In letzter Zeit häufen sich bei uns Fälle, in denen Anwälte versuchen, Anleger verschiedener Finanzprodukte in Angst und Schrecken zu versetzen und sie so zu Lasten der Anbieter in ein Beratungsmandat zu treiben. Dass man gegen solche Machenschaften erfolgreich vorgehen kann, darüber haben wir zuletzt hier berichtet.
Anlegerschutz ist gut, besonders für den Anwalt
Kapitalanlagerecht ist für geschäftstüchtige Anwälte ein lukratives Feld. Aufgrund der oft hohen Investitionssummen existieren dementsprechend zahlreiche potentielle Mandanten, deren “Betreuung” aufgrund der Vergleichbarkeit der Fälle keine individuell abgestimmte anwaltliche Arbeit im Einzelfall erfordert, sondern oft mithilfe von vorgefertigten Schreiben und Klageschriften “geleistet” werden kann. Hinzukommt, dass viele Anleger eine Rechtsschutzversicherung haben, die die Kosten der Beratung – unabhängig von deren Erfolg – übernimmt. Der Anwalt hat somit ein gesteigertes Interesse daran, in Bezug auf einen (vermeintlichen) Schadensfall möglichst viele Mandate abzuschließen, die seinen Umsatz erhöhen, ohne dass gleichzeitig nennenswerte Mehrarbeit entsteht.
Dass dieses Szenario nicht bloß ein theoretisches ist, sondern auch eifrig und umfangreich in die Tat umgesetzt wird, zeigt ein aktueller Bericht in der Printausgabe der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 21.7.2014. Wie das Versicherungsjournal online berichtet, thematisiert die FAZ in ihrem Artikel einen Fall, in dem eine „Anlegerschutzkanzlei“ sage und schreibe 3.500 fast gleichlautende Klageschriften bestehend aus Textbausteinen wegen angeblicher Falschberatung beim Kauf einer der diversen ‚Dreiländerfonds‘ eingereicht hatte.
Mit 3.500 Klagen 6,6 Millionen Euro Umsatz
Die FAZ vermutet, dass die Klagen ausschließlich aus Eigeninteresse der Anwaltskanzlei erhoben wurden. Dies schließt sie nicht nur daraus, dass die Klagen allesamt sowohl unzulässig wie auch unbegründet waren, sondern dass auch verschiedene Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof dieselben Argumente der Anwaltskanzlei längst verworfen hatten. Auch mangele es an der handwerklichen Qualität der Schriftsätze, die nicht einmal den Mindestanforderungen an einen schlüssigen Vortrag genügten. Zudem seien fälschlicherweise Feststellungs- statt Leistungsklagen erhoben worden. Außerdem habe man aus einem Fall gleich zwei Klagen gemacht. Den Gründungsgesellschafter (Herrn Maschmeyer) habe man stets separat verklagt. Eine Falschberatung sei trotz zahlreicher Vorwürfe nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Selbst wenn jemals Ansprüche gegen den Anbieter bestanden haben sollten, wären diese längst verjährt.
Dennoch habe die Kanzlei weiter prozessiert und mit 3.500 nahezu identischen Klageschriften rund 6,6 Millionen Euro verdient, zitiert die FAZ das Gericht. (la)
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