmal des Unternehmens, nämlich dessen Sitz.
Studienfreund als Anwalt: Nicht automatisch Rechtsmissbrauch
Der Antragsgegner in dem Verfahren trug vor, dass es sich bei dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers um einen alten Studienfreund des Antragstellers handele. Dieser trete für ihn anwaltlich nach außen, um im besten Fall erstattungsfähige Gebühren entstehen zu lassen. Beide seien sich einig, dass der Prozessbevollmächtigte im Erfolgsfall vom Gegner eine Vergütung erhalte und der Antragsteller ihm ansonsten keine Vergütung nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz schulde.
Das OLG Hamburg entschied dazu, dass es „nicht schon einen Rechtsmissbrauch“ indiziere, wenn ein in der Schuldnerberatung tätiger Rechtsanwalt in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit für eine Abmahnung einen Wettbewerbsrechtsanwalt beauftrage. Denn das Wettbewerbsrecht weise eine Reihe von Besonderheiten auf, „die fachfremden Rechtsanwälten nicht zwingend geläufig sind bzw. sein müssen“, so das OLG Hamburg. Nichts anderes gelte im Fall einer Verteidigung gegen eine wettbewerbsrechtliche Inanspruchnahme.
Klarere Werberegeln
Da der Bereich der Online-Werbung hart umkämpft ist, sorgt der Rechtsspruch für Klarheit, was in diesem Bereich wettbewerbsrechtlich erlaubt ist und was nicht. Sofern die Vorgaben des Gerichts auch flächendeckend umgesetzt werden, können Verbraucher nun sicherer sein, dass ein Unternehmen auch in einem Ort vertreten ist, mit dem es wirbt.