Auf Google kommt viel Arbeit zu
So leitet Konrad Lischka seinen Artikel zur aktuellen und mit Spannung erwarteten BGH-Entscheidung bezüglich der Autovervollständigungsfunktion von Google auf SPON ein. Und das zu Recht.
Bisher existiert dazu noch kein Urteil mit Gründen sondern nur eine Pressemitteilung. Wir berichteten.
Die unscheinbare Pressemitteilung hat es in sich: Nachdem sich Google bisher duch die Instanzen mit dem typischen “Wir verdienen zwar Milliarden mit unserer Plattform, können aber für nichts”-Argument erfolgreich verteidigen konnte und erfolgreich eingewandt hatte, dass die automatischen Vervollständigungen gar nichts über die Betroffenen aussagten, sondern nur über das Suchverhalten anderer Nutzer der Suchmaschine, ist damit – wohl zu Recht – jetzt Schluss.
Denn anders als die bloßen Suchergebnisse, die grundsätzlich tatsächlich auf fremde Inhalte zurückzuführend sind, gibt Google mit der Autovervollständigungsfunktion gewissermaßen eigene Daten weiter. Wir hatten uns bereits im September 2012 dazu hier nähere Gedanken gemacht.
Obwohl – wie der BGH betont – Google regelmäßig nicht dazu verpflichtet ist, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen, muss Google jedoch dann handeln, wenn die Verantwortlichen Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangen.
Auf Google kommt demnach tatsächlich viel Arbeit zu. Wer sich, wie wir, häufig mit rechtswidrigen Äußerungen im Internet zu befassen hat, weiß, dass der Schlüssel zur erfolgreichen Verleumdung ein gutes Google-Suchergebnis ist. Das heißt, die schönste Beleidigung verschwindet in den Weiten des Netzes, wenn sie nicht bei der Eingabe bestimmter Suchbegriffe auch bei Google auf den ersten Ergebnisseiten auftaucht. Ist die betreffende Seite demgegenüber richtig optimiert, erscheint sie auch für deutsche Suchende, selbst wenn sie im Ausland gehostet wird. Wer es dann noch schafft, Google dazu zu bewegen, nach Eingabe eines bestimmten Namens nicht nur organische Ergebnisse anzuzeigen, sondern im Rahmen der Autovervollständigungsfunktion auch die Verleumdung als solche, wie im Beispiel des BGH-Falls “Betrug”, anzuzeigen, intensiviert die Rechtsverletzung nicht nur erheblich, sondern macht es für den Betroffenen auch fast unmöglich, sich zu wehren.
Die perfide Argumentation: Obwohl sogar gänzlich unvoreingenommene Suchende bereits in der Eingabezeile mit der Nase auf die Verleumdung gestoßen werden, nach der sie suchen können, wenn sie möchten (natürlich möchten dann auch viele, die vorher eventuell ahnungslos waren) kann man aber nichts dagegen unternehmen, da Google die betreffende Behauptung selbst nicht aufstellt, sondern nur von (ggfls. schlüpfrigen Fantasien beflügelten aber von der Meinungsfreiheit geschützten Gedanken getragenen) Suchanfragen Dritter stammen. Kann man nichts machen. Leider.
Damit dürfte jetzt Schluss sein. Jetzt muss Google nach Aufforderung die Suchvorschläge umgehend löschen. Dafür ist es unseres Erachtens auch höchste Zeit. Es ist manchmal schlicht unglaubwürdig, dass alleine die vergangenen Suchanfragen von unbedarften Googlenutzern zu den abstrusen und oft geradezu perfiden Wortkombinationen führen sollen. Zumal, worauf Lischka zutreffenderweise hinweist, der tollste Algorithmus letztendlich auch nur das macht, was Menschen ihm vorgeben.
Aber nicht nur das. Es steht zu hoffen, dass die BGH-Entscheidung auch ein Ende der wohl durch die eBay-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. “Internetversteigerung I”) begonnene”Wir verdanken unseren Reichtum ausschließlich fremden Inhalten und da diese so umfangreich sind, stünde unser Geschäftsmodell in Frage, wenn uns zugemutet würde, diese auch zu kontrollieren”-Ära einläutet. Wir hatten das Phänomen bereits 2010 unter der Überschrift “Ist der Ehrliche der Dumme” hier beleuchtet.
Die ersten Mandanten haben die wegweisende Entscheidung zum Anlass genommen und uns gebeten, die erforderlichen Schritte gegen illegale Suchvorschläge vorzugehen.
Praxistipp:
Falls auch Sie rechtswidrige Ergebnisse der Autovervollständigungsfunktion löschen wollen, sollten Sie Google dazu unter Setzung einer bestimmten angemessenen (7-10 Tage) Frist nach dem Kalender auffordern. Wichtig dabei ist, dass sie genau mitteilen, was und vor allem weshalb es Sie stört bzw. warum Sie der Meinung sind, dass es Ihre Rechte verletzt.
Falls Google dieser Aufforderung nicht nachkommt, können Sie eine kostenpflichtige Abmahnung aussprechen und ggfls. auch auf Unterlassung und sogar Schadensersatz klagen. Das hat der BGH jetzt geklärt. Endlich. (la)