Abmahnung aus der Wort-/Bildmarke "STFU" rechtens? Oder ist die Marke sogar löschungsreif?
Die Netzgemeinde ist einmal wieder in Aufruhr.
Wie Spiegel-Online berichtet, ist der Inhaber der Wort-/Bildmarke “STFU” gegen die Betreiber der Onlineplattform Getdigital im Wege einer Abmahnung vorgegangen, da diese T-Shits mit eben diesem Aufdruck, nämlich “STFU” zum Kauf anboten.
Die Marke ist seit 6 Jahren beim DPMA unter der Registernummer 30551745 eingetragen und schützt Schmuckwaren, Bekleidungsstücke sowie Turn- und Sportartikel.
Laut Spiegel sind einige User im Netz empört. Bei Getdigital bezeichnet man die Tatsache, dass ein derart allgemein gebräuchlicher Begriff geschützt ist, als “Unding”, da die Abkürzung schließlich im Internet seit Jahren bekannt sei und somit als Teil der Sprache angesehen werden könne.
Trotzdem kam man offenbar der Unterlassungsaufforderung nach, unterzeichnete die Unterlassungserklärung und bezahlte auch die geforderten Anwaltskosten.
Mit Hilfe einer Spendenaktion plant Getdigital nun jedoch, die Marke mit einem Löschungsantrag zu Fall zu bringen. Stolze 3600 € will Getdigital in den Versuch der Löschung der Marke investieren. Lediglich ein Drittel dieses Betrags möchte man jedoch selbst tragen. Für den Rest sollen fleißige Spender aufkommen. “Wir schwimmen eben auch nicht in Geld”, so der Geschäftsführer Philipp Stern. Dafür mutet Betrag aber viel an, wenn man bedenkt, dass der auf absolute Eintragungshindernisse gestützte Antrag auf Löschung einer Marke beim DPMA lediglich eine Gebühr von 300 € verursacht.
Es ist daher davon auszugehen dass der mit dem Löschungsantrag beauftragte Anwalt eine Rechnung in einer Größenordnung von ca. 3300 € stellen wird. Abgesehen davon ist es etwas merkwürdig (und, wenn es funktioniert, natürlich genial), wenn der Täter einer Markenrechtsverletzung sich der Netzgemeinde nicht nur PR-wirksam als Abmahnopfer präsentiert, sondern sich diese Werbeaktion auch noch zu einem Großteil unmittelbar von seiner Zielgruppe finanzieren lässt.
Potentielle Spender sollten sich aber nicht nur vor diesem Hintergrund gut überlegen, ob ihr Geld in die geplante Aktion weise investiert ist. Denn die Erfolgsaussichten des Vorhabens sind gering.
Ein Löschungsantrag hätte Erfolg, wenn eine oder mehrere der Alternativen des § 8 Abs. 2 MarkenG erfüllt wären, der die absoluten Schutzhindernisse, die einer Markeneintragung entgegenstehen können, enthält. In Betracht kämen hier das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft der Bezeichnung “STFU” nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und ein Freihaltebedürfnis an der Bezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Unterscheidungskraft und Freihaltebedürfnis müssen sich jedoch – und das wird oft übersehen – auf die konkreten Waren und Dienstleistungen beziehen, für die die Bezeichnung als Marke eingetragen oder eben gelöscht werden soll.
Wie dem Markenregister zu entnehmen ist, ist die Bezeichnung “STFU” für Schmuck, Bekleidung sowie Turn- und Sportartikel eingetragen. Selbst wenn man davon ausginge, wie Getdigital dies tut, dass die Bezeichnung “STFU” seit Jahren bekannt ist und als Teil der deutschen Sprache angesehen werden kann, wäre damit in einem Löschungsverfahren noch nichts gewonnen. Denn es liegt auf der Hand, dass die Bezeichnung “STFU” weder für Schmuck, noch für Bekleidung oder für Turn- und Sportartikel beschreibend oder freihaltebedürftig ist.
Ein bekanntes Beispiel für die auf den ersten Blick merkwürdige Konstellation ist die Marke “Apple”. Bekanntlich heißt Apple auf Englisch nichts anderes als Apfel auf Deutsch. Dennoch ist die Marke zu Gunsten des Unternehmens Apple eingetragen und niemand würde auf die Idee kommen, einen Löschungsantrag mit der Begründung zu stellen, dass der Bezeichnung Apple bzw. Apfel keinerlei Unterscheidungskraft bzw. ein Freihaltebedürfnis zukomme. Anders sähe dies freilich dann aus, wenn die Marke zum Beispiel für Obst bzw. Lebensmittel und nicht für Computer und Unterhaltungselektronik eingetragen wäre.
Abgesehen von alledem handelt es sich bei der Marke um eine Wort-/Bildmarke, mit der folgenden Gestaltung
bei der zur Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht nur die Buchstabenfolge allein, sondern auch die konkrete optische Gestaltung einbezogen werden muss. Daher ist “STFU” sicherlich kein tolles, aber ein jedenfalls im hinreichenden Maße unterscheidungskräftiges Zeichen.
