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Endlos Verfahren: Kraftwerk gegen Pelham
Photo by Steve Harvey on Unsplash

Der schier endlose Rechtsstreit zwischen Moses Pelham und „Kraftwerk“ geht weiter.

In der Kürze liegt die Würze. Das gilt auch für die Musik. Oft genug sind es winzige Tonfolgen und Rhythmussequenzen, die im Ohr bleiben. Beethoven? Ta-ta-ta-taaa! Vier Töne – und jeder weiß Bescheid. Insoweit ist es nicht allzu verwunderlich, dass eine Zwei-Sekunden-Sequenz als solche schützenswert ist und sich der Urheber auf dem Rechtsweg um entsprechenden Schutz bemüht.

So geschehen im Fall der Düsseldorfer Elektro-Pioniere „Kraftwerk“, die den Rapper und Musikproduzenten Moses Pelham verklagt haben, weil dieser in einem seiner Produktionen auf einen kurzen „Kraftwerk“-Beat zurückgreift, ohne dafür die Erlaubnis erteilt bekommen zu haben.

Kurz ist die Sequenz, lang ist der Streit

Moses Pelham und „Kraftwerk“-Mitbegründer Ralf Hütter haben sich unlängst zu einer neuen Runde ihres mittlerweile mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Rechtsstreits getroffen. In Karlruhe, dem Woostock des deutschen Rechtswesens. In der inzwischen vierten Verhandlung des Bundesgerichtshofs (BGH, Az.: I ZR 115/16) zeichnet sich ab, dass Pelham einen Kraftwerk-Beat aus dem Titel „Metall auf Metall“ von 1977 wohl zwanzig Jahre danach ungefragt kopieren und unter den Song „Nur mir“ der Rapperin Sabrina Setlur legen, nach 2002 jedoch – aufgrund veränderter Rechtslage – keine Tonträger dieses Musikstücks mehr herstellen und vertreiben durfte.

Geändertes EU-Urheberrecht 

Denn: 2002 ist das Urheberrecht in der Europäischen Union vereinheitlicht worden. Für die Zeit danach hatte der EuGH auf Anfrage des BGH entschieden, dass eine fremde Tonsequenz nur dann ohne Erlaubnis verwendet werden darf, wenn sie für den Hörer in dem neuen Werk nicht wiederzuerkennen ist (EuGH, Urteil v. 29.7.2019, Az.: C-476/17). Die obersten Zivilrichter des BGH müssen nun entscheiden, ob das auf den Setlur-Song zutrifft. Dabei muss in der Sache zwischen „Wahrnehmbarkeit“ (es lässt sich Übereinstimmung zeigen) und „Wiedererkennbarkeit“ (man kann die Übereinstimmung auch ohne weiteres hören) unterschieden werden. Ein Stück für Musikexperten.

Verfahren von grundsätzlicher Relevanz für die Musikbranche

Der Prozess könnte sich noch lange hinziehen. Beeindruckend schon jetzt die Liste der Instanzen und Termine, aber auch der einschlägigen Rechtsnormen (vgl. dazu die Pressemitteilung des BGH zum Entscheidungsverkündungstermin). Die Entscheidung, die in den kommenden Wochen bis Monaten verkündet werden soll, ist für die gesamte Musikbranche von großer Bedeutung, weil darin wohl sehr grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Kunstfreiheit und Urheberrecht beantwortet werden. Wie auch immer das Resultat dann aussehen mag, einer wird es nicht mehr erfahren: Florian Schneider-Esleben, der andere „Kraftwerk“-Mitgründer. Er ist im April verstorben.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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