Darf man Stalker bei Facebook öffentlich machen?
Ariane Friedrich, eine bekannte Hochspringerin, hat es getan. Sie erhielt eine obszöne E-Mail, der ein Foto des Geschlechtsteiles des Absenders beigefügt war. In der Timeline ihres Facebookprofils teilt sie mit:
“Liebe Followers, eben erreichte mich folgende Facebookmail : Thorsten D. wohnhaft in A. (voller Name und Adresse von uns gekürzt) schrieb:” Willst du mal einen schönen Schw*** sehen, Gerade geduscht und frisch rasiert.” Zusätzlich hat er noch eine Datei mitgeschickt, die ich nicht öffnen werde. NEIN HERR D. , ich möchte weder Ihr Geschlechtsteil,noch die Geschlechtsteile anderer Fans sehen. Anzeige folgt.”
Das Vorgehen von Frau Friedrich hat auf Facebook ein großes Echo ausgelöst. Zur Zeit hat der oben genannte Eintrag immerhin schon 905 Kommentare. Über 4000 Menschen gefällt der Eintrag.
Neben umfangreichem Zuspruch erntete Frau Friedrich auch Kritik. Während viele der Ansicht waren, dass es nur gerecht sei, die heimlichen Annäherungsversuche eines Stalkers öffentlich zu machen, wiesen andere auf das Problem hin, dass Frau Friedrich nicht sicher davon ausgehen könne, dass die Nachricht auch tatsächlich vom angegebenen Absender stammt.
Veröffentlichen von vertraulichen Nachrichten – darf man das?
Bei allem Verständnis für die Verärgerung von Frau Friedrich stellt sich dennoch die Frage, ob ein solches Vorgehen rechtmäßig ist. Das Veröffentlichen von E-Mails ergibt in mehrerer Hinsicht Probleme.
Stimmt der Absender?
Im Falle von Frau Friedrich stellen sich die Verwürfe zwar schnell als zutreffend heraus. Der Mann erhielt einen Strafbefehl in Höhe von 1050 Euro wegen des Verbreitens pornografischer Schriften.
Frau Friedrich konnte sich zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung jedoch nicht völlig sicher sein, dass die Nachricht auch tatsächlich vom angegebenen Absender stammte. Falls dies nicht der Fall gewesen wäre, hätte Frau Friedrich unwahre Tatsachenbehauptungen verbreitet. Ein zu Unrecht Beschuldigter hätte kann sich dagegen gem. §§ 823, 1004 BGB ff. zur Wehr setzen und auch gglfs. Schadensersatz verlangen können. Frau Friedrich hätte somit ihrerseits abgemahnt werden und ihr Verhalten gerichtlich zum Beispiel mit einer einstweiligen Verfügung untersagt werden können. Zusätzlich hätte sie zur Zahlung eines Geldbetrags zur Schadenskompensation verurteilt werden können.
Und wenn es stimmt?
Selbst wenn daher gewesen wäre, dass der genannte Absender richtig ist, ist die Veröffentlichung einer vertraulichen Nachricht, auch wenn deren Inhalt der Wahrheit entspricht, nicht in jedem Falle zulässig. Im vorliegenden Fall ist zudem zu beachten, dass Frau Friedrich nicht nur den vollen Namen, sondern auch den Wohnort des Mannes genannt hat. Letzteres könnte über das hinausgehen, was bei einer öffentlichen Mitteilung gestattet ist. Die Veröffentlichung einer vertraulichen Nachricht eines Dritten auf einer Internetseite kann außerdem einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Gestalt der Geheimsphäre darstellen.
Vertrauliche E-Mail-Nachrichten dürfen nicht veröffentlicht werden
In einem älteren, durch unsere Kanzlei vertretenen Fall hatte das Landgericht Köln (LG Köln, Urteil v. 06.09.2006 , Az. 28 O 178/06) entschieden, das die Veröffentlichung einer E-Mail, einen Eingriff in die so genannte Sphäre des Betroffenen kann. Die Geheimsphäre betrifft den Bereich menschlichen Lebens, der der Öffentlichkeit bei verständiger Würdigung nicht preisgegeben werden soll. In diesen Bereich fallen auch schriftliche Aufzeichnungen sowie Tonbandaufzeichnungen, persönliche Briefe und auch E-Mails, die berufliche oder geschäftliche Fragen betreffen, insbesondere persönliche Aufzeichnungen zu beruflichen oder geschäftlichen Erlebnissen oder Planungen. Das Landgericht Köln ist unserer Auffassung gefolgt, dass allein mit dem Versenden einer E-Mail könne noch nicht davon gesprochen werden, dass der Versender den heimischen Bereich verlassen und sich in einem allgemeine Späre begeben hat. Hiervon sei allenfalls dann auszugehen, wenn der Versender eine an einen nicht abgegrenzten Personenkreis gerichtete E-Mail verfasst und versendet habe, nicht jedoch im Fall einer an eine bzw. zwei Personen gerichtete und versandte E-Mail.
Auch belästigende Nachrichten können der Geheimspäre unterfallen
Nach diesen Vorgaben muss man bei der vorliegenden Nachricht davon ausgehen, dass diese speziell ausschließlich für Frau Friedrich und daher für niemand anders bestimmt war. Kurioserweise könnte dies dazu führen, dass die Nachricht, auch wenn sie unerwünscht und belästigend war, durchaus dem Geheimnisschutz unterfiel und daher grundsätzlich auch nicht ohne weiteres veröffentlicht werden durfte.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Auch wenn man die Maßnahme von Frau Friedrichs unter rechtlichen Gesichtspunkten kritisch sehen kann: Verständlich ist sie allemal. (la)