Ein Löschungsantrag ist daher so gut wie sicher zum Scheitern verurteilt.
Das sagt aber noch nichts darüber aus, ob die konkrete Abmahnung berechtigt war. Dazu müsste man wissen, wie die Werbung mit der Bezeichnung “STFU” genau ausgesehen hat.
Wir hatten Anfang des Jahres 2010 bereits anlässlich einer Entscheidung des BGH, in der es um den Aufdruck der Bezeichnungen “DDR” und “CCCP” auf Kleidungsstücken ging, hier darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass ein bestimmtes Zeichen für eine bestimmte Klasse als Marke eingetragen wurde, nicht automatisch bedeutet, dass das konkrete Zeichen von niemandem und in keiner Weise mehr genutzt werden dürfte.
Dies gilt nämlich erstens nur im Rahmen des Schutzumfangs der Marke. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einer Markenrechtsverletzung ist darüber hinaus die markenmäßige Benutzung des Zeichens. Ein markenmäßiger Gebrauch setzt voraus, dass das benutzte Zeichen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise im Rahmen des Produktabsatzes auch dazu dient, Waren des einen Herstellers von denen anderer zu unterscheiden. An der markenmäßigen Verwendung fehlt es, wenn der Verkehr in dem Begriff keinen Hinweis auf die Herkunft der anschließend angebotenen Ware sieht. Wenn in einem Presseartikel über eine bestimmte Marke berichtet wird, ist die Verwendung des Zeichnens natürlich zulässig. Aber auch Bezeichnungen auf Produkten müssen nicht immer herkunftshinweisend benutzt werden.
Ob ein Zeichen für eine bestimmte Klasse als schutzfähig angesehen und als Marke eingetragen wird, sagt noch nichts darüber aus, ob daraus auch immer erfolgreich gegen Verwendungen des Zeichens vorgegangen werden kann. Denn ob der Aufdruck “STFU” auf einen T-Shirt als Herkunftshinweis und somit als markenmäßig oder als lustiger “Netjargon” und als Abkürzung für die englischsprachige eindeutige und bestimmte Aufforderung, ruhig zu sein, erkannt wird, kann nicht abstrakt, sondern eben nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden.
Es steht somit zu befürchten, dass es klüger gewesen wäre, sich der Unterlassungsaufforderung nicht zu beugen und die rechtsverletzende Handlung in Frage zu stellen, als sich zu unterwerfen und nun die Marke als solche anzugreifen. Dafür spricht jedenfalls ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts aus dem Jahr 2008.
Das OLG Hamburg (OLG Hamburg, Beschluss v. 07.04.2008, Az 3 W 30/08) hatte darüber zu befinden, ob sich ein Unterlassungsanspruch aus der eingetragenen Wortmarke “Mit Liebe gemacht” gegenüber dem Aufdruck dieses Slogans auf einem Body für Babys ergebe und lehnte einen solchen Anspruch ab. Das OLG führt hierzu aus:
“Der hier zu beurteilende Aufdruck auf einem Body für Babys „Mit Liebe gemacht” gibt dem normal informierten, durchschnittlich verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher keinen Anlass zu der Annahme, es solle ihm mittels des Aufdrucks etwas über die betriebliche Herkunft des Produkts gesagt werden. Denn der aufgedruckte Spruch stellt eine Beziehung zu dem Träger der Textilie her, die wegen der Doppeldeutigkeit des Slogans jedermann sofort auffällt: denn Babies werden im Regelfall sowohl in der gegenständlichen Bedeutung als auch im übertragenen Sinne des Wortes mit Liebe gemacht. Darin erschöpft sich die Bedeutung des Spruches für den Konsumenten auch schon, denn er erkennt, dass der Body nur durch den Aufdruck zu einem eigenartigen Produkt wird, das sich dem Wettbewerb damit nicht im Hinblick auf die stoffliche Qualität und die Güte der Verarbeitung zu profilieren sucht, sondern denjenigen, der sein Baby damit einkleidet oder den Schenker des Produkts als witzigen Zeitgenossen ausweisen soll. Der Spruch kennzeichnet also nicht die Herkunft, sondern vielmehr die Eigenart des Produkts als solches. Es ist aber nicht Gegenstand der markengesetzlichen Regelungen, Produktschutz zu gewähren.”
Der Schutzumfang von Marken kann – insbesondere bei Wort/Bildmarken – so gering sein, dass eine Verletzung der Marke zwar theoretisch möglich, in der Praxis jedoch fast undenkbar ist. Dass manche Marke somit nahezu wertlos ist, bedeutet freilich nicht, dass sich damit nicht beim ein oder anderen unliebsamen Konkurrenten Eindruck schinden ließe. Eine solche Eintragung kann zu Abschreckungszwecken durchaus ratsam sein. Erreicht man sogar, dass der Konkurrent – wie hier – nach einer Abmahnung eine Unterlassungserklärung abgibt, hat man sein Ziel erreicht. Diese gilt nämlich zwischen den Parteien unabhängig von einem gesetzlichen Anspruch. (la)