BGH zur Auslegung einer ausschließlichen Patentlizenz

Auslegung Patentlizenz

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Wird dem Lizenznehmer in einem Patentlizenzvertrag das Recht eingeräumt, Rechte aus einer Verletzung des Schutzrechts in eigener Verantwortung zu verfolgen und übt der Lizenznehmer im Anschluss an den Vertragsschluss die mit einer ausschließlichen Lizenz verbundenen Rechte aus, ist die Vereinbarung regelmäßig als Einräumung einer ausschließlichen Lizenz auszulegen. 

Produktion von L-Aminosäuren 

Die Klägerinnen nehmen die Beklagte wegen Verletzung des mit Wirkung für Deutschland erteilten Klagepatents in Anspruch, dessen Inhaberin die Klägerin zu 1) ist. Es betrifft ein Verfahren zur Produktion von L-Aminosäuren unter Verwendung gentechnisch veränderter Bakterien. Die Klägerin ist in Japan ansässig und alleinige Anteilseignerin der ebenfalls dort ansässigen A. Inc. (A). Diese hält alle Anteile an der in F. ansässigen Klägerin zu 2). 

Im November 2011 schloss die Klägerin zu 1) mit der A einen Lizenzvertrag und die A mit der Klägerin zu 2) einen Unterlizenzvertrag über eine Vielzahl von Schutzrechten in unterschiedlichen Staaten. In der Liste der betroffenen Schutzrechte ist unter der Rubrik „Deutschland“ das deutsche Aktenzeichen des Klagepatents aufgeführt. Mit Ergänzungsverträgen aus dem Jahr 2017 vereinbarten die Vertragsparteien zum Zwecke der Klarstellung der Vereinbarungen aus dem Jahr 2011, dass rückwirkend eine exklusive Lizenz beziehungsweise Unterlizenz für den deutschen Teil des Klagepatents erteilt wird und dass der jeweilige Lizenzvertrag deutschem Recht unterliegt. 

Die Beklagte unterhält die deutsche Vertriebsniederlassung. Sie veräußerte 1.000 kg L-Tryptophan (angegriffene Ausführungsform) an eine Abnehmerin und lieferte die Ware zu ihr. Das Landgericht hat die angegriffene Ausführungsform als unmittelbares Erzeugnis eines Verfahrens nach Patentanspruch 5 – welcher die Herstellung von L-Tryptophan mit einem modifizierten Bakterium der Art Escherichia coli  betrifft –  beurteilt und hat daher die Beklagte antragsgemäß zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf verurteilt. Weiter stellte das Gericht fest, dass sie zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet sei. Daraufhin legte die Beklagte Berufung ein. Allerdings ohne Erfolg. Denn das Oberlandesgericht wies die Berufung mit der Maßgabe zurück, dass sich die Rückrufpflicht auf Produkte beschränke, deren Mindesthaltbarkeitsdatum zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch nicht abgelaufen war. 

Objektive Patentverletzung liegt vor 

Die hiergegen gerichtete Revision blieb vor dem Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 22.2.2022, Az. X ZR 102/19) auch ohne Erfolg. Zu Recht habe das Berufungsgericht eine objektive Patentverletzung bejaht, so die Richter in Karlsruhe.  

Die Frage, ob ein Patentlizenzvertrag dem Begünstigten die Stellung eines ausschließlichen Lizenznehmers einräume, sei – wie bereits von dem Berufungsgericht angenommen – nach dem Recht des Staates zu beurteilen, für den der Patentschutz geltend gemacht wird. Bedenken hatte der BGH allerdings bei der Annahme des Berufungsgerichts, dass eine ausschließliche Patentlizenz mit Wirkung gegenüber Dritten unter bestimmten Umständen auch rückwirkend erteilt werden könne. Die rückwirkende Vereinbarung einer ausschließlichen Patentlizenz mit Wirkung gegenüber Dritten sei außerhalb von gesetzlich vorgesehenen Rückwirkungstatbeständen grundsätzlich ausgeschlossen, als sie dazu führe, dass zugunsten einer Vertragspartei aufgrund von bereits abgeschlossenen Verletzungshandlungen nachträglich Ansprüche gegenüber Dritten entstehen. Denn ob und gegenüber welchen Personen ein Dritter aufgrund einer Patentverletzung verantwortlich sei, müsse bereits im Zeitpunkt der Verletzungshandlung feststehen, so die Richter. Jedoch könne eine wegen fehlender Vertretungsmacht unwirksame Vereinbarung über die Einräumung einer ausschließlichen Patentlizenz gem. § 177 Abs. 1 und § 184 Abs. 1 BGB mit rückwirkender Kraft genehmigt werden. 

Für den Fall, dass dem Lizenznehmer in einem Patentlizenzvertrag das Recht eingeräumt wird, Rechte aus einer Verletzung des Schutzrechts in eigener Verantwortung zu verfolgen, sei die Vereinbarung regelmäßig als Einräumung einer ausschließlichen Lizenz auszulegen. So auch dann, wenn der Lizenznehmer im Anschluss an den Vertragsschluss die mit einer ausschließlichen Lizenz verbundenen Rechte ausübe. 

Auslegung der getroffenen Vereinbarung 

Weiter führen die Richter in Karlsruhe aus, eigene Ansprüche der Klägerin zu 2) könne man vor diesem Hintergrund für den Zeitraum vor dem Abschluss der Verträge aus dem Jahr 2017 nicht schon darauf stützen, dass die Klägerin bereits zuvor die tatsächliche Stellung einer ausschließlichen Lizenznehmerin hatte. 

Im Ergebnis sei die angefochtene Entscheidung jedoch zutreffend, denn die im Jahr 2011 getroffenen Vereinbarungen nach dem maßgeblichen deutschen Recht seien als Einräumung einer ausschließlichen Lizenz am Klagepatent auszulegen. Weiter seien eventuelle Vertretungsmängel durch die darauffolgenden Vereinbarungen im Jahr 2017 nach § 177 Abs. 1 und § 184 Abs. 1 BGB rückwirkend geheilt worden. 

Wirkungen der Vereinbarung

Der BGH stellt somit allgemein fest, dass die Frage, ob ein Patentlizenzvertrag dem Begünstigten die Stellung eines ausschließlichen Lizenznehmers einräumt, nach dem Recht des Staates zu beurteilen sei, für den der Patentschutz geltend gemacht wird.

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