Am 18. Juli 2019 wird der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in dem angesetzten Verhandlungstermin darüber zu entscheiden haben, ob der Deutsche Wetterdienst eine werbefreie und kostenlose App mit diversen Informationen zum Wetter anbieten darf, ohne dabei gegen das Wettbewerbsrecht zu verstoßen.
Wie die Entscheidung ausfallen wird, ist offen.
Seit Juni 2015 stellt der DWD eine App für mobile Endgeräte zur Verfügung, die neben Unwetterwarnungen auch alltägliche Informationen zum Wetter gibt. In der Version vom 18. Dezember 2017 bot der DWD die Nutzung der „WarnWetter-App“ kostenlos an – zum Ärger von Mitstreitern, die ihre Apps nur mit Werbung oder Gebühren anbieten konnten.
Unterschiedliche Gerichtsurteile nach Klage eines Mitstreiters
Das Bonner Unternehmen WetterOnline kritisierte die App ebenfalls, da es als kostenloses Konkurrenzangebot den Wettbewerb durch den steuerfinanzierten Dienst verzerre, und reichte Klage auf Unterlassung ein.
Das Landgericht Bonn erließ daraufhin im November 2017 einen Unterlassungstitel und entschied, dass die meisten Leistungen der Wetter-App des Deutschen Wetterdienstes nicht mehr kostenlos angeboten werden dürften (LG Bonn, Urteil v. 15.11.201, Az. 16 O 21/16). Es begründete die Entscheidung unter anderem mit § 6 Abs. 2 S.1 DWDG. Dieser legt fest, dass der Deutsche Wetterdienst eine Vergütung für seine Dienstleistungen verlangen muss. Das Landgericht sah diese Regelung als Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) und nahm durch das kostenlose Angebot der App einen Verstoß hiergegen und damit auch gegen das Wettbewerbsrecht an.
Nach der Berufung zum Oberlandesgericht Köln, hoben die Richter den Unterlassungstitel auf und wiesen die Klage von WetterOnline damit teilweise ab, nämlich soweit sie auf das Wettbewerbsrecht gestützt wurde (OLG Köln, Urteil v. 13.7.2018, Az. 6 U 180/17). Um gegen das Wettbewerbsrecht zu verstoßen, bedürfe es einer sogenannten „geschäftlichen Handlung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Wie wir bereits berichteten, stellte das Angebot der WarnWetter-App aus Sicht der Richter des OLG Köln keine solche „geschäftliche Handlung“ dar.
„Geschäftliche Handlung“ – Welche Argumentationslinie wird der BGH vorziehen?
Zum einen ist die Annahme, dass § 6 Abs. 2 S.1 DWDG eine Vorschrift im Sinne des § 3a UWG, also eine Marktverhaltensregelung darstellt nicht abzustreiten. Denn mit ihr können ungleiche finanzielle Machtverhältnisse der staatlichen Stellen zu privaten Marktteilnehmern vermieden werden. Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 3a UWG vorliegen, bedarf es für die Anwendung desselben jedoch einer „geschäftlichen Handlung“.
Bei der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kommt es aufgrund der Meinungsverschiedenheiten der Gerichte in diesem Punkt auf die Frage an, ob mit der kostenlosen Bereitstellung der App eine solche vorliegt, oder ob dies – wie von den Richtern des OLG Köln – verneint werden muss.
Handeln zugunsten des eigenen Unternehmens als Voraussetzung
Dröselt man die Definition aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG einer „geschäftlichen Handlung“ auseinander, wird unter anderem folgende Voraussetzung erkennbar: Das Handeln zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens.
Wie auch im Berufungsurteil herausgestellt, werden im § 4 DWDG verschiedene Aufgabe des Wetterdienstes festgelegt, die der DWD durch die Bereitstellung der App auch erfüllt. Die Richter des OLG Köln waren der Meinung: Aufgrund der Tätigkeit in dem ihr durch § 4 DWDG zugewiesenen Aufgabenbereich, habe der staatliche Dienstleister nicht mit dem Ziel gehandelt, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern.
Hiergegen könnte jedoch argumentiert werden, dass lediglich die Erfüllung der ihr aufgetragenen Aufgaben nicht ausschließt, dass die DWD gleichzeitig den Wettbewerb ihres Unternehmens fördert. Unabhängig von der Schlussfolgerung des Landgerichts Bonn, dem DWD komme es gerade darauf an, möglichst viele Nutzer für die App zu gewinnen, kann angemerkt werden: Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG setzt kein gewolltes oder zielgerichtetes Verhalten zum Vorteil des eigenen (oder fremden) Wettbewerbs voraus. Er würde es somit genügen lassen, dass das Marktgeschehen rein faktisch beeinflusst wird. Dies ist zu bejahen, da dem LG bei der Annahme zuzustimmen ist, der DWD steigere durch das kostenlose Angebot seine Bekanntheit und Ansehen auf dem Markt der Wetterdienstleister und damit seine Marktmacht.
Der BGH könnte jedoch ebenso an seiner vom OLG genannten Rechtsprechung festhalten. Hiernach kommt es auf die Frage, ob zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens gehandelt worden ist, gar nicht an, wenn bereits die Erfüllung einer gesetzlich normierten Aufgabe vorliegt. Wie oben beschrieben, wäre diese Voraussetzung gegeben und eine „geschäftliche Handlung“ läge nicht vor.
BGH-Urteil zunächst nur von allgemeinem Interesse
Die Entscheidung des BGH (BGH, Az. I ZR 126/18) wird jedoch erstmal nur von allgemeinem Interesse sein. Zum einen stellte der DWD seit dem 19. Dezember 2017 die Basisversion der Warnwetter-App um und bietet nur noch Warnungen vor Hochwasser, Sturmfluten und Lawinen. Weitere Daten gibt es aufgrund des Gerichtsurteils vom Landgericht Bonn nur noch in der kostenpflichtigen Vollversion.
Zum anderen könnte der Wetterdienstleister ebenso bezüglich des hilfsweise geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuwarten haben. Denn der Rechtsstreit sei nach einer rechtskräftigen Entscheidung im Übrigen an das Verwaltungsgericht zu verweisen, so das Oberlandesgericht.