Marions Kochbuch gegen Chefkoch: Bei Verstoß gegen gerichtliches Unterlassungsverbot ist Prüfungsgegenstand im Erkenntnisverfahren entscheidend
Der Bundesgerichtshof hat über den Umfang eines gerichtlichen Unterlassungsverbot entschieden (BGH, Beschluss vom 03.04.2014, Az.: I ZB 42/11). Es ging konkret um die Frage, ob die unberechtigte Veröffentlichung von Fotos, die nicht explizit im gerichtlichen Unterlassungsverbot genannt sind, einen kerngleichen Verstoß dagegen darstellt und daher ein Ordnungsgeld fällig wird.
Hintergrund des gerichtlichen Unterlassungsverbots war ein Rechtsstreit der Inhaber der Webseite „marions-kochbuch.de“ gegen die Betreiber des Internetportals „chefkoch.de“ wegen Verletzung von Fotorechten (BGH, Urteil vom 12.11.2009, Az. I ZR 166/07).
Die Betreiber der Plattform „chefkoch.de“ wurden in dem Verfahren verurteilt,
“es zu unterlassen, die vom Gläubiger erstellten und unter “www.marions-kochbuch.de ” abrufbaren Fotografien und/oder Teile davon ohne Erlaubnis öffentlich zugänglich zu machen, insbesondere auf der unter “www.chefkoch.de” abrufbaren Seite zur Schau zu stellen und/oder durch das Aufspielen oder Aufspielenlassen der Inhalte auf andere Server oder Speichermedien Dritter zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen.”
In der Revisionsentscheidung hatte der BGH durch Auslegung des Klageantrags ausdrücklich festgestellt, dass sich der Antrag ausschließlich auf die drei im Sachverhalt genannten Lichtbilder “Schinkenkrustenbraten”, “Amerikaner” und “Sigara Börek mit Hack” beziehe. Als die Inhaber des Internetportals „marions-kochbuch.de“ nun feststellten, dass bei „chefkoch.de“ andere Fotos von ihnen unberechtigt veröffentlicht wurden, wurde ein Ordnungsgeld beantragt.
Dies lehnte der BGH nun ab mit der Begründung, der gerichtlich titulierte Unterlassungsanspruch beziehe sich ausschließlich auf die drei explizit genannten Lichtbilder.
Konkret heißt es in dem Beschluss:
„Die Verletzung eines bestimmten Schutzrechtes kann die Verhängung eines Ordnungsmittels für kerngleiche Verletzungen anderer Schutzrechte rechtfertigen, wenn die kerngleichen Verletzungshandlungen in das Erkenntnisverfahren und die Verurteilung einbezogen sind (Fortführung von BGH, Urteil vom 20.06.2013, Az. I ZR 55/12).“
Und weiter:
„Das rechtlich Charakteristische der konkreten Verletzungsform, das für die Bestimmung des Kerns der verbotenen Handlung und die Reichweite des Vollstreckungstitels maßgeblich ist, ist auf die Schutzrechte beschränkt, die Prüfungsgegenstand im Erkenntnisverfahren gewesen sind.“
Dies bedeutet also, dass kerngleiche Verstöße gegen ein gerichtliches Unterlassungsverbot nur dann in Betracht kommen, wenn diese kerngleichen Verletzungshandlungen bereits im Erkenntnisverfahren geprüft bzw. berücksichtigt worden sind. Der BGH hat hierzu ferner klargestellt, dass es sich bei den neu gerügten Verletzungshandlungen um neue, eigenständige Rechtsverletzungen handelt. Insofern stellt sich uns aus anwaltlich beratender Sicht die Frage, warum überhaupt wegen der Verhängung eines Ordnungsmittels der Instanzenweg voll ausgeschöpft worden ist und nicht unmittelbar die neuen Rechtsverletzungen abgemahnt bzw. gerichtlich unterbunden worden sind. (pi)
